Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerhinterziehung durch Verschweigen von Erträgen aus Tafelgeschäften
Leitsatz (amtlich)
Aus dem Verschweigen erheblicher Erträge aus Tafelgeschäften in der Steuererklärung und dem Verzicht gegenüber der Bank auf die Ausstellung von Steuerbescheinigungen über die von diesen Erträgen einbehaltene Kapitalertragsteuer ergibt sich, dass der Steuerpflichtige eine vollständige Erfassung seiner regelmäßigen jährlichen Kapitaleinkünfte für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vermeiden möchte. Dieses Gesamtverhalten stellt eine bedingt vorsätzlich begangene Steuerhinterziehung dar .
Normenkette
AO §§ 370, 169 Abs. 2 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Änderung des Einkommensteuer(ESt)-Bescheides 1993 zulässig und Einnahmen aus anonymen Tafelgeschäften in Höhe von 63.888,33 DM anzusetzen sind.
Die Kläger gaben am 13. Juni 1994 die ESt-Erklärung 1993 beim Finanzamt ab und erklärten unter anderem auf der Anlage KSO Zinsen aus Guthaben und Einlagen sowie aus festverzinslichen Wertpapieren und Investmentanteilen in Höhe von insgesamt 7.720 DM, des Weiteren anzurechnende Kapitalertragsteuer/Zinsabschlag in Höhe von insgesamt 1.813,11 DM. Die Zinseinnahmen sowie die anrechenbare Kapitalertragsteuer wurden durch entsprechende Steuerbescheinigungen nachgewiesen. Die ESt 1993 wurde mit Bescheid vom 23. Januar 1995 in Höhe von 306,00 DM festgesetzt. Mit Schreiben vom 7. August 1995 wurden weitere Zinserträge in Höhe von 10.524,00 DM nachgemeldet und die ESt mit Bescheid vom 28. September 1995 in Höhe von 554,00 DM festgesetzt.
Mit Schreiben vom 7. November 2001 teilte die Gemeinsame Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt (Steufa) den Klägern mit, dass sich aus den dort vorliegenden Unterlagen ergebe, dass Geld- bzw. Wertpapierübertragungen ins Ausland vorgenommen bzw. Tafelgeschäfte getätigt worden seien. Die Kläger wurden aufgefordert, eine vollständige Aufstellung über die in- und ausländischen Kapitalerträge und die entsprechenden Nachweise ab dem Kalenderjahr 1995 einzureichen. Die Überprüfung erfolge nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Abgabenordnung (AO). Mit Schreiben vom 18. Dezember 2001 erklärten die Kläger im Wege einer Nachmeldung Einnahmen aus Kapitalvermögen für die Kalenderjahre 1990 bis 1999, unter anderem für die Kalenderjahre 1990 insgesamt 62.407,88 DM (davon erklärt: 7.988,00 DM), 1991 insgesamt 90.564,21 DM (davon erklärt: 11.187,00 DM), 1992 insgesamt 118.156,93 DM (davon erklärt: 27.392,00 DM) und 1993 insgesamt 120.551,82 DM, nach. Mit Änderungsbescheid vom 20. September 2002 setzte das Finanzamt die ESt 1993 auf 26.008,00 DM fest, mit Bescheid vom 16. Dezember 2002 aus anderen Gründen auf 25.502,00 DM.
Die Kläger erhoben am 14. Oktober 2002 Einspruch. Zur Begründung führten sie unter anderem aus, dass das Kreditinstitut bei so genannten Tafelgeschäften bei Auszahlung der Zinserträge den Zinsabschlag einbehalte. Das Kreditinstitut erteile lediglich eine Abrechnung, nicht aber eine Steuerbescheinigung im Sinne des Gesetzes. Damit sei der einbehaltene 35-prozentige Zinsabschlag nicht auf die festzusetzende Steuerschuld anrechenbar. Aus den Tatsachen, dass auf die Erträge aus Tafelgeschäften ab 1993 ein um 10 v.H. bzw. 5 v.H. höherer Zinsabschlag als bei anderen kapitalertragsteuerpflichtigen Erträgen einbehalten und keine Steuerbescheinigungen durch das Kreditinstitut erteilt worden seien, hätten sie geschlossen, dass durch die erhöhten und nicht anrechenbaren Zinsabschläge die Steuern auf diese Zinserträge abgegolten seien. Sie hätten deshalb gutgläubig diese Erträge nicht in der Steuererklärung angegeben. Hinzu komme, dass die Kläger der Auffassung gewesen seien, es könne nicht rechtens und vom Gesetzgeber auch nicht gewollt sein, ein und dieselben Einkünfte zweimal der Einkommensbesteuerung unterwerfen zu müssen. Bestätigt worden sei ihre Auffassung auch durch das Abrechnungsformular der Sparkasse, die lediglich in dem mit “entfällt” entwerteten Steuerbescheinigungsteil darauf hinweise, dass die Kapitalerträge einkommensteuerpflichtig seien, nicht aber auch auf dem Teil des Formulars, der die Abrechnung der Sparkasse enthalte. Somit sei der subjektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung nicht gegeben. Unter rein rechnerischer Einbeziehung der Zinserträge aus Tafelpapieren zu 100 % in die Steuerberechnung würde die darauf entfallende ESt-Mehrbelastung lediglich 28,4 % betragen, also erheblich unter der bereits abgeführten Steuer von 35 % liegen. Es seien somit auch objektiv keine Steuern hinterzogen worden. Da die Festsetzungsfrist nach § 169 AO abgelaufen sei und hinsichtlich der Zinserträge aus Tafelpapieren kein Hinterziehungstatbestand vorliege, sei insoweit Festsetzungsverjährung eingetreten.
Das Finanzamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 1. Juli 2003 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es Folgendes aus:
Der objektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung liege vor. Bei ...