Revision eingelegt (BFH I R 43/21)
Entscheidungsstichwort (Thema)
An örtlichen Stromversorger lieferndes Blockheizkraftwerk als notwendiges Betriebsvermögen eines Freibad-BgA. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: V R 43/21)
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Strom an einen örtlichen Stromversorger lieferndes Blockheizkraftwerk (BHKW), mit dem aus der Stromlieferung und aus der Wärmelieferung an Drittkunden erhebliche Erlöse erzielt werden, stellt auch dann kein notwendiges Betriebsvermögen eines Freibad-BgA dar, wenn es auf dem Gelände des Freibades liegt, den bisherigen Heizkessel des Freibades ersetzt, auf die Wärmebedürfnisse des Freibades ausgerichtet ist und in der Saisonzeit überwiegend das Freibad mit Wärme versorgt. Vielmehr liegt in diesem Fall durch den Betrieb des BHKW ein eigenständiger (Versorgungs-) BgA vor, dem das BHKW als notwendiges Betriebsvermögen zuzuordnen ist.
2. Für eine Zusammenfassung eines BgA mit einem anderen zusammengefassten BgA reicht es aus, wenn die Zusammenfassungsvoraussetzungen nur zwischen diesem BgA und einem der BgA des zusammengefassten BgA vorliegen (sog. Mitschlepptheorie). Bei einer Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 Nr. 2 KStG muss die Voraussetzung "von einigem Gewicht" in diesem Fall im Verhältnis zum zusammengefassten BgA vorliegen.
3. Zwischen einem zusammengefassten Versorgungs-BgA "Betrieb von BHKW/ Wasserversorgung" und einem Freibad-BgA kann eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht im Sinne des § 4 Abs. 6 Nr. 2 KStG vorliegen, wenn das auf dem Gelände des Freibades liegende und mit einer Leitung direkt mit dem Wasserbecken verbundene BHKW hinsichtlich seiner Wärmeerzeugungskapazität auf die Bedürfnisse des Freibades ausgerichtet wurde, in der Saisonzeit den Wärmebedarf des Freibades zu 100% abdeckt und durch die kontinuierlich gewährleistete Wärmeabnahme durch das Freibad in den Sommermonaten das BHKW wirtschaftlicher betrieben werden kann. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei dem Versorgungs-BgA "BHKW" nicht um ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne des § 3 Nr. 22 EEG handelt, das überwiegend Letztverbraucher versorgt.
4. Zum Anwendungsbereich des BMF-Schreibens vom 11. Mai 2016 über die "Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art mittels eines Blockheizkraftwerks" (BStBl I 2016, 479).
5. Steht fest, dass ein BHKW für die Versorgung des Freibades mit Wärme nicht überdimensioniert ist, so steht der Annahme einer engen wirtschaftlich-technischen Verflechtung von einigem Gewicht zwischen BHKW- BgA und Freibad BgA nicht entgegen, dass vor allem außerhalb der Freibadsaison auch Drittkunden von dem BHKW mit (Fern-)wärme beliefert werden.
Normenkette
KStG § 4 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 6 Nrn. 1-3; EEG § 3 Nr. 22
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob in den Streitjahren (2009-2014) die Verluste aus dem Betrieb eines Freibades im Rahmen der Gewinnermittlung für den Betrieb gewerblicher Art (BgA) der Klägerin "Versorgung" Berücksichtigung finden können.
Die Klägerin ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) der Gemeinde A, die am 1. Juli 2006 gegründet wurde. Zum 1. Januar 2007 wurden folgende Betriebe von der Gemeinde der Klägerin zugeführt:
- Wasserversorgung
- Freibad
- Bauhof
- Abwasserentsorgung.
Das nur in der Saison von ca. Anfang Mai bis Mitte September betriebene Freibad wurde in den Jahren vor Gründung der Klägerin mit einer Kesselanlage mit einer thermischen Leistung von 450 KW beheizt. Von einer Erneuerung und Erweiterung der alten Kesselanlage nahm die Gemeinde jedoch Abstand und entschied sich für den Bau eines Blockheizkraftwerks (BHKW I) auf dem Gelände des Schwimmbads. Dieses wurde am xx.xx. 2007 in Betrieb genommen.
Das Blockheizkraftwerk wird mit Biogas betrieben. Die Biogasanlage befindet sich an einem anderen Ort auf gemeindlichem Gebiet. Durch eine Leitung ist sie mit dem BHKW im Freibad verbunden. Die für die Biogaserzeugung wiederum erforderliche Wärme wird durch ein zweites, kleineres BHKW (BHKW II) an der Biogasanlage produziert. Der in beiden BHKW erzeugte Strom wird an die Stadtwerke C als Stromversorger verkauft, die gesondert das Freibad bzw. auch das BHKW mit Strom beliefern. Die thermische Leistung des BHKW im Schwimmbad beträgt 542 KW; die elektrische Leistung beträgt 537 KW.
In etwa zeitgleich mit der Planung des BHKW wurde durch die Gemeinde in unmittelbarer Nähe zu dem Freibad ein Bebauungsplangebiet ausgewiesen und erschlossen. Es war geplant, dass dieses Gebiet auch mit Fernwärme aus den BHKW im Schwimmbad beliefert wird. Für die Belieferung mit Fernwärme bestand in dem Bebauungsplangebiet ein so genannter Anschlusszwang. Das B-Plan Gebiet hat einen maximalen Wärmebedarf von 1.500 MWh.
Während in den Streitjahren in der Saison von April (mit einer ca. zweiwöchigen Aufheizphase vor Eröffnung) bis August eine Wärmelieferung überwiegend an das Freibad erfolgte...