Revision eingelegt (BFH IV R 13/22)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Anwendungsregelung des § 52 Abs. 10 Satz 4 zur rückwirkenden Anwendung des § 5a Abs. 4 Satz 5 bis 7 EStG für alle Wirtschaftsjahre ab 1999
Leitsatz (amtlich)
Gegen den in § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG enthaltenen Anwendungsbefehl, welcher die Anwendung des § 5a Abs. 4 Satz 5 bis 7 EStG für alle Wirtschaftsjahre nach dem 31. Dezember 1998 regelt, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, da es sich nicht um eine echte Rückwirkung handelt.
Der Gesetzgeber stellt mittels der neu eingefügten Sätze 5 bis 7 des § 5a Abs. 4 EStG sicher, dass die bestehende, über Jahrzehnte geübte Verwaltungspraxis, formal in Gesetzesform gegossen wird und für alle Wirtschaftsjahre nach dem 31. Dezember 1998 anwendbar ist.
Normenkette
EStG § 5a Abs. 4 Sätze 5-7, § 52 Abs. 10 S. 4
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Beteiligungseinkünfte der Klägerin.
Die Klägerin war Beteiligte an der Beteiligungs-Kommanditgesellschaft C GmbH und Co. (Schifffahrtsgesellschaft). Die Beteiligung wurde der Klägerin von den Eltern im Rahmen einer Schenkung übertragen. Der Unterschiedsbetrag nach § 5 a Abs. 4 EStG in Höhe von … € wurde bei der Klägerin als Rechtsnachfolgerin fortgeführt.
In 2013 veräußerte die Schifffahrtsgesellschaft das Seeschiff und führte die am 25. April 2012 beschlossene Liquidation durch. Mit Handelsregistereintragung vom xx.xx.2013 wurde vermerkt, dass die Gesellschaft aufgelöst sei. Mit weiterem Eintrag vom xx.xx. 2021 wurde vermerkt, dass die Liquidation beendet und die Firma erloschen sei.
Der Beklagte rechnete der Klägerin den Unterschiedsbetrag im Jahr der Veräußerung des Schiffes zu, da mit dem Verkauf des Schiffes ein Übergang zur Gewinnermittlung nach § 5 EStG und die Aufdeckung der stillen Reserven verbunden war.
Die Feststellungserklärung für 2013 ging am 15. Januar 2015 beim Beklagten ein. Der Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 2013, mit welcher der Klägerin erstmalig der Unterschiedsbetrag zugerechnet wurde, erging am 20. März 2015 und stand gemäß § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Der Bescheid wurde aus nicht streiterheblichen Gründen mehrfach durch die Feststellungsbescheide 2013 vom 10. September 2015, 11. Februar 2016, 24. März 2016, und 15. Juni 2016 geändert. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb jeweils bestehen.
Nach dem Ergehen des Urteils des Finanzgerichts Hamburg vom 19. Dezember 2017 (Aktenzeichen 2 K 277/16, juris), welches sich mit einer einschränkenden Auslegung des Begriffs "Ausscheiden" in § 5 a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG beschäftigte, beantragte die Klägerin gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) mit Schreiben vom 20. Dezember 2018 eine Änderung des Feststellungsbescheides 2013. Der Unterschiedsbetrag in Höhe von … € sei ihr nicht zuzuweisen, ihre Beteiligungseinkünfte seien um diesen Betrag zu mindern.
Der Beklagte lehnte den Änderungsantrag mit Verwaltungsakt vom 4. Januar 2019 unter Hinweis auf Tz. 28 des Tonnageerlasses ab. Der hiergegen mit Schreiben vom 23. Januar 2019 eingelegte Einspruch ruhte zunächst im Hinblick auf beim Bundesfinanzhof anhängige Verfahren.
Am 8. April 2021 erhob die Klägerin Klage beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht.
Nach Rechtshängigkeit erließ das Finanzamt am 8. September 2021 eine Einspruchsentscheidung, mit der es den Einspruch als unbegründet zurückwies. Seine Entscheidung begründet es im Wesentlichen wie folgt:
Der Unterschiedsbetrag sei nach § 5 Abs. 4 EStG der Klägerin zuzurechnen. Nach § 5 a EStG sei der auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfallende Gewinn auf unwiderruflichen Antrag des Steuerpflichtigen unter im Einzelnen näher geregelten Voraussetzungen nach der Tonnage zu ermitteln. Zum Schluss des letzten, der Tonnagebesteuerung vorausgehenden Wirtschaftsjahres sei für jedes unmittelbar dem Betrieb der Handelsschiffe dienende Wirtschaftsgut der Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Teilwert gesondert und - bei Mitunternehmerschaften - einheitlich festzustellen (§ 5 a Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG). Zweck der Feststellung des Unterschiedsbetrages sei es, diejenigen stillen Reserven, die sich vor dem Übergang zur Tonnagebesteuerung angesammelt hätten, festzuhalten, weil sich die Höhe der vor dem Wechsel der Gewinnermittlungsart vorhanden stillen Reserven nachträglich nur noch schwer ermitteln lasse.
Der Unterschiedsbetrag sei dem Gewinn später hinzuzurechnen (§ 5 a Abs. 4 Satz 3 EStG). Dies habe unter anderem in dem Jahr zu geschehen, in dem das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheide oder nicht mehr unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr diene (§ 5 a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG), außerdem in dem Jahr des Ausscheidens eines Gesellschafters hinsichtlich des auf ihn entfallenden Anteils (§ 5 a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG). Nach Auffassung der Finanzverwaltung gelte § 5 ...