Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 427
Bei der Hingabe an Zahlungs statt wird anstelle der eigentlich geschuldeten Leistung eine andere erbracht. Mit deren Annahme erlischt die Verpflichtung zur Erfüllung der eigentlich geschuldeten Leistung, ist also die Gegenleistung erbracht. Hierin unterscheidet sich die Hingabe an Zahlungs statt von der Hingabe zahlungshalber. Bei Letzterer wird eine andere als die an sich geschuldete Leistung bei Bestehenbleiben der eigentlichen Schuld als Erfüllungsversuch erbracht. Wenn und soweit die Verwertung der erfüllungshalber hingegebenen Leistung (z. B. Wechselhingabe) durch den Gläubiger den geschuldeten Betrag erbringt, tritt eine Erfüllungswirkung ein. Es verbleibt in diesen Fällen bei den Regeln zum Entgelt als Bemessungsgrundlage und zu deren Minderung (Rz. 66 ff., 158).
Rz. 428
§ 10 Abs. 2 S. 2 UStG regelt die Bemessungsgrundlage für die Leistung eines Unternehmers, deren Gegenleistung durch Hingabe an Zahlungs statt erfüllt wird. Die Vorschrift ist nicht ganz eindeutig und könnte auch auf eine Leistung des Unternehmers bezogen werden, die in dem Verzicht auf die eigentliche Geldforderung bei Annahme der Leistung an Zahlungs statt besteht. Dieses wäre, wenn darin überhaupt ein Umsatz mit Leistungsaustausch gesehen werden könnte, ein tauschähnlicher Umsatz, für den eine besondere Regelung überflüssig wäre.
Rz. 429
Da die Vorschrift von einer Hingabe an Zahlungs statt und nicht an Erfüllungs statt spricht, befasst sie sich nach ihrem Wortlaut nur mit den Fällen, in denen eine Lieferung oder sonstige Leistung gegen Geld vereinbart worden ist und an sich nach § 10 Abs. 1 UStG mit dem Entgelt zu bemessen ist. An die Stelle des Geldbetrags tritt dann ganz oder teilweise eine Lieferung oder sonstige Leistung. In diesen Fällen tritt als Bemessungsgrundlage der Wert der an Zahlungs statt erbrachten Lieferung oder sonstigen Leistung an die Stelle des Entgelts. Für die Bemessung gelten also die Regeln zum Tausch (Rz. 404 – Rz. 406) und zum tauschähnlichen Umsatz (Rz. 417 ff., 426). In dem Fall, in dem bereits anfänglich eine Lieferung oder sonstige Leistung an Erfüllungs statt geschuldet wurde und eine andere Lieferung oder sonstige Leistung an Erfüllungs statt geleistet und angenommen wird, muss in entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 2 S. 2 UStG ebenfalls der Wert der letzteren Leistung als Bemessungsgrundlage gelten. Dies entspricht insoweit dann auch dem Grundgedanken des § 10 Abs. 1 S. 2 UStG, dass im Ergebnis das – und nur das – der Besteuerung unterliegen soll, was der leistende Unternehmer tatsächlich für die von ihm ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung erhalten hat oder erhalten soll. Es kann insoweit nicht darauf ankommen, ob ein Tausch (oder tauschähnlicher Umsatz) vereinbart worden war oder erst eine Zahlung in Geld dem Leistungsaustausch zugrunde lag und dann an Stelle der Geldzahlung eine Lieferung oder sonstige Leistung getreten ist.