Leitsatz
1. Art. 36 Abs. 2 VO Nr. 515/97 gilt auch für die Erteilung einer Auskunft darüber, ob eine natürliche oder juristische Person oder eine Personenmehrheit in der aufgrund der VO Nr. 1469/95 geführten "Schwarzen Liste" eingetragen ist.
2. Bei verstärkten Kontrollen der Geschäfte des Marktbeteiligten nach Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a VO Nr. 1469/95, die wegen einer Eintragung in die aufgrund der VO Nr. 1469/95 geführten "Schwarzen Liste" durchgeführt werden, handelt es sich um Maßnahmen zur Feststellung und Unterrichtung i.S.d. Art. 36 Abs. 2 Unterabs. 2 VO Nr. 515/97. Eine Eintragung in die "Schwarze Liste" stellt eine verdeckte Registrierung des Marktbeteiligten i.S.d. Art. 36 Abs. 2 Unterabs. 2 VO Nr. 515/97 dar.
3. Nach Art. 36 Abs. 2 Unterabs. 2 VO Nr. 515/97 ist eine Auskunftserteilung zu versagen, die sich nur auf den dort angesprochenen Zeitraum der Durchführung von Maßnahmen zum Zweck der Feststellung und Unterrichtung oder der verdeckten Registrierung beziehen kann.
4. Ein Marktbeteiligter hat auch nach einzelstaatlichem Recht regelmäßig keinen Anspruch auf die Erteilung einer Auskunft darüber, ob er in der aufgrund der VO Nr. 1469/95 geführten "Schwarzen Liste" eingetragen ist und deshalb verstärkte Kontrollen seiner Geschäfte nach Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a VO Nr. 1469/95 durchgeführt werden.
Normenkette
Art. 1 Abs. 2 VO Nr. 1469/95 , Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a VO Nr. 1469/95 , Art. 4 Abs. 1 Buchst. a VO Nr. 1469/95 , Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 5 VO Nr. 1469/95 , Art. 36 Abs. 2 Unterabs. 2 VO Nr. 1469/95 , Art. 42 VO Nr. 515/97 , Art. 2 Abs. 1 GG , Art. 19 Abs. 4 GG , § 3 Abs. 1 BDSG , § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG , § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG
Sachverhalt
Ein Exporteur beantragte, ihm Auskunft zu erteilen, ob er in der sog. "Schwarzen Liste" eingetragen sei, die nach der Verordnung (EG) Nr. 1469/95 über Vorkehrungen gegenüber bestimmten Begünstigten der vom EAGFL finanzierten Maßnahmen geführt wird. Er wollte auch wissen, ob ihm gegenüber Maßnahmen nach Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 1469/95, insbesondere eine Anordnung verstärkter Kontrollen getroffen worden seien. Diese Auskünfte lehnte das HZA ab.
Entscheidung
Der BFH hat den Anspruch unter Hinweis auf Art. 36 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 515/97 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission im Hinblick auf die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und der Agrarregelung verneint, die kraft Verweisung anwendbar sei. Danach seien Auskünfte über personenbezogene Daten während des Zeitraums zu verweigern, währenddessen Maßnahmen zum Zweck der Feststellung und Unterrichtung oder der verdeckten Registrierung durchgeführt werden. Verstärkte Kontrollen nach Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a VO Nr. 1469/95 zielten darauf ab, Marktbeteiligte, bei denen das Risiko der Unzuverlässigkeit besteht, als solche zu identifizieren; folglich handele es sich um eine solche Maßnahme. Die Eintragung in die "Schwarze Liste" stelle zudem eine verdeckte Registrierung des Marktbeteiligten dar.
Überdies habe das HZA seine ablehnende Entscheidung jedenfalls zu Recht auf § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG gestützt. Verstärkte Kontrollen der Geschäfte eines Marktbeteiligten nach Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a VO Nr. 1469/95 dürften nicht durch eine Auskunftserteilung über eine Eintragung in die "Schwarze Liste" gleichsam vorangekündigt werden, so dass der betreffende Marktbeteiligte mit ihnen rechnen und sich von vornherein auf sie einstellen könne.
Hinweis
Aus § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG ergeben sich nur Ansprüche auf Auskunft hinsichtlich der zu einer natürlichen Person gespeicherten Daten. Die Verhältnisse von juristischen Personen oder Personenmehrheiten, wie im Streitfall einer Handelsgesellschaft, unterfallen insoweit nicht dem BDSG.
Nach § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG unterbleibt die Auskunftserteilung, soweit die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben gefährden würde und deswegen das Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung zurücktreten muss. Letzteres hat der BFH bei der sog. "Schwarzen Liste" angenommen. Dass diese überhaupt keinen Sinn mehr hätte, wenn man über sie Auskunft erhalten könnte, ist eine gelinde Übertreibung; aber ihre Wirkung würde entscheidend geschwächt, ohne dass wirklich ganz gewichtige Interessen des Marktbeteiligten anzuerkennen sind, solche Auskunft zu erhalten.
Die Gewährleistung des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) bezieht sich in erster Linie (der BFH meint sogar: nur) auf die Ausgestaltung eines sich aus einfachgesetzlichen Rechtsnormen ergebenden Rechtsschutzes. Unmittelbar aus dieser Gewährleistung können Sie daher ein Auskunftsrecht nicht herleiten (vgl. BVerwG, Urteil in BVerwGE 84, 375, 378).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.7.2003, VII R 66/02