rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Röntgenarztpraxis und Akupunkturtätigkeit als einheitlicher Betrieb
Leitsatz (amtlich)
Es liegt bei der Veräußerung einer Radiologiepraxis keine Teilbetriebsaufgabe vor, wenn zuvor schon ausgeübte, nicht mit einer gewissen organisatorischen Selbständigkeit ausgestattete Akupunkturbehandlungen durch den Arzt weiterbetrieben werden.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 3, § 16 Abs. 4, § 34 Abs. 1-2
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob es sich bei dem durch einen Praxisverkauf entstandenen Veräußerungsgewinn um einen steuerlich nicht begünstigten laufenden Gewinn aus selbständiger Arbeit handelt.
Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger ist Facharzt für Röntgenologie und Strahlentherapie und betrieb bis Ende März 1995 eine Radiologiepraxis in einem eigenen Haus. Die Radiologiepraxis befand sich in den Räumen des Erdgeschosses sowie teilweise in den Räumen des über eine Treppe zu erreichenden ersten Obergeschosses. Die Räume des zweiten Obergeschosses bewohnten die Kläger.
Der Kläger bildete sich seit Mitte 1989 in Akupunktur fort und erwarb einen entsprechenden Befähigungsnachweis. Der Kläger gehörte in seinem Einzugsbereich zu einem der ersten Ärzte, der sich mit Akupunktur beschäftigte. Erst später wurde diese Therapieform auch von anderen Kollegen angeboten. Der Kläger wollte mittels der Akupunktur eine zusätzliche Einnahmequelle erschließen, da die Einnahmen der Radiologiepraxis seit 1991 beständig zurückgingen, und der Kläger Probleme hatte, kostendeckend zu arbeiten. Insbesondere gegenüber der Fa. ... bestanden hohe jährliche Verbindlichkeiten. Außerdem standen Modernisierungsmaßnahmen an den in der Praxis zum Einsatz kommenden Geräten an.
Die aus der Akupunkturtätigkeit erzielten Einnahmen betrugen im Jahr 1993 rund 46.000,-- DM, in 1994 rund 69.000,-- DM und in 1995 - bis zur Veräußerung der Praxis - rund 20.000,-- DM.
Das Arbeitsfeld des Klägers umfasste in der Radiologiepraxis ausschließlich Diagnostik. Der Kläger nahm nach Überweisung der Patienten Durchleuchtungen innerer Organe vorwiegend des Bauchraums und der Lunge vor bzw. fertigte Röntgenaufnahmen. Die Aufnahmen begutachtete der Kläger schriftlich zur weiteren Verwendung des überweisenden Arztes. Akupunktur bot der Kläger als Schmerztherapie sowie als Therapie gegen Allergien an. Die einerseits radiologisch betreuten und andererseits mittels Akupunktur behandelten Patienten wurden in getrennten Karteien erfasst. Die Abrechnung der Patienten erfolgte bei den radiologisch betreuten gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung bzw. privat. Soweit Patienten eine Akupunkturbehandlung erhielten, stellte der Kläger diese Behandlung den Patienten privat bzw. denjenigen gesetzlichen Krankenkassen in Rechnung, die diese Leistung zum damaligen Zeitpunkt ganz oder teilweise übernahmen. Die Einnahmen wurden insgesamt auf einem Konto gesammelt und zum Bestreiten der Ausgaben der gesamten Praxis verwendet. Patienten, die eine Akupunkturbehandlung wünschten, betraten die Praxis nach Terminsvereinbarung über das Erdgeschoss, wandten sich an die im Erdgeschoss befindliche Anmeldung und hielten sich dann im Warteraum bzw. im Behandlungszimmer des ersten Obergeschosses auf. Termine für Akupunkturbehandlungen wurden telefonisch vereinbart. Dabei stand sowohl für die Vereinbarung der Radiologietermine als auch der Akupunkturtermine ein Telefon zur Verfügung, welches auch von den Klägern privat verwendet wurde. Besonderes Personal für die Betreuung der Akupunkturpatienten beschäftigte der Kläger nicht. Die bei dem Kläger nicht fest angestellte Klägerin besorgte das Bereitlegen der Karteikarten und der erforderlichen Akupunkturnadeln etc.. Die Klägerin war im Mehrschichtbetrieb anderweitig beschäftigt und verfügte über die entsprechende Zeit. Das Erstellen der Abrechnungen wurde indessen im Rahmen der einheitlichen Praxisorganisation mit erledigt.
Der Kläger warb weder auf seinem Praxisschild noch in berufsrechtlich zulässigen Zeitungsanzeigen noch im Branchenfernsprechbuch oder sonst für die von ihm ausgeübte Akupunkturtätigkeit. Er bekam die Patienten für Akupunktur teils auf Empfehlung von Kollegen, teils durch andere Empfehlungen.
Die aus der Akupunkturbehandlung resultierenden Einnahmen konnten zwar rechnerisch ermittelt werden, wurden jedoch nicht gesondert als Betriebseinnahmen erfasst. Ebenso existierte keine getrennte Gewinnermittlung für die Tätigkeit als Radiologe einerseits und als Arzt für Akupunktur andererseits.
Mit Praxisübergabe- und Grundstückskaufvertrag veräußerte der Kläger seine ausgeübte radiologische Facharztpraxis und das dazugehörige Grundstück zum 01. April 1995. Der Übernahmepreis der Praxis betrug insgesamt ... DM und setzte sich aus einem ideellen Praxiswert in Höhe von ... DM sowie aus dem Wert für die Praxiseinrichtung in Höhe von ... DM zusammen. Der Erwerber trat in die bestehenden Arbeitsverträge ein. Versicherungsverträge wurden nicht übernommen. Der Telefon...