Leitsatz

Schulgeld für Schulen in Mitgliedstaaten der EU sind unabhängig von ihrer Höhe als Sonderausgaben abzugsfähig.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG, Art. 7 Abs. 4 GG

 

Sachverhalt

Die Kläger wohnten in den Streitjahren im Inland und wurden dort zusammen zur ESt veranlagt. Die Kläger haben drei gemeinsame Kinder.

Zwei von ihnen waren in den Streitjahren in einer auf die Förderung hochbegabter Kinder spezialisierten Schule in Schottland angemeldet.

Hierfür wendeten die Kläger in 1998 33 867,79 DM und in 1999 27 415,62 DM auf. Das hierin enthaltene Schulgeld, das nicht auf Beherbergung, Betreuung oder Verpflegung entfällt, wurde von den Klägern nicht nachgewie­sen, beläuft sich aber pro Jahr auf min­des­tens 10 000 DM.

 

Entscheidung

Das FG gewährte in beiden Jahren einen Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG von jeweils 30 % von 10 000 DM.

Die Richter äußerten sich auch zum Merkmal der "Vergleichbarkeit". Demnach ist es gemeinschaftsrechtlich unzulässig, über dieses Kriterium den Sonderausgabenabzug zu verweigern.

 

Hinweis

1. Mit Beschluss vom 27.01.2005 setzte das FG Köln das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob es dem Gemeinschaftsrecht widerspricht, dass Schulgeldzahlungen an bestimmte deutsche Schulen, nicht aber Schulgeldzahlungen an Schulen im übrigen Gemeinschaftsgebiet als Sonderausgaben einkommensteuermindernd berücksichtigt werden können.

2. Mit Urteilen vom 11.09.2007 in den Rechtssachen C-76/05 (BFH-PR 2007, 456) und C-318/05 hatte der EuGH entschieden, dass die deutschen Rechtsvorschriften über den Abzug von Schulgeldzahlungen insoweit gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen, als die steuerlichen Vergünstigungen bei Schulgeldzahlungen an Schulen in anderen Mitgliedstaaten versagt werden.

Eine Entscheidung darüber, wie die vorstehenden Urteile des EuGH im innerstaatlichen Recht umgesetzt werden sollen, liegt noch nicht vor.

3. Der 10. Senat des FG Köln hat abweichend von der Rechtsprechung des BFH und der FG entschieden, dass Schulgeld für Schulen in Mitgliedstaaten der EU unabhängig von ihrer Höhe als Sonderausgaben abzugsfähig sind.

Begründet wird die abweichende Entscheidung vor allem mit der Anerkennungspraxis in den Bundesländern. So gebe es beispielsweise staatlich anerkannte Ersatzschulen mit einem Schulgeld von bis zu 30 000 € jährlich.

Das Verbot der Förderung einer Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen werde folglich nicht ernst genommen.

4. Innerhalb des FG Köln herrscht keine einheitliche Auffassung zu den Folgen der EuGH-Rechtsprechung.

Der 15. Senat vertritt in seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 29.11.2007, 15 K 2532/06 die Auffassung, dass das Schulgeld für den Besuch einer Schule im EU-Ausland dann nicht abzugsfähig ist, wenn sich Normalverdiener einen solchen Schulaufenthalt nicht leisten können. D.h. die Sonderung nach den Besitzverhältnissen wird auch bei europarechtskonformer Auslegung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG weiterhin als schädlich angesehen.

5. Nach den Entscheidungen durch den EuGH ist der Gesetzgeber gefordert. Dieser sollte durch eine Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG die bestehenden Fragen hinsichtlich der Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen und der Vergleichbarkeit mit den im Inland geförderten Schulen klären. Es ist jedoch fraglich, ob der Gesetzgeber vor Abschluss des Revisionsverfahrens tätig wird.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil vom 14.02.2008, 10 K 7404/01

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