3.1 Ermittlung der abzugsfähigen Schuldzinsen
Die grundlegende Funktionsweise des § 4 Abs. 4a EStG lässt sich am einfachsten anhand eines Beispiels erläutern:
Ermittlung abzugsfähiger Schuldzinsen
Einzelunternehmer A hat sein Handelsgeschäft zum 1.1.01 gegründet. Im Laufe des Jahres 01 erzielt er einen Gewinn von 25.000 EUR. Er entnimmt für seinen Lebensunterhalt monatlich 4.000 EUR und legt zur Jahresmitte 10.000 EUR zur Finanzierung einer Investition ein. Im Jahr 01 sind Schuldzinsen i. H. v. 6.000 EUR infolge der Finanzierung von Handelswaren angefallen.
In einem 1. Schritt ist nun die Überentnahme gem. § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG für das Jahr 01 zu ermitteln. Sie ergibt sich stets nach folgendem Schema, das ebenso zur Ermittlung von Unterentnahmen eingesetzt werden kann:
|
Gewinn |
25.000 EUR |
+ |
Einlagen |
+ 10.000 EUR |
./. |
Entnahmen |
./. 48.000 EUR |
= |
Überentnahme |
./. 13.000 EUR |
Die Überentnahme i. H. v. 13.000 EUR bildet die Basis für die Ermittlung der nicht abzugsfähigen Schuldzinsen. Diese betragen 6 % von 13.000 EUR = 780 EUR. Dieses Ergebnis ist nun mit der Höchstgrenze für die Hinzurechnung gem. § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG zu vergleichen, den tatsächlichen Schuldzinsen von 6.000 EUR ./. 2.050 EUR = 3.950 EUR. Da der sich aus der Verzinsung der Überentnahmen ergebende Betrag von 780 EUR niedriger ist, muss er dem unter Abzug sämtlicher betrieblich veranlasster Schuldzinsen ermittelten Gewinn für steuerliche Zwecke wieder hinzugerechnet werden.
Hätte A im Jahr 01 lediglich Schuldzinsen i. H. v. 2.500 EUR gezahlt, wären dem Gewinn wegen der Begrenzung der Hinzurechnung nur 2.500 EUR ./. 2.050 EUR = 450 EUR hinzuzurechnen.
Überentnahmen können nicht dadurch verhindert werden, dass einem Betrieb kurz vor dem Jahreswechsel Eigenkapital per Einlage zugeführt wird, das nach dem Jahreswechsel wieder entnommen wird. Dient die Maßnahme allein dazu, das Abzugsverbot für Schuldzinsen zu umgehen, ist darin eine missbräuchliche Gestaltung nach § 42 AO zu sehen; die abzugsfähigen Schuldzinsen sind dann ohne Berücksichtigung dieser Einlage zu ermitteln. Zum gleichen Ergebnis führt die Einlage von Wertpapieren in den Betrieb eines Freiberuflers, wenn deren Kauf, Halten und Verkauf nicht ein Hilfsgeschäft der freiberuflichen Tätigkeit darstellt; dagegen ist eine derartige Einlage zu berücksichtigen, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Finanzierung des Betriebs steht.
3.2 Gewinn, Einlagen und Entnahmen
Unter Gewinn nach § 4 Abs. 4a EStG verstehen Rechtsprechung und Finanzverwaltung den nach § 4 Abs. 1 bzw. § 5 EStG per Bilanz bzw. nach § 4 Abs. 3 EStG per Einnahmenüberschussrechnung ermittelten Gewinn vor Anwendung von § 4 Abs. 4a EStG. Außerbilanzielle Kürzungen und Hinzurechnungen wirken sich auf den Gewinn nach i. S. des § 4 Abs. 4a EStG nicht aus.
Dies hat z. B. zur Folge, dass:
- steuerfreie Invesitionszulagen den Gewinn i. S. des § 4 Abs. 4a EStG erhöhen; Gleiches gilt für andere steuerfreie Betriebseinnahmen, etwa ausländische Einkünfte und nach dem Teileinkünfteverfahren steuerfreie Dividenden bzw. Veräußerungsgewinne;
- steuerlich nicht abzugsfähige Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 EStG bzw. die nach § 4 Abs. 5b EStG nicht abziehbare Gewerbesteuer den Gewinn mindern; Gleiches muss daher für Betriebsausgaben gelten, die nach § 3c EStG nicht abzugsfähig sind.
Stille Reserven sind dagegen nicht zu berücksichtigen. Abschreibungen, Investitionsabzugsbeträge, Rücklagen, Rückstellungen, Rechnungsabgrenzungsposten und Wertberichtigungen werden nicht hinzugerechnet und erhöhen somit den Schuldzinsenabzug nicht. Der BFH rechtfertigt dies einerseits damit, dass der Gesetzgeber keinen abweichenden Gewinnbegriff für § 4 Abs. 4a EStG definiert hat, andererseits mit dem Vereinfachungszweck der Vorschrift. Vor diesem Hintergrund sollte bei der Ausübung von Wahlrechten wie etwa der Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG stets berücksichtigt werden, inwieweit das damit angestrebte Ziel durch eine eventuelle Beschränkung des Schuldzinsenabzugs konterkariert wird.
Zu dem Gewinn bzw. Verlust nach § 4 Abs. 4a EStG rechnet auch ein Übergangsgewinn oder -verlust infolge eines Wechsels von der Bilanzierung zur Einnahmenüberschussrechnung bzw. umgekehrt.
Als Einlagen und Entnahmen sind sämtliche Bar-, Sach- sowie Nutzungseinlagen bzw. -entnahmen anzusetzen. Ob Bar- bzw. Buchgeld bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG einlage- und entnahmefähig ist, ist fraglich; der BFH hat dies mangels Entscheidungsrelevanz bislang offengelassen. Darauf, wofür die entnommenen Beträge verwendet werden, z. B. um als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften abzugsfähige Grundstücksaufwendungen zu bestreiten, kommt es nicht an.
Schuldzinsen keine Werbungskosten
Im betrieblichen Bereich infolge von Entnahmen nicht abzugsfähige Schuldzinsen sind nicht als Werbungskosten abzugsfähig, auch wenn die entnommenen Mittel zur Erzielu...