Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 486
Der Inlandsbegriff wird ausgehend vom Gebiet der Bundesrepublik Deutschland definiert. Dabei ist im UStG selbst keine weitergehende Definition zum Gebiet der Bundesrepublik Deutschland enthalten. Es muss insoweit von dem Gebiet i. S. d. Völkerrechts ausgegangen werden. Die Staatsgrenzen bestimmen sich dabei durch die mit den Nachbarländern geschlossenen Verträge. Danach ergibt sich im Wesentlichen folgende Rechtslage:
Land |
Vertrag |
Regelung |
Belgien |
Vertrag v. 24.9.1956 |
Berichtigung der deutsch-belgischen Grenze |
Vertrag v. 26.3.1982 |
Berichtigung der deutsch-belgischen Grenze im Bereich der Grenzgewässer Breitenbach/Schwarzbach, Kreise Aachen/Malmedy |
Dänemark |
Vertrag v. 10.4.1922 |
Grenzfestlegung |
Frankreich |
Vertrag v. 14.8.1925 |
Grenzfestlegung |
Vertrag v. 27.10.1956 |
Ausbau Oberrhein zwischen Basel und Straßburg |
Vertrag v. 31.7.1962 |
formale Umsetzung der Grenzberichtigungen |
Bonner Verträge |
Grenzberichtigungen; Beendigung des Besatzungsregimes |
Vertrag v. 4.7.1969 |
Ausbau des Rheins zwischen Kehl/Straßburg und Neuburgweier/Lauterburg |
Luxemburg |
Vertrag v. 19.12.1984 |
Bestätigung des Grenzvertrags zwischen Preußen und den Niederlanden v. 26.6.1816 |
Niederlande |
Vertrag v. 8.4.1960 |
Grenzvertrag, Verlauf gemeinsamer Landesgrenze sowie Ems-Dollart-Vertrag |
Zusatzabkommen v. 14.5.1962 |
Zusatz zum Ems-Dollart-Vertrag |
Abkommen v. 17.11.1975 |
Änderung des Ems-Dollart-Vertrags |
Vertrag v. 30.10.1980 |
Grenzberichtigung mit dem Austausch diverser Gebiete (Erster Grenzberichtigungsvertrag) |
Vertrag v. 10.9.1984 |
Kooperationsvertrag zum Gebiet Ems-Dollart |
Vertrag v. 24.10.2014 |
Ems-Dollart-Vertrag über die Zuständigkeit und Nutzungsrechte in dem dortigen Küstenmeer zwischen 3 und 12 Seemeilen |
Österreich |
Vertrag v. 29.2.1972 |
Festlegung der Staatsgrenze |
Vertrag v. 20.4.1977 |
Grenzabschnitte Dreieckmark-Dandlbachmündung und Scheidelberg-Bodensee sowie Befugnisse der Grenzkommission |
Vertrag v. 3.4.1989 |
Grenzabschnitte Scheidelberg-Bodensee, Dreieckmark-Dandlbachmündung und Saalach-Scheidelberg |
Polen |
Vertrag v. 14.11.1990 |
Bestätigung der bestehenden Grenze |
Schweiz |
Vertrag v. 23.11.1964; der Vertrag trat am 4.10.1967 in Kraft |
Grenzbereinigung am Rheinfall Konstanz/Neuhausen sowie Gebiet Büttenhardter Höfe |
Tschechien |
Vertrag v. 27.2.1992 |
Grenzregelung im Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit |
Rz. 487
An der Nord- und Ostseeküste ist das Staatsgebiet durch die 12-Seemeilengrenze begrenzt. Die Seemeilengrenze war durch Proklamation der Bundesregierung zum 1.1.1995 von früher 3 Seemeilen auf 12 Seemeilen ausgeweitet worden. Die seemäßige Abgrenzung des Küstenmeeres der Bundesrepublik Deutschland in der Nordsee verläuft in einem Abstand von 12 Seemeilen, gemessen von der Niedrigwasserlinie und den geraden Basislinien. Die bestehende deutsche Tiefwasserreede (südwestlich von Helgoland) bleibt Bestandteil des deutschen Küstenmeers, obwohl sie außerhalb der 12-Seemeilenzone liegt. Dies steht in Übereinstimmung mit Art. 12 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen, wonach Reeden, die üblicherweise zum Laden, Entladen und Ankern von Schiffen dienen, in das Küstenmeer einbezogen werden, wenn sie ganz oder teilweise außerhalb der seewärtigen Grenze des Küstenmeers liegen. In der Ostsee ist die seewärtige Begrenzung des Küstenmeers durch eine in der Proklamation der Bundesregierung genau beschriebene Verbindungslinie festgelegter Punkte (Breite und Länge des Europäischen Bezugssystems) definiert, die regelmäßig deutlich weniger als 12 Seemeilen von der Basislinie entfernt ist.
Rz. 488
Das Küstenmeer beinhaltet nicht die Eigengewässer an der Küste, sondern nur die Gebiete ab der sog. Basislinie bis zur 12-Seemeilengrenze. Vereinfacht ergibt sich folgende Abgrenzung:
- Festland (trockenes Land): Gebiet bis zum Erreichen der Strandlinie.
- Basislinie: Regelmäßig die in Seekarten eingetragene Niedrigwasserlinie. Besonderheiten ergeben sich bei Einbuchtungen und Einschnitten nach Art. 7 Seerechtsübereinkommen.
- Innere Gewässer (Eigengewässer): Zu den inneren Gewässern zählen die landwärts von der Basislinie gelegenen Gewässer.
- Küstenmeer: Gebiet von der Basislinie bis zu max. 12 Seemeilen seewärts der Basislinie.
- Hohe See: Gebiet seewärts des Küstenmeeres; die Hohe See gehört nicht zu dem Hoheitsbereich eines Staats.
Obwohl das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland auch das Küstenmeer mit umfasst (bis zur 12-Seemeilengrenze), ergeben sich für das Gebiet ab der Strandlinie bis zur 12-Seemeilengrenze Sonderregelungen, da dieser "Küstenstreifen" aus dem Anwendungsbereich des UStG ausgenommen ist (Rz. 530ff.).
Rz. 489
Flüsse, Kanäle, Binnenseen, Häfen und Meeresbuchten, die vollständig vom deutschen Staatsgebiet umschlossen sind, gehören zum Inland i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 1 UStG. Besonderheiten bestehen bei Grenzgewässern. Hier können sowohl allgemeine staatsrechtliche Grundsätze als auch bilaterale Abkommen zur Anwendung kommen....