Kommentar
Im entschiedenen Fall hatte der Steuerzahler Einspruch gegen seinen Einkommensteuerbescheid erhoben und beantragt, das Verfahren ruhen zu lassen. Während des Rechtsbehelfsverfahrens bat er um eine Änderung wegen neuer Tatsachen. Das Finanzamt erließ einen Ablehnungsbescheid, der mit der Sprungklage angefochten wurde. Der Steuerzahler wollte das Finanzamt verpflichten lassen, die gewünschte Steuerminderung im Rahmen einer schlichten Änderung i. S. d. § 172 Abs. 1 Nr. 2 a AO vorzunehmen. Diese Verpflichtungs(sprung)klage ist mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig ( Änderungsvorschriften ).
Die Ablehnung eines Änderungsantrags kann grundsätzlich mit dem Einspruch angefochten werden. Anstelle des Einspruchs ist unter den Voraussetzungen des § 45 FGO ohne Vorverfahren die Sprungklage zulässig ( Klage ). Ergeht der Ablehnungsbescheid während eines laufenden oder ruhenden Einspruchsverfahrens, wird er nicht zum Gegenstand dieses Verfahrens, da er den angefochtenen Einkommensteuerbescheid weder ändert noch ersetzt. Der Antrag auf schlichte Änderung stellt vielmehr eine Erweiterung des Einspruchs dar, wenn er einen bisher nicht geltend gemachten Streitpunkt beinhaltet. Das Finanzamt kann hierüber einen Teilabhilfebescheid erteilen, der Gegenstand des Verfahrens wird. Kommt das Finanzamt dagegen zu dem Ergebnis, daß der Antrag auf schlichte Änderung unbegründet ist, darf es über ihn nicht durch gesonderten Verwaltungsakt entscheiden, sondern muß eine alle Streitpunkte umfassende Einspruchsentscheidung fertigen. Erst hiergegen kann der Steuerzahler mit der Anfechtungsklage gerichtlich vorgehen.
Da das Finanzamt nicht befugt war, den Änderungsantrag gesondert abzulehnen, hätte mit der Sprungklage nur beantragt werden können, den Ablehnungsbescheid aufzuheben. Einspruch und Verpflichtungsklage gegen die Ablehnung eines Änderungsantrags nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 a AO sind nur zulässig, wenn gegen den Steuerbescheid, dessen Änderung abgelehnt wurde, kein Rechtsbehelf mehr anhängig ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.09.1994, VIII R 36/89
Anmerkung: Das Finanzgericht ist nicht gehalten, einen rechtskundigen und vertretenen Kläger über den richtigen Rechtsweg zu belehren und den Erlaß einer Einspruchsentscheidung anzuregen. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Finanzamt auferlegt, weil es das Klageverfahren verursacht hatte.