Entscheidungsstichwort (Thema)
Geldwerter Vorteil aus der verbilligten Überlassung einer Dienstwohnung
Leitsatz (redaktionell)
Bei einer im Einfamilienhaus befindlichen ländlichen Polizeistation kommt ein Abschlag von 30 % von der ortsüblichen Vergleichsmiete wegen der Beeinträchtigung des Wohnwertes durch den Dienstbetrieb in Betracht.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1, § 8 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob - und ggf. in welcher Höhe - die Kläger (Kl.) einen geldwerten Vorteil aus der verbilligten Überlassung einer Dienstwohnung zu versteuern haben.
Der Kl. ist Polizeibeamter. Er bewohnt mit seiner Familie eine Landesdienstwohnung (Einfamilienhaus), in der sich auch die Polizeistation befindet. Den etwa 12 qm großen Dienstraum erreicht man durch die Haustüre und den auch privat genutzten Flur. Wegen der räumlichen Verhältnisse im Einzelnen wird auf das Mietwertgutachten nebst Anlagen Bezug genommen. Der Kl. versieht seinen Dienst nach eigenen Angaben überwiegend in dem Dienstzimmer. Er führt dort insbesondere Vernehmungen durch. Wegen des Umfangs und der weiteren Beeinträchtigung der Wohnsituation durch den Dienstbetrieb wird auf den Schriftsatz des Kl. vom 26. April 2001 verwiesen. Die auch privat genutzte Toilette muss zur Verfügung gestellt werden.
Das Finanzamt bewertete aufgrund einer 1992 beim Landesbesoldungsamt durchgeführten Lohnsteuer-Prüfung den örtlichen Mietwert höher als die wohnungsverwaltende Dienststelle der Polizei und ermittelte einen zu versteuernden geldwerten Vorteil. Für die Jahre 1990 bis 1993 übernahm das in Haftung genommene Land die Nachzahlung unter Verzicht auf Erstattung durch die Bediensteten. Danach (seit 1994) nahm das beklagte Finanzamt (FA) die Kl. in Anspruch. Für die Jahre 1994, 1995 und 1996 ergingen geänderte ESt-Bescheide (Bescheide vom 2. September 1997); seit 1997 unterlag der nach den Feststellungen des Finanzamts berechnete geldwerte Vorteil dem Lohnsteuerabzug. Wegen der Berechnung wird auf die bei den beigezogenen ESt-Akten befindlichen Aufstellungen Bezug genommen. Gegen die geänderten ESt-Bescheide für 1994, 1995 und 1996 sowie gegen die ESt-Bescheide für 1997 (vom Juli 1998) und für 1998 (vom 1. Juli 1999) legten die Kl. Einsprüche ein, die das FA als unbegründet zurückwies (Einspruchsentscheidung vom 26. August 1999).
Mit der am 20. September 1999 erhobenen Klage rügen die Kl. den Ansatz eines geldwerten Vorteils. Der Mietwert der Dienstwohnung sei unzutreffend bestimmt.
Der Berichterstatter des Senats hat am 21. November 2000 mit den Beteiligten einen Erörterungstermin abgehalten und den Kl. persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Der Senat hat gemäß Beschluss vom 23. November 2000 Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 18. Januar 2001 Bezug genommen. Auf Anregung des FA ist ein Ergänzungsgutachten darüber eingeholt worden, welche ortsübliche Vergleichsmiete sich ergibt, wenn in die Berechnung nur die privat genutzte Wohnfläche (ohne Dienstzimmer) einbezogen wird. Auf das Ergänzungsgutachten vom 25. Juni 2001 wird ebenfalls Bezug genommen.
Die Kl. beantragen,
die geänderten ESt-Bescheide für 1994, 1995 und 1996, jeweils vom 2. September 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. August 1999 aufzuheben sowie die ESt-Bescheide für 1997 vom 7. Juli 1998 und für 1998 vom 1. Juli 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. August 1999 dahin abzuändern, dass ein geldwerter Vorteil für die Überlassung der Dienstwohnung nicht anzusetzen ist.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet. Das FA hat den geldwerten Vorteil aus der verbilligten Überlassung der Dienstwohnung zu hoch angesetzt.
Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören neben den Gehältern und Löhnen auch „andere Bezüge und Vorteile“ aus einem Dienstverhältnis (§§ 19 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 Einkommensteuergesetz - EStG -). Überlässt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer verbilligt eine Wohnung, so liegt darin ein geldwerter Vorteil, der dem Arbeitnehmer im Rahmen seines Dienstverhältnisses zufließt. Einnahmen dieser Art sind als Sachbezug gemäß § 8 Abs. 2 EStG mit dem Unterschiedsbetrag zwischen dem üblichen Mittelpreis des Verbrauchsorts und dem dem Arbeitnehmer in Rechnung gestellten Betrag anzusetzen. Üblicher Mittelpreis des Verbrauchsorts ist bei einer zur Nutzung überlassenen Wohnung die ortsübliche Miete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung. Diese ist im Wege der Schätzung zu ermitteln. Dabei besteht für Zwecke der Besteuerung keine Bindung an die von kommunalen Stellen für Besoldungszwecke ermittelten örtlichen Mietwerte (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15. Dezember 1978 VI R 36/77, BFHE 127, 26, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1979, 629 und vom 25. Oktober 1985 VI R 130/82, BFHE 144, 569, BStBl II 1986, 98).
Der Senat folgt hinsichtlich...