Leitsatz
Schulgeld für eine von der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder anerkannte Deutsche Schule im Ausland ist gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Sonderausgabe abziehbar.
Normenkette
§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG
Sachverhalt
Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger ist im Ruhestand und bezieht deutsche Beamtenversorgung. Seit 1993 wohnt er mit seiner Familie in Spanien. Die Kinder (geb. 1987 bzw. 1990) besuchen in Spanien die Deutsche Schule in Valencia. Bei der Einkommensteuerveranlagung 1998 beantragten die Kläger den Abzug von 30 % folgender Aufwendungen als Sonderausgaben:
Schulgeld der Deutschen Schule 9.491 DM
Schulbücher 274 DM
Kostenpflichtige Kurse 178 DM
Klavierunterricht 912 DM
Schulgeld für Musikschule 200 DM
Das FA versagte den Abzug mit der Begründung, dass Auslandsschulen weder nach Art. 7 Abs. 4 GG genehmigte bzw. nach Landesrecht erlaubte Ersatzschulen noch nach Landesrecht anerkannte Ergänzungsschulen seien. Das FG wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH entschied, dass die Schulgeldzahlungen i.H.v. 30 % von 9.491 DM als Sonderausgaben anzuerkennen seien. Von der KMK anerkannte Deutsche Schulen im Ausland seien Schulen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG.
Hinweis
1. Mit der Beschränkung des Sonderausgabenabzugs für Schulgeld auf die in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG bezeichneten Schultypen (staatlich genehmigte oder nach Landesrecht erlaubte Ersatzschule bzw. nach Landesrecht anerkannte allgemein bildende Ergänzungsschule) macht der Gesetzgeber deutlich, dass nicht alle Privatschulen steuerlich gefördert werden sollen, sondern nur solche Schulen, die in gewisser Weise in das öffentliche Schulwesen einbezogen sind, also bestimmte staatliche Anforderungen erfüllen müssen und dadurch in besonderer Weise einer staatlichen Unterstützung bedürfen.
Die ausschließliche Zuständigkeit zur Regelung des Privatschulwesens liegt nach dem GG bei den Ländern (vgl. Art. 30, 70 ff. GG). Die insoweit zuständigen obersten Kultusbehörden der Länder entscheiden deshalb unter Beachtung der in Art. 7 Abs. 4 und 5 GG vorgegebenen Grenzen, welche Schule als Ersatzschule genehmigt oder als allgemein bildende Ergänzungsschule anerkannt wird. An diese Entscheidung sind die FÄ gebunden (zur Bindungswirkung vgl. § § 171 Abs. 10, 175Abs. 1 Nr. 1 AO).
2. Die Kultusministerkonferenz (KMK), die im Streitfall die Deutsche Schule in Valencia anerkannt hat, ist ein Zusammenschluss der für Bildung und Erziehung, Hochschulen und Forschung sowie kulturelle Angelegenheiten zuständigen Minister bzw. Senatoren der einzelnen Bundesländer. Ihre Aufgabe ist es, in Belangen, die von länderübergreifender Bedeutung sind, für das notwendige Maß an Gemeinsamkeit in Bildung, Wissenschaft und Kultur zu sorgen. In der auswärtigen Kulturpolitik sowie in der internationalen und europäischen Zusammenarbeit im Bildungswesen wirkt die KMK mit dem Bund, der nach dem GG für die auswärtigen Beziehungen zuständig ist (vgl. Art. 32 Abs. 1 GG), zusammen.
Die Anerkennung einer ausländischen Privatschule durch die KMK bedeutet letztlich eine Anerkennung durch die Gesamtheit der Bundesländer. Diese Anerkennung entfaltet deshalb die gleiche Bindungswirkung wie die Anerkennung durch ein einzelnes Bundesland.
3. Mit der Anerkennung durch die KMK ist die Deutsche Schule in Valencia einer öffentlichen Schule in Deutschland gleichgestellt worden. Mit dem Abschluss an dieser Schule erwerben die Schüler die deutsche allgemeine Hochschulreife. Damit stand den Klägern im Streitfall der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG dem Grunde nach zu.
Berücksichtigungsfähig ist allerdings nur das reine Schulgeld i.H.v. 30 % von 9.491 DM, nicht jedoch die Aufwendungen für Schulbücher und sonstige kostenpflichtige Kurse an der Deutschen Schule. Solche Aufwendungen können auch an den staatlichen inländischen Schulen anfallen. Würde man sie allein bei den Privatschulen zum Abzug zulassen, läge darin ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.12.2004, XI R 32/03