Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 576
Unentgeltliche Lieferungen nach § 3 Abs. 1b UStG sowie unentgeltliche sonstige Leistungen nach § 3 Abs. 9a UStG, die in den Freihäfen (Freizone i. S. d. Art. 243 UZK) oder in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie ausgeführt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln (§ 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 UStG). Voraussetzung für die Anwendung der Regelung ist ausschließlich, dass ein Unternehmer in den genannten Gebieten einen Steuertatbestand nach § 3 Abs. 1b oder Abs. 9a UStG verwirklicht.
Rz. 577
Die Regelung ist mWv 1.4.1999 durch das StEntlGesetz 1999/2000/2002 in die derzeitige Fassung gebracht worden. Bis 31.3.1999 unterlagen der "Eigenverbrauch" in den genannten Gebieten der Besteuerung nach § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 UStG. Nachdem die Eigenverbrauchstatbestände des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG a. F. aufgehoben und durch die als entgeltliche Leistungen geltenden Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG ersetzt worden waren, wurde die Formulierung in § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 UStG entsprechend verändert. Eine inhaltliche Änderung war damit nicht verbunden.
Rz. 578
Führt der Unternehmer eine einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellte Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 UStG aus, bestimmte sich der Ort der Wertabgabe bis 17.12.2019 nach § 3f UStG und war dort, wo der Unternehmer sein Unternehmen betrieb oder eine die Leistung abgebende Betriebsstätte unterhielt. Soweit dies in den in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebieten erfolgte, wäre die unentgeltliche Wertabgabe nicht steuerbar gewesen, da der Leistungsort nicht im Inland lag. Durch § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 UStG wurde diese unentgeltliche Wertabgabe aber wie ein Umsatz im Inland behandelt, sodass ein unbesteuerter Letztverbrauch verhindert wurde. Zum 18.12.2019 wurde die Regelung des § 3f UStG zur Bestimmung des Orts der unentgeltlichen Wertabgabe ersatzlos aufgehoben. Seit diesem Zeitpunkt ist der Ort einer unentgeltlichen Wertabgabe analog den Vorschriften für entgeltliche Lieferungen zu bestimmen. Ist der Ort einer unentgeltlichen Wertabgabe eines Gegenstands danach im Freihafen, wäre diese Lieferung nicht steuerbar, da der Ort sich nicht im Inland i. S. d. § 1 Abs. 2 UStG befindet. Durch § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 UStG wird diese unentgeltliche Lieferung unter den weiteren Bedingungen aber wie ein Umsatz im Inland behandelt.
Rz. 579
Damit es zu einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b S. 1 UStG kommen kann, muss eine Leistung dem Unternehmen zugeordnet und dann aus dem Unternehmen endgültig abgegeben worden sein. Weiterhin muss der Unternehmer bei dem Leistungsbezug aus dem erworbenen Gegenstand oder seinen Bestandteilen ganz oder teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen sein (§ 3 Abs. 1b S. 2 UStG). Darüber hinaus darf der Gegenstand nicht ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b UStG erworben worden sein; soweit dies vorliegen würde, wäre der Unternehmer gleich bei Leistungsbezug vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.
Rz. 580
Eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a UStG war bis 17.12.2019 ebenfalls dort ausgeführt, wo der Unternehmer sein Unternehmen betrieb oder eine die Leistung abgebende Betriebsstätte unterhielt (§ 3f UStG). Zum 18.12.2019 wurde die Regelung des § 3f UStG zur Bestimmung des Orts der unentgeltlichen Wertabgabe ersatzlos aufgehoben. Seit diesem Zeitpunkt ist der Ort einer unentgeltlichen sonstigen Leistung analog den Vorschriften für entgeltliche sonstige Leistungen zu bestimmen. Verwendet der Unternehmer einen Gegenstand des Unternehmens für Zwecke, die außerhalb seines Unternehmens liegen (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG), muss der Unternehmer bei Leistungsbezug zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen sein. Bei der Ausführung anderer sonstiger Leistung für unternehmensfremde Zwecke (§ 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG) ist der Vorsteuerabzug nicht Voraussetzung. Soweit der Unternehmer eine Leistung bezogen hat, die er ausschließlich oder unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe verwenden will, ist der Unternehmer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, eine unentgeltliche Wertabgabe kann dann nicht der Besteuerung unterliegen.