OFD Karlsruhe, Verfügung v. 6.12.2010, S 2256/49 - St 111

 

1. Sachverhalt

Die Phoenix Kapitaldienst GmbH (Phoenix) mit Firmensitz in Frankfurt am Main war bis zu der Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens am 14.3.2005 Finanzdienstleister, dessen Geschäftstätigkeit das Finanzkommissionsgeschäft und die Finanzportfolioverwaltung umfasste. Ende 1992 wurde der „Phoenix Managed Account” aufgelegt. Dabei handelte es sich um ein Produkt, bei dem Phoenix Investitionssummen der Kunden in Stillhalter- und Spekulations- bzw. private Veräußerungsgeschäfte investierte.

Bei dem „Phoenix Managed Account” handelte es sich um ein Schneeballsystem. Die von den Anlegern bereit gestellten Mittel wurden nicht wie vertraglich vereinbart verwendet. Allerdings wurden den Anlegern monatliche Abrechnungsmitteilungen zur Verfügung gestellt, die den Erfolg des Produkts vortäuschten. Der größte Teil der gutgeschriebenen Scheinrenditen wurde im Wege der Novation wieder angelegt. Bis zum Zusammenbruch des Schneeballsystems wurde auch ein Teil der Scheinrenditen (auf Anforderung) ausbezahlt.

Am 14.3.2005 wurde auf Initiative der Bundesanstalt für die Finanzdienstleistungsaufsicht das vorläufige Insolvenzverfahren über das Vermögen der Phoenix Kapitaldienst GmbH eröffnet, das bisher noch nicht abgeschlossen ist. Die Anleger können allenfalls mit einer teilweisen Rückzahlung des eingesetzten Kapitals (ohne Gewinnbeteiligungen) rechnen. Informationen über den Stand des Insolvenzverfahrens sind auf der Internetseite des Insolvenzverwalters (www.schubra.de) veröffentlicht.

 

2. Steuerrechtliche Beurteilung

Das Vertragsverhältnis zwischen Phoenix und den geschädigten Anlegern ist als stille Beteiligung zu qualifizieren. Grundlage dieser Beurteilung ist das Urteil des FG Nürnberg vom 2.12.2009, 3 K 1039/2007, wonach die Anleger aus der Beteiligung an dem „Phoenix Managed Account” Einkünfte aus einer stillen Beteiligung nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG erzielen.

Die Anleger haben deshalb die ausgezahlten Scheinrenditen im Jahr des Zuflusses und die (nur) gutgeschriebenen Scheinrenditen im Jahr der Gutschrift als Einnahmen aus Kapitalvermögen aus der stillen Beteiligung zu versteuern. Wurden ausgezahlte Scheinrenditen an den Insolvenzverwalter zurück gezahlt, sind diese im Jahr der Rückzahlung als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen anzusetzen.

Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 28.10.2008, VIII R 36/04, BStBl 2009 II S. 190, die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde mit Beschluss vom 9.7.2009, 2 BvR 2525/08 nicht zur Entscheidung angenommen, und vom 16.3.2010, VIII R 4/07) sind (auch) Scheinrenditen zu versteuern, da der Anleger sich die ihm gutgeschriebenen Renditen seiner Kapitalanlage hätte auszahlen lassen können, er statt dessen aber die Wiederanlage der Renditen bestimmt hat. Das gilt aber nur, solange der Schuldner noch zahlungsfähig war, bei Phoenix bis einschließlich des Jahres 2004.

 

3. Ermittlung der Einkünfte/Festsetzungsverjährung

Phoenix hat für die Jahre 1999 bis 2004 Mitteilungen erstellt, in denen sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG (Stillhaltegeschäfte) und Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 22 Nr. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (Wertpapierveräußerungsgeschäfte) und Nr. 4 (Termingeschäfte) EStG ausgewiesen sind. Dieser Einordnung ist nicht zu folgen.

Aufgrund der Beurteilung des Vertragsverhältnisses als (typisch) stille Gesellschaft ist keine Aufteilung der Einkünfte (mehr) erforderlich. Die so ermittelten Einkünfte sind insgesamt als solche aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu besteuern. Liegen keine Mitteilungen vor, können die Einkünfte insgesamt für den jeweiligen Veranlagungszeitraum anhand der monatlichen Kontoauszüge ermittelt werden. Hierfür ist von dem Kontostand zum 31.12. eines Jahres laut der letzten Abrechnung eines Jahres der Kontostand vom 01.01. eines Jahres (= Kontostand zum 31.12. des vorhergehenden Jahres) laut der ersten Abrechnung des Jahres und die insgesamt geleistete Einlage abzuziehen. Bei dieser Berechnung sind die Verwaltungsgebühren und die Gewinnbeteiligung der Phoenix, die auch als Werbungskosten anzusetzen sind, bereits berücksichtigt.

Beispiel 1

Kontostand am 31.12.2004 49.731,53 Euro
Kontostand am 31.12.2003 ./. 35.703,15 Euro
Im Jahr 2004 eingezahlter Anlagebetrag ./. 10.000,00 Euro
Kapitalerträge im Jahr 2004 4.028,38 Euro
 

4. Verlustansatz für Scheinrenditen im Jahr 2005

Aus sachlichen Billigkeitsgründen sind die nach dem 31.12.2000 (nur) gutgeschriebenen, einkommensteuerlich zugeflossenen und versteuerten Scheinrenditen aus sachlichen Billigkeitsgründen im Veranlagungszeitraum 2005 (Jahr der Insolvenzeröffnung) als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen aus einer (typisch) stillen Beteiligung anzusetzen.

Dadurch wird eine Gleichstellung mit denjenigen Anlegern erreicht, die sich ihre Scheinrenditen haben auszahlen lassen und bei denen der Insolvenzverwalter die ausgezahlten Renditen zurückgefordert hat. Die bis vier Jahre vor Insolv...

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