Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 473
Nach § 15a Abs. 10 UStG wird der für die einzelnen Berichtigungsobjekte maßgebliche Berichtigungszeitraum nicht unterbrochen. Dies bedeutet, dass der Erwerber die Berichtigungszeiträume des Veräußerers übernimmt und entsprechend der bei ihm bis zum jeweiligen Ende des Berichtigungszeitraums vorhandenen Verwendung eine Berichtigung zu seinen Gunsten oder zu seinen Lasten vornehmen muss.
Rz. 474
Für die Anwendung der Vorsteuerberichtigung ist es unerheblich, ob es sich um einen Gegenstand handelt, der nicht nur einmalig für Ausgangsleistungen verwendet wird (§ 15a Abs. 1 UStG), um Gegenstände, die nur einmalig für Ausgangsleistungen verwendet werden – i. d. R. Umlaufvermögen, um Arbeiten an Gegenständen oder ob es sich um sonstige Leistungen handelt.
Rz. 475
Insbesondere bei Immobilienobjekten bestehen für den Erwerber erhebliche Risiken wegen des zehnjährigen Vorsteuerberichtigungszeitraums. Dabei kommt es nicht nur auf die Behandlung der aus der Anschaffung oder Herstellung des Objekts resultierenden USt an. Auch aus umfangreichen Instandhaltungen oder nachträglichen Herstellungskosten können sich eigenständige Berichtigungsobjekte ergeben, die bei einer Nutzungsänderung durch den Erwerber bei ihm zu einer Vorsteuerberichtigung führen.
Vorsteuerberichtigung durch Rechtsnachfolger
Immobilienbesitzer I hatte zum 1.1.2017 ein von ihm errichtetes Gebäude erstmalig für Vermietungszwecke verwendet. Wegen geplanter 50 %iger steuerpflichtiger Nutzung hat I aus der ihm aus der Bauphase berechneten USt von 480.000 EUR insgesamt 240.000 EUR abgezogen. Nach einem Brand in der Heizung musste I zum 28.6.2020 eine neue und noch umweltschonendere Heizung für 50.000 EUR zuzüglich 9.500 EUR USt einbauen. Da das Gebäude zu diesem Zeitpunkt zu 60 % für steuerpflichtige Vermietungsumsätze verwendet wurde, zog er 5.700 EUR als Vorsteuer ab. Zum 1.1.2024 veräußert I das Gebäude an den Erwerber E.
Die Veräußerung der Immobilie ist eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG. E tritt in die Rechtsposition des I ein und muss dessen Vorsteuerberichtigungszeiträume fortsetzen. Aus der Errichtung des Gebäudes ergibt sich nach § 15a Abs. 1 S. 2 UStG ein zehnjähriger Berichtigungszeitraum (1.1.2017 – 31.12.2026), den E übernimmt. Auch aus der Heizungserneuerung ergibt sich ein zehnjähriger Berichtigungszeitraum nach § 15a Abs. 3 i. V. m. § 15a Abs. 1 S. 2 UStG (1.7.2020 – 30.6.2030), den E ebenfalls übernimmt. Soweit sich innerhalb der Berichtigungszeiträume Veränderungen zu den jeweils zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs maßgebenden Verhältnissen ergeben (z. B. durch Änderung in den Mietverhältnissen), muss E – sowohl zu seinen Gunsten als auch zu seinen Lasten – eine Vorsteuerberichtigung vornehmen.
Rz. 476
Damit der Erwerber die Voraussetzungen für die Vorsteuerberichtigung auch zutreffend ermitteln kann, ist nach § 15a Abs. 10 S. 2 UStG der Veräußerer verpflichtet, dem Erwerber die für die Durchführung der Berichtigung erforderlichen Angaben zu machen. Allerdings handelt es sich dabei um eine rein zivilrechtlich wirkende Verpflichtung für den Veräußerer, aus der sich unmittelbar keine umsatzsteuerrechtlichen Folgen ableiten lassen. Gem. einer Verfügung der OFD Karlsruhe gehören zu den Informationen, die der Veräußerer dem Erwerber mitzuteilen hat, insbesondere:
- die insgesamt für die Anschaffung oder Herstellung angefallene Vorsteuer,
- der Beginn der erstmaligen Verwendung des Gegenstands,
- der Prozentsatz der vorsteuerunschädlichen Nutzung im Kj. der erstmaligen Verwendung sowie
- die zugrunde gelegte Nutzungsdauer.
Rz. 477
Eine Vorsteuerberichtigung kann sich für den Erwerber u. U. auch für Jahre ergeben, die vor dem Jahr der Geschäftsveräußerung liegen. Dies kann insbesondere dann vorliegen, wenn durch nachträgliche Verkürzung des Berichtigungszeitraums (z. B. wegen Zerstörung eines Wirtschaftsguts) eine Neuberechnung der Vorsteuerberichtigungsbeträge auch der Vorjahre notwendig ist.