Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
7.1 Grundsätze
Rz. 481
Nur ein im Inland ausgeführter Umsatz kann steuerbar sein. Dabei ist nicht zu unterscheiden, ob es sich um einen Leistungsaustausch nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG handelt, ob eine Einfuhr nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG oder ein innergemeinschaftlicher Erwerb nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG vorliegt. Nur in besonderen Ausnahmefällen kann in den in § 1 Abs. 3 UStG genannten Fällen ein außerhalb des Inlands i. S. d. Gesetzes ausgeführter Umsatz zu einem steuerbaren Umsatz führen.
Rz. 482
Grundsätzlich gilt das UStG im Geltungsbereich des Grundgesetzes, der Anwendungsbereich der Folgen des UStG wird aber auf das über § 1 Abs. 2 UStG definierte Gebiet beschränkt. Dabei gibt § 1 Abs. 2 UStG nur den gesetzlichen Rahmen für die Rechtsfolge des steuerbaren Umsatzes vor, wo sich der Ort der Leistung oder des innergemeinschaftlichen Erwerbs befindet, wird über die Regelungen zur Ortsbestimmung (§ 3 Abs. 6 bis Abs. 8, § 3a bis § 3g UStG) bestimmt.
Rz. 483
Über § 1 Abs. 2 und § 1 Abs. 2a UStG sind die Begriffe:
- Inland
- Ausland
- Gemeinschaftsgebiet
- übriges Gemeinschaftsgebiet
- Drittlandsgebiet
voneinander abzugrenzen. Schematisch lassen sich die Begriffe wie folgt voneinander abgrenzen:
Erde zuzüglich Weltall |
Inland |
Ausland |
Gemeinschaftsgebiet |
Drittlandsgebiet |
|
übriges Gemeinschaftsgebiet |
|
Rz. 484
Die Begriffsdefinitionen des § 1 Abs. 2 und Abs. 2a UStG haben ihre Bedeutung nicht nur für die territoriale Abgrenzung und für die Bestimmung, ob es sich um einen steuerbaren Umsatz handelt. Auch in den weiteren Abschnitten des UStG wird auf diese verbindlichen Definitionen zurückgegriffen.
7.2 Inland nach § 1 Abs. 2 UStG
Rz. 485
§ 1 Abs. 2 S. 1 UStG definiert den Anwendungsbereich des UStG quasi mathematisch:
Gebiet der Bundesrepublik Deutschland
./. Gebiet der Gemeinde Büsingen
./. Insel Helgoland
./. Freizonen i. S. d. Art. 243 UZK (Freihäfen)
./. Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie
./. deutsche Schiffe und Luftfahrzeuge außerhalb von Zollgebieten
= Inland i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 1 UStG
7.2.1 Gebiet der Bundesrepublik Deutschland
Rz. 486
Der Inlandsbegriff wird ausgehend vom Gebiet der Bundesrepublik Deutschland definiert. Dabei ist im UStG selbst keine weitergehende Definition zum Gebiet der Bundesrepublik Deutschland enthalten. Es muss insoweit von dem Gebiet i. S. d. Völkerrechts ausgegangen werden. Die Staatsgrenzen bestimmen sich dabei durch die mit den Nachbarländern geschlossenen Verträge. Danach ergibt sich im Wesentlichen folgende Rechtslage:
Land |
Vertrag |
Regelung |
Belgien |
Vertrag v. 24.9.1956 |
Berichtigung der deutsch-belgischen Grenze |
Vertrag v. 26.3.1982 |
Berichtigung der deutsch-belgischen Grenze im Bereich der Grenzgewässer Breitenbach/Schwarzbach, Kreise Aachen/Malmedy |
Dänemark |
Vertrag v. 10.4.1922 |
Grenzfestlegung |
Frankreich |
Vertrag v. 14.8.1925 |
Grenzfestlegung |
Vertrag v. 27.10.1956 |
Ausbau Oberrhein zwischen Basel und Straßburg |
Vertrag v. 31.7.1962 |
formale Umsetzung der Grenzberichtigungen |
Bonner Verträge |
Grenzberichtigungen; Beendigung des Besatzungsregimes |
Vertrag v. 4.7.1969 |
Ausbau des Rheins zwischen Kehl/Straßburg und Neuburgweier/Lauterburg |
Luxemburg |
Vertrag v. 19.12.1984 |
Bestätigung des Grenzvertrags zwischen Preußen und den Niederlanden v. 26.6.1816 |
Niederlande |
Vertrag v. 8.4.1960 |
Grenzvertrag, Verlauf gemeinsamer Landesgrenze sowie Ems-Dollart-Vertrag |
Zusatzabkommen v. 14.5.1962 |
Zusatz zum Ems-Dollart-Vertrag |
Abkommen v. 17.11.1975 |
Änderung des Ems-Dollart-Vertrags |
Vertrag v. 30.10.1980 |
Grenzberichtigung mit dem Austausch diverser Gebiete (Erster Grenzberichtigungsvertrag) |
Vertrag v. 10.9.1984 |
Kooperationsvertrag zum Gebiet Ems-Dollart |
Vertrag v. 24.10.2014 |
Ems-Dollart-Vertrag über die Zuständigkeit und Nutzungsrechte in dem dortigen Küstenmeer zwischen 3 und 12 Seemeilen |
Österreich |
Vertrag v. 29.2.1972 |
Festlegung der Staatsgrenze |
Vertrag v. 20.4.1977 |
Grenzabschnitte Dreieckmark-Dandlbachmündung und Scheidelberg-Bodensee sowie Befugnisse der Grenzkommission |
Vertrag v. 3.4.1989 |
Grenzabschnitte Scheidelberg-Bodensee, Dreieckmark-Dandlbachmündung und Saalach-Scheidelberg |
Polen |
Vertrag v. 14.11.1990 |
Bestätigung der bestehenden Grenze |
Schweiz |
Vertrag v. 23.11.1964; der Vertrag trat am 4.10.1967 in Kraft |
Grenzbereinigung am Rheinfall Konstanz/Neuhausen sowie Gebiet Büttenhardter Höfe |
Tschechien |
Vertrag v. 27.2.1992 |
Grenzregelung im Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit |
Rz. 487
An der Nord- und Ostseeküste ist das Staatsgebiet durch die 12-Seemeilengrenze begrenzt. Die Seemeilengrenze war durch Proklamation der Bundesregierung zum 1.1.1995 von früher 3 Seemeilen auf 12 Seemeilen ausgeweitet worden. Die seemäßige Abgrenzung des Küstenmeeres der Bundesrepublik Deutschland in der Nordsee verläuft in einem Abstand von 12 Seemeilen, gemessen von der Niedrigwasserlinie und den geraden Basislinien. Die bestehende deutsche Tie...