FinMin Hessen, Erlaß v. 17.7.2017, S 2225 d A - 001 - II 35
Neufassung der Bescheinigungsrichtlinien zur Anwendung des § 10g des Einkommensteuergesetzes
Bezug: Bescheinigungsrichtlinien vom 16.10.1996 (StAnz. S. 3570)
Nachstehend werden die Bescheinigungsrichtlinien zur Anwendung des § 10g des Einkommensteuergesetzes veröffentlicht.
Bescheinigungsrichtlinien zur Anwendung des § 10g EStG – Steuerbegünstigung für Baumaßnahmen an schutzwürdigen Kulturgütern
Die Inanspruchnahme der Steuervergünstigungen für Aufwendungen für Herstellungs- und Erhaltungsmaßnahmen an eigenen schutzwürdigen Kulturgütern, die weder zur Einkunftserzielung noch zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden (§ 10g EStG), setzt eine Bescheinigung der zuständigen Bescheinigungsbehörde nach Maßgabe der „Anordnung zur Bestimmung der zuständigen Stelle für Bescheinigungen nach § 7i Abs. 2 und § 10g Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes” voraus.
1. Bescheinigungsverfahren
Die Bescheinigung, die objektbezogen ist, muss der Eigentümer eines Kulturguts im Sinne des Tz. 2 schriftlich beantragen (Anlage 1). Die Bescheinigung hat dem Mustervordruck zu entsprechen (Anlage 2). Eine Zusammenfassung mit anderen Bescheinigungen ist nicht möglich. An einen Vertreter kann eine Bescheinigung nur erteilt werden, wenn eine wirksame Vertretungsbefugnis vorliegt.
Die Bescheinigungsbehörde hat zu prüfen,
ob die Maßnahmen
- an einem Kulturgut im Sinne des § 10g Abs. 1 Satz 2 EStG durchgeführt worden sind (vergleiche Tz. 2),
- erforderlich waren (vergleiche Tz. 3),
- in Abstimmung mit der zuständigen Stelle durchgeführt worden sind (vergleiche Tz. 4),
- in welcher Höhe Aufwendungen, die die vorstehenden Voraussetzungen erfüllen, angefallen sind (vergleiche Tz. 5),
- inwieweit Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln durch die für Denkmalpflege oder das Archivwesen zuständige Behörde bewilligt worden sind oder nach Ausstellung der Bescheinigung bewilligt werden (vergleiche Tz. 6).
Die Bescheinigung unterliegt weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht der Nachprüfung durch die Finanzbehörden und Finanzgerichte. Es handelt sich hierbei um einen Verwaltungsakt in Form eines Grundlagenbescheides, an den die Finanzbehörden im Rahmen des gesetzlich vorgegebenen Umfangs gebunden sind (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO). Ist jedoch aus Sicht der Finanzbehörde offensichtlich, dass die Bescheinigung für Maßnahmen erteilt worden ist, bei denen die Voraussetzungen nicht vorliegen, hat die Finanzbehörde ein Remonstrationsrecht, das heißt, sie kann die Bescheinigungsbehörde zur Überprüfung veranlassen sowie um Rücknahme oder Änderung der Bescheinigung nach Maßgabe des § 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) bitten. Die Bescheinigungsbehörde ist verpflichtet, dem Finanzamt von der Rücknahme oder Änderung der Bescheinigung Mitteilung zu machen (§ 4 der Mitteilungsverordnung vom 7.9.1993, BGBl 1993 I S. 1554).
Die bescheinigten Aufwendungen können steuerrechtlich jedoch nur berücksichtigt werden, wenn auch die weiteren steuerrechtlichen Voraussetzungen, die durch die zuständige Finanzbehörde geprüft werden, vorliegen (vergleiche Tz. 7). Auf das Prüfungsrecht der Finanzbehörden ist in der Bescheinigung zwingend hinzuweisen. Der Bescheinigung ist nach § 37 Abs. 6 VwVfG eine Rechtsbehelfsbelehrung beizufügen.
Um dem Eigentümer frühzeitig Klarheit über den Inhalt der zu erwartenden Bescheinigung zu geben, kann die Bescheinigungsbehörde bereits eine schriftliche Zusicherung nach § 38 VwVfG über die zu erwartende Bescheinigung geben. Eine verbindliche Auskunft über die voraussichtliche Bemessungsgrundlage der Steuervergünstigung kann nur die zuständige Finanzbehörde bei Vorliegen einer schriftlichen Zusicherung der Bescheinigungsbehörde über den zu erwartenden Inhalt der Bescheinigung unter den allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft durch die Finanzbehörden geben.
Die schriftliche Zusicherung hat den Hinweis zu enthalten, dass allein die zuständige Finanzbehörde prüft, ob steuerlich begünstigte Aufwendungen für Herstellungs- oder Erhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 10g EStG oder hiernach nicht begünstigte andere Kosten vorliegen.
Die Zusicherung ist keine Bescheinigung im Sinne des § 10g Abs. 3 EStG. Sie ist nicht zur Vorlage geeignet, um die Steuerbegünstigung in Anspruch zu nehmen.
2. Kulturgüter im Sinne des § 10g Abs. 1 Satz 2 EStG
2.1 Prüfungsumfang der Bescheinigungsbehörde
Die zuständige Behörde hat zu bescheinigen, dass
- das Gebäude oder der Gebäudeteil nach § 2 des Hessischen Denkmalschutzgesetzes (HDSchG) ein Kulturdenkmal ist,
- die gärtnerische, bauliche oder sonstige Anlage, die kein Gebäude oder Gebäudeteil ist, nach § 2 HDSchG unter Schutz steht,
Mobiliar, Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken oder Archive
- sich seit mindestens 20 Jahren im Besitz der Familie des Steuerpflichtigen befinden oder
- als nationales Kulturgut in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes nach § 7 Abs. 1 des Kulturgutschutzgesetzes vom 31.7.2016 (BGBl 2...