Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuordnung der Anschaffungskosten beim Halten von mehreren Anteilen an einer Kapitalgesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
Hält (oder hielt) der Steuerpflichtige mehrere Anteile an einer Kapitalgesellschaft und ist ein Auflösungsverlust nur zu berücksichtigen, soweit er auf einen bestimmten Anteil entfällt, so ist es für die Ermittlung des Auflösungsverlustes erforderlich, die Anschaffungskosten der Beteiligung den einzelnen Anteilen zuzuordnen. Das gilt auch für nachträgliche Anschaffungskosten.
Führen Bürgschaftsaufwendungen zu nachträglichen Anschaffungskosten, weil die Bürgschaft Eigenkapital ersetzend war, so sind die nachträglichen Anschaffungskosten denjenigen Anteilen zuzuordnen, die der Steuerpflichtige in dem Zeitpunkt hielt, in dem die Bürgschaft Eigenkapital ersetzend geworden ist.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 2 S. 4 Buchst. b S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob im Jahr 1997 ein Auflösungsverlust nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) eingetreten ist, der im Wege des Verlustrücktrages gemäß §10 d EStG im Veranlagungszeitraum 1995 zu berücksichtigen ist.
Die Kläger und seine inzwischen verstorbene Ehefrau wurden im Streitjahr 1995 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus nichtselbstständiger Arbeit. Im April 1994 gründete die .... GmbH - (A GmbH) die .... GmbH (B GmbH) mit einem Stammkapital i. H. v. 100.000 DM. Im Juni 1994 erwarb der Kläger von der A GmbH einen Teilgeschäftsanteil an der B GmbH über 20.000 DM. Der Entwurf des Jahresabschlusses der B GmbH zum 31. März 1995 wies einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag i. H. v. 912.703,67 DM aus. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 16. Oktober 1995 erwarb der Kläger von der A GmbH einen weiteren Anteil an der B GmbH über 29.000 DM zu einem Kaufpreis von 30.000 DM. Der Kaufpreis war gemäß § 3 des Vertrages zum 30. November 1995 zur direkten Zahlung an die A GmbH fällig. Der Kläger war im Zeitpunkt des Vertragsschlusses Geschäftsführer der B GmbH und der A GmbH. In seiner Funktion als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der B GmbH beantragte er mit Datum vom 23. August 1996 die Eröffnung des Konkursverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit. Diesen Antrag und den Antrag einer Gläubigerin der GmbH wies das Amtsgericht mit Beschluss von Januar 1997 mangels Masse ab. Die A GmbH wurde im August 1998, die B GmbH im August 2002 im Handelsregister gelöscht.
Die Bank hatte der B GmbH seit 1994 diverse Kredite eingeräumt, die zum Teil durch von dem Kläger übernommene Höchstbetragsbürgschaften abgesichert wurden.
Die Bank nahm den Kläger aus den übernommenen Bürgschaften in Anspruch, bis August 1998 erfolgten auf die Bürgschaftsverpflichtung Leistungen i. H. v. 566.526,29 DM. Im August 1998 bestand eine private Verbindlichkeit des Klägers gegenüber der Bank i. H. v. 44.541,67 DM, diese resultierte nach Angaben der Kläger aus der Refinanzierung der Anteilskäufe.
Mit ihrer Einkommensteuererklärung 1996 beantragten die Kläger, den Verlust aus der Auflösung der B GmbH i. H. v. 830.000 DM (30.000 DM Kaufpreis für den 1995 erworbenen Teilgeschäftsanteil sowie 800.000 DM nachträgliche Anschaffungskosten wegen Inanspruchnahme aus den Höchstbetragsbürgschaften) gemäß § 17 EStG zu berücksichtigen. Ferner beantragten sie, einen Verlustrücktrag in das Jahr 1995 vorzunehmen.
Das beklagte Finanzamt berücksichtigte den geltend gemachten Auflösungsverlust nicht und setzte die Einkommensteuer 1995 mit (geändertem) Bescheid vom 18. August 1999 ausgehend von einem Gesamtbetrag der Einkünfte i. H. v. ... DM und einem zu versteuernden Einkommen i. H. v. ... DM entsprechend fest. Für 1996 ging das beklagte Finanzamt von einem Gesamtbetrag der Einkünfte i. H. v. ... DM, für 1997 i. H. v. ... DM aus und setzte die Einkommensteuer jeweils auf 0,00 DM fest (Bescheide vom 18. August 1999 und vom 26. November 1999). Den gegen den Einkommensteuerbescheid 1995 erhobenen Einspruch wies das beklagte Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 6. September 2001 als unbegründet zurück. Es seien weder Zahlungsnachweise über die geleisteten Einlagen noch Unterlagen vorgelegt worden, aus denen sich ergebe, dass die Bürgschaften kapitalersetzenden Charakter gehabt hätten.
Am 09. Oktober 2001 haben die Kläger Klage erhoben. Mit Verfügung des Berichterstatters vom 11. November 2002 sind die Kläger mit Fristsetzung gemäß § 79 b Finanzgerichtsordnung (FGO) u. a. aufgefordert worden, einen Nachweis über die Zahlung des in dem Vertrag vom 16. Oktober 1995 vereinbarten Anteilskaufpreises vorzulegen sowie Angaben dazu zu machen, wann die „Krise“ der B GmbH eingetreten sei. Wegen des weiteren Inhalts der Verfügung wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
Die Kläger machen geltend, dass ihnen die Unterlagen zur B GmbH nur noch unvollständig vorlägen. Die Bürgschaften des Klägers hätt...