Entscheidungsstichwort (Thema)
Klage auf Erteilung einer abgeänderten Bescheinigung gem. § 39c Abs. 4 EStG als verwaltungsaktbezogene Gestaltungs- oder Leistungsklage
Leitsatz (redaktionell)
Ist das Rechtsschutzbegehren des Klägers auf Erlass eines abgeänderten Verwaltungsakts dergestalt gerichtet, dass ihm für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs ohne Lohnsteuerkarte gem. § 39c Abs. 4 EStG die Lohnsteuerklasse III/I anstelle der Lohnsteuerklasse I bescheinigt und ihm weiterhin ein zusätzlicher Freibetrag für geleistetes Schulgeld gewährt wird, so begehrt der Kläger den Erlass eines abgeänderten Verwaltungsaktes.
Die gerichtliche Durchsetzung derartigen Begehrs ohne Durchführung eines Vorverfahrens ist unzulässig.
Normenkette
FGO § 44; EStG § 39 Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger (Kl.) wendet sich mit seiner Klage im wesentlichen gegen die Auffassung des Finanzamts (FA), daß aufgrund einer Gesetzesänderung der Lohnsteuerabzug nach der Steuerklasse I/O erfolge und daß die Tochter des Kl. steuerlich nicht mehr berücksichtigt werden könne.
Der Kl. hat seinen Wohnsitz im außereuropäischen Ausland. Er ist in zweiter Ehe mit einer Person aus dem Wohnsitzstaat verheiratet. Zur Familie gehört eine 1983 geborenen Tochter A. Der Kl. erhält aus seiner früheren Tätigkeit Versorgungsbezüge.
In der Vergangenheit wurde der Kl. in die Steuerklasse III/I eingestuft. Außerdem erhielt er für seine Tochter Kindergeld und bei den Versorgungsbezügen den erhöhten Ortszuschlag (Kinderzulage). Seitdem 1. Juli 1998 erhält der Kl. u. a. kein Kindergeld. Es besteht außerdem kein Anspruch auf den kinderbezogenen Ortszuschlag und auf Beihilfe, weil nach Ansicht der Zahlstelle bei Kindern das Ortszuschlagsrecht und die Beihilfevorschriften an das Kindergeldrecht anknüpfen.
Der Kl. hat sich an das beklagte FA und andere Behörden (Ministerium für Energie und Finanzen, Petitionsausschuß des Landtages u. a.) gewandt und begehrt die Gewährung des Splittingtarifs und die Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages im Rahmen des Lohnsteuerabzugs. Nach Aktenlage wurden die Anträge des Kl. wie folgt bearbeitet:
Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung 1996 für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer vom 25. Oktober 1995, Bescheinigung am 27. November 1995 erteilt (Steuerklasse I; s. im einzelnen Bl. 1, 2 Rückseite der Einkommensteuer(ESt)-Vorgänge).
Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung über unbeschränkte ESt-Pflicht, Anwendung der Splittingtabelle und Gewährung eines Kinderfreibetrages (s. dazu Schriftwechsel mit Eingaben an die Ministerpräsidentin des Landes Schleswig-Holstein, Antwortschreiben des Ministers für Finanzen und Energie).
Bescheid über die Ausstellung einer Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 1996 bei erweitertert beschränkter Steuerpflicht vom 25. April 1996 mit der Maßgabe, daß eine geänderte Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug erteilt und daß die Bescheinigung gemäß § 39c Einkommensteuergesetz (EStG) bei unbeschränkter Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 3 EStG über Steuerklasse I/00 vom 1. Januar bis 31. Dezember 1996 dem Land übersandt worden sei.
Einspruch vom 7. Juni 1996 und Antrag auf Einstufung in die Steuerklasse III/I; zur Begründung wurde auf ein Schreiben des Ministers der Finanzen und Energie des Landes Schleswig-Holstein vom 6. Februar 1996 verwiesen. Darin ist die seit 1996 geltende Rechtslage dargestellt. Stellungnahme des beklagten FA vom 25. Juni 1996 zum Einspruch des Kl.
Einspruchsentscheidung vom 1. November 1996: Verwerfung des Einspruchs als unzulässig. Nach Aktenlage ist die Einspruchsentscheidung bestandskräftig geworden.
Eingang des Antrags auf Erteilung einer Bescheinigung für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer für das Kalenderjahr 1997 vom 16. Dezember 1996. Erteilung der Bescheinigung am 13. Januar 1997 (Steuerklasse I).
Abgabe der ESt-Erklärung 1996, Antrag auf Lohnsteuer(LSt)-Ermäßigung für 1997 und Antrag auf Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtiger Arbeitnehmer gemäß § 1 Abs. 3, § 1a EStG vom 12. Mai 1997.
Bescheid vom 29. Mai 1997 über die Ausstellung einer Bescheinigung für den LSt-Abzug 1997 bei erweitert unbeschränkter ESt-Pflicht mit dem Hinweis, daß eine Bescheinigung gemäß § 39c EStG mit Steuerklasse I ausgestellt und an das Land weitergeleitet worden sei, daß der Freibetrag für den Unterhalt an die geschiedene Ehefrau 8.000 DM betrage, daß das für die Tochter gezahlte Schulgeld nicht als Sonderausgabe gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG berücksichtigt werden könne, weil es sich nicht um eine Schule gemäß Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) handele.
Dagegen Einspruch vom 24. Juni 1997 mit der Maßgabe, die Steuerklasse III zu bescheinigen und das Schulgeld zu berücksichtigen. Stellungnahme des FA zum Einspruchsschreiben vom 29. Juli 1997.
Rücknahme des Einspruchs vom 24. Juni 1997 gegen den Bescheid über die Ausstellung einer Bescheinigung gemäß § 39c EStG vom 9. Januar 1998.
Bearbeitung der ESt-Erklärung 1996. ESt-Bes...