Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von nach dem 01.01.2009 zugeflossenen Stückzinsen aus der Veräußerung von vor dem 01.01.2009 erworbenen Wertpapieren
Leitsatz (amtlich)
Erst nach dem 01.01.2009 zugeflossene Stückzinsen aus der Veräußerung von Wertpapieren, die vor dem 01.01.2009 erworben wurden, sind nicht gem. § 52 a Abs. 10 Satz 7, 1. Halbsatz EStG in der bis zum 13.10.2009 geltenden Fassung von der Besteuerung als Kapitaleinkünfte gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG ausgenommen.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, § 52a Abs. 10 S. 7, 1. Hs.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Stückzinsen aus festverzinslichen Wertpapieren, die vor dem 1. Januar 2009 erworben wurden, aber erst 2010 zugeflossen sind, steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i. V. m. § 52 a Abs. 10 Satz 7 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung darstellen.
Der Kläger verkaufte am 8. Februar 2010 festverzinsliche Wertpapiere, die er im Jahr 2008 erworben hatte. Hieraus flossen ihm im Streitjahr 15.948,29 € Stückzinsen zu, die nicht dem inländischen Steuerabzug unterlagen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bescheinigung der Nord/LB vom 28. März 2011 Bezug genommen. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärten die Kläger neben diesen Stückzinsen weitere Kapitalerträge in Höhe von 479,04 €, die nicht dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben, insgesamt also einen Betrag von 16.427,33 €. Durch Bescheid vom 28. Februar 2012 erfasste das Finanzamt diesen Betrag nach § 32 d Abs. 1 EStG unter Berücksichtigung des anteiligen Sparerfreibetrages und setzte die Einkommensteuer auf … € fest.
Hiergegen legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein, u. a. wegen der Besteuerung der Stückzinsen, weil § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG 2009 nur die Kursgewinne von festverzinslichen Wertpapieren und nicht die hiermit zusammenhängenden Stückzinsen erfasse. Die durch § 52 a Abs. 10 Satz 7 2. Halbsatz EStG in der Fassung vom 8. Dezember 2010 erfolgte Änderung, wonach für Stückzinsen aus Verkäufen von vor dem 1. Januar 2009 angeschafften Wertpapieren die Übergangsregelung des § 52 a Abs. 10 Satz 7 EStG in der Fassung des Jahres 2009 nicht anwendbar sei, gelte erst mit Inkrafttreten. Da diese Änderung erst am 8. Dezember 2010 und damit nach dem Wertpapierverkauf vom 8. Februar 2010 verabschiedet worden sei, könne diese Regelung nicht rückwirkend auf den Streitfall angewendet werden. Das Finanzamt änderte den angefochtenen Bescheid am 17. April 2012 wegen anderer Streitpunkte. Das Verfahren wegen der Besteuerung der Stückzinsen ruhte bis zur Entscheidung des beim Finanzgericht Münster anhängigen Verfahrens zur gleichgelagerten Rechtsfrage (2 K 3544/10 E). Nach der die Klage abweisenden rechtskräftigen Entscheidung des Finanzgerichts Münster vom 2. August 2012 wies das Finanzamt den Einspruch durch Entscheidung vom 22. März 2013 als unbegründet zurück. Das Finanzamt führte im Wesentlichen aus, dass ab 2009 Stückzinsen beim Veräußerer im Rahmen der allgemeinen Veräußerungsgewinnermittlung erfasst würden. Mit der Einführung der Abgeltungssteuer habe sich die steuerliche Behandlung von Stückzinsen nur insoweit geändert, als sie nun als Teil des Veräußerungserlöses steuerpflichtig seien (§ 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG). Mit dem Jahressteuergesetz 2010 vom 8. Dezember 2010 sei in § 52 a Abs. 10 Satz 7 EStG klarstellend geregelt worden, dass zugeflossene Stückzinsen nach § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG zu versteuern seien, unabhängig davon, wann die betreffenden Wertpapiere angeschafft worden seien. Nach § 52 a Abs. 10 Satz 6 EStG sei lediglich auf den Zufluss der Stückzinsen abzustellen. Damit unterlägen auch Stückzinsen bei der Veräußerung von Wertpapieren, die vor dem 1. Januar 2009 angeschafft worden seien, nach Einführung der Abgeltungssteuer der Besteuerung. Der Gesetzgeber habe mit der Vorschrift des § 52 a Abs.10 Satz 7 EStG in der Fassung zum 1. Januar 2009 nur die Anwendung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr.7 EStG ab 1. Januar 2009 auf bislang steuerfreie Kursgewinne aus vor dem 1. Januar 2009 erworbenen zinstragenden Forderungen nicht aber auch für Stückzinsen ausschließen wollen. Dies habe der Gesetzgeber durch die Ergänzung in § 52 a Abs. 10 Satz 7, 2. Halbsatz in der Neufassung durch das Jahressteuergesetz 2010 klargestellt. Hierin liege keine Neuregelung, so dass auch kein Fall der unzulässigen belastenden Rückwirkung gegeben sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Hiergegen haben die Kläger fristgerecht Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor:
Nach der Rechtslage vor dem 1.1.2009 seien Stückzinsen nur dann gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG a.F. Einkünfte aus Kapitalvermögen gewesen, wenn sie offen ausgewiesen worden seien. Diese gesetzliche Grundlage sei 1977 geschaffen worden, weil auf Grund der Rechtsprechung des BFH (vom 3. August 1976, VII R 101/71, BStBl...