Leitsatz
1. Schulgeld, das bis zum Veranlagungszeitraum 2007 an eine inländische lediglich angezeigte Ergänzungsschule gezahlt wurde, kann nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG i.d.F. vor Inkrafttreten des JStG 2009 als Sonderausgabe abgezogen werden.
2. Die Übergangsregelung des § 52 Abs. 24b EStG i.d.F. des JStG 2009 erfasst keine Schulgeldzahlungen an inländische Privatschulen. Hierin liegt weder ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz noch gegen die Grundfreiheiten des EG/AEUV.
Normenkette
§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG i.d.F. vor dem JStG 2009, § 52 Abs. 24b EStG i.d.F. des JStG 2009, Art. 3 Abs. 1, Art. 7 Abs. 4 GG
Sachverhalt
Die Kläger zahlten im Streitjahr 2004 für die von ihrem Sohn besuchte Privatschule Schulgeld i.H.v. 22.526,40 EUR. Die Privatschule war weder eine genehmigte Ersatzschule noch eine anerkannte Ergänzungsschule i.S.d. entsprechenden landesrechtlichen Schulgesetzes. Das FA lehnte den Sonderausgabenabzug gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG a.F. ab. Einspruchs- und Klageverfahren blieben erfolglos (Sächsisches FG, Urteil vom 1.10.2009, 1 K 2304/07, Haufe-Index 2288207, EFG 2010, 1030).
Ihre Revision begründeten die Kläger vor allem damit, nach § 52 Abs. 24b EStG i.d.F. des JStG 2009 müsse auch das an eine inländische nicht anerkannte Ergänzungsschule gezahlte Schulgeld für die Veranlagungszeiträume vor 2008 in den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG a.F. fallen, weil eine in Deutschland belegene Schule nicht schlechter gestellt sein könne als eine ausländische.
Entscheidung
Der BFH hat aus den oben dargestellten Gründen die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Hinweis
1. Bis Ende 2007 konnte nur das Schulgeld für den Besuch einer gem. Art. 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule sowie einer nach Landesrecht anerkannten allgemeinbildenden Ergänzungsschule als Sonderausgabe gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG a.F. berücksichtigt werden. Die dadurch bestehende Bindung des Sonderausgabenabzugs an die Entscheidung einer Kultusbehörde eines Landes hat der BFH in diesem Urteil – der ständigen Rechtsprechung sowohl des BFH als auch des BVerfG folgend – erneut bestätigt.
2. In seinen Urteilen vom 11.9.2007 (C-76/05 – Schwarz und Gootjes-Schwarz –, Slg. 2007, I-06849 und C-318/05 – Kommission/Deutschland, Slg. 2007, I-06957) hatte der EuGH entschieden, der generelle Ausschluss von in anderen Mitgliedstaaten gelegenen Privatschulen in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG a.F. sei eine Verletzung der Dienstleistungsempfangsfreiheit sowie der allgemeinen Freizügigkeit.
Die damit notwendig gewordene Neuregelung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG durch das JStG 2009 führt dazu, dass nunmehr 30 % – max. 5.000 EUR – des Schulgelds, das an im Inland oder in der EU bzw. EWR belegene Privatschulen gezahlt wird, als Sonderausgabe abziehbar sind. Voraussetzung ist, dass die Privatschule zu einem von den zuständigen Kultusbehörden oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führt. Ebenfalls begünstigt ist der Besuch einer privaten Einrichtung, die auf einen Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss ordnungsgemäß vorbereitet. Damit hat der Gesetzgeber zum Teil einen Paradigmenwechsel vorgenommen: Es ist nicht mehr die landesrechtliche Anerkennung einer bestimmten Privatschule, sondern der durch die Schule vermittelte Abschluss für die Frage der Abziehbarkeit des Schulgelds entscheidend.
3. Um der EuGH-Rechtsprechung Rechnung zu tragen und den Besuch von EU/EWR-Schulen nicht länger zu diskriminieren, wurde eine Übergangsregelung für die noch offenen Veranlagungsfälle geschaffen, durch die ein Sonderausgabenabzug für das an eine EU/EWR-Privatschule gezahlte Schulgeld möglich wurde. In § 52 Abs. 24b Satz 2 EStG wurde – praktisch im Vorgriff auf die Neuregelung – normiert, dass in allen noch offenen Fällen die Schulgeldzahlungen an EU/EWR-Privatschulen als Sonderausgabe abgezogen werden können, sofern diese Schulen zu einem anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führen. Wichtig: Diese Übergangsregelung gilt nicht für inländische Privatschulen.
4. Damit sind die in der EU/EWR belegenen Schulen im Vergleich zu den inländischen Schulen begünstigt, die zwar auch zu solchen Abschlüssen führen, die aber als Schule die früher notwendige Anerkennung oder Erlaubnis nicht erhalten konnten, z.B. weil es in dem betreffenden Bundesland überhaupt keine Anerkennungsmöglichkeit für eine bestimmte Schule gab.
Hierin liegt jedoch nach Auffassung des BFH kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Die Ungleichbehandlung wird dadurch gerechtfertigt, dass es sich lediglich um eine zeitlich begrenzte Übergangsregelung handelt und es der Verwaltung nicht zuzumuten war, bis zum Inkrafttreten der ...