Entscheidungsstichwort (Thema)
Personelle Zuordnung von Vorauszahlungen zur Einkommensteuer
Leitsatz (redaktionell)
Werden Einkommensteuer-Vorauszahlungen für zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute geleistet, ist mangels erkennbarer anderweitiger Absichtsbekundung davon auszugehen, dass für Rechnung beider Ehegatten gezahlt wird. Dies gilt auch im Falle einer dem FA bekannten Insolvenz des Ehepartners.
Normenkette
AO § 37 Abs. 2, § 44 Abs. 1; EStG §§ 26, 26b
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die personelle Zuordnung von Vorauszahlungen zur Einkommensteuer (ESt) 2004.
Die Klägerin (geborene A) ist seit Anfang 2002 mit Herrn ... (nachfolgend B) verheiratet und wurde mit ihm im Streitjahr zusammen zur ESt veranlagt. Über das Vermögen des Herrn B ist ein Insolvenzverfahren anhängig, welches im Jahre 2002 beim Amtsgericht eingetragen und am 1. Mai 2003 eröffnet wurde. Es ist am Tag der mündlichen Verhandlung noch nicht beendet. Der Insolvenzverwalter des B ist der obsiegende Einspruchsführer im Abrechnungsstreit über das ESt-Guthaben 2004. Er ist zum Verfahren beigeladen. Im Einzelnen stellt sich der Sachverhalt betreffend die Vorauszahlungen nach Aktenlage wie folgt dar:
Der Beklagte - das Finanzamt (FA) - erließ gegenüber der Klägerin unter ihrem Geburtsnamen und der vorehelich vergebenen Steuernummer 1 am 29. November 2002 einen Vorauszahlungsbescheid, in welchem er sie für 2003 zur quartalsweisen Leistung von jeweils 19.668 € ESt-Vorauszahlung sowie 1.081,74 € Vorauszahlung zum Solidaritätszuschlag, insgesamt 20.749,74 € aufforderte. Ab dem Veranlagungszeitraum 2002 wählten die Eheleute die Zusammenveranlagung. Diese erfolgte zunächst unter der gemeinsamen Steuernummer 2. Mit Schreiben vom 14. November 2003 teilte die Steuerberaterin dem FA im Namen der Eheleute unter Angabe der vorgenannten Steuernummer u.a. Folgendes mit:
"die bisher geleisteten VRZ übersteigen bereits die zu erwartende Steuer für 2003. Ich bitte deshalb die VRZ zum 10.12.2003 auf Null festzusetzen".
Dem Schreiben war eine überschlägliche Berechnung des zu versteuernden Einkommens der Eheleute für 2003 beigefügt. Nach dem Inhalt eines bei den Akten befindlichen Computerausdrucks erließ das FA am 2. April 2004 gegenüber den Eheleuten unter der Steuernummer 3 einen Vorauszahlungsbescheid zur ESt und zum Solidaritätszuschlag 2004 über 20.749,79 € pro Quartal. Nach dem Inhalt des Ausdrucks war dem FA bei Erlass des Vorauszahlungsbescheides das laufende Insolvenzverfahren bekannt. Die Klägerin leistete unter Angabe der vorgenannten Steuernummer für die Quartale I - IV 2004 jeweils insgesamt 20.749,74 € Vorauszahlungen. Sie gab als Verwendungszweck ESt und Soli an. Am 4. August 2006 erging auf Antrag des Beigeladenen ein Abrechnungsbescheid zur ESt 2004, in welchem das FA die ESt-Vorauszahlungen der Klägerin zurechnete. Hiergegen erhob der Beigeladene am 18. August 2006 Einspruch. Er machte geltend, die Vorauszahlungen seien mangels anderweitiger Tilgungsbestimmung für Rechnung beider Ehegatten gezahlt worden, so dass eine Aufteilung des Guthabens nach Kopfteilen zu erfolgen habe. Das FA zog die Klägerin zum Einspruchsverfahren hinzu. Mit Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2007 teilte es das ursprünglich der Klägerin zugewiesene Guthaben in Höhe von 26.324,32 € hälftig auf die Klägerin und den Beigeladenen auf.
Mit der am 8. März 2007 erhobenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend:
Unter den vorliegenden Umständen hätte das FA unschwer erkennen können, dass sie ausschließlich für eigene Rechnung habe leisten wollen. An einer Zahlung auch für Rechnung ihres Gatten habe schon mit Rücksicht auf dessen negative Einkünfte und das ihm gegenüber laufende Insolvenzverfahren keinerlei Interesse bestanden. Auf Zumutbarkeitserwägungen komme es nicht an, wenn - wie hier - eine eindeutige Interessenlage und damit auch ein eindeutiger Erklärungswert vorliege.
Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens ergingen am 2. Januar 2008 ein geänderter ESt-Bescheid 2004 und ein entsprechend geänderter Abrechnungsbescheid zur ESt 2004.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
den geänderten Abrechnungsbescheid zur ESt 2004 vom 2. Januar 2008 mit der Maßgabe zu ändern, dass die geleisteten Vorauszahlungen zur ESt und zum Solidaritätszuschlag 2004 über 20.749,74 € pro Quartal ausschließlich ihr zuzurechnen sind.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Den Zahlungsbelegen der Klägerin sei ein Wille dahingehend, dass sie lediglich für eigene Rechnung habe leisten wollen, nicht zu entnehmen. Auf die wirtschaftliche Interessenlage komme es nicht an, weil diese für die Finanzbehörde regelmäßig nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit erkennbar sei und eine Nachforschungspflicht grundsätzlich nicht bestehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der beigezogenen Steuerakten verwiesen.
Entsch...