Rz. 24

In der Verlagsbranche werden zunehmend sog. Produkt-Pakete mit unterschiedlichen Inhalten angeboten, auch als "Bundling" oder "Bundle Angebote" bezeichnet (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG Rz. 681d). Handelt es sich dabei um Pakete, deren Einzelkomponenten für sich gesehen unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen würden, stellt sich die Frage, auf welche Weise der zutreffende Steuersatz zu ermitteln ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn ein Verlag seinen Kunden ein Gesamtpaket anbietet, dass einerseits den Online-Zugriff auf Gesetzestexte, Bücher, Fachzeitschriften, Kommentare usw. erlaubt (begünstigt), dass andererseits darüber hinaus aber auch Elemente umfasst, die nicht begünstigt sind (Rz. 27). Um nicht begünstigte Elemente handelt es sich, wenn sie in ihrer Funktion über die gedruckten Bücher, Zeitungen oder Zeitschriften deutlich hinausgehen (Rz. 22) oder wenn sie auch Musik und Videos beinhalten oder Werbezwecken dienen (Rz. 16ff.). Insbesondere Datenbanken könnten hiervon betroffen sein.[1]

 

Rz. 25

Nach der Verwaltungsauffassung ist bei einem Angebot verschiedener kombinierter Produkte zu einem einheitlichen Entgelt (sog. Bundling-Angebot) nach den Grundsätzen des Abschn. 3.10 UStAE im Einzelfall zu entscheiden, ob eine einheitliche Leistung vorliegt, die einem einheitlichen Steuersatz unterliegt, oder ob ein Leistungsbündel gegeben ist, dessen einzelne Leistungsbestandteile separat zu betrachten sind und ggf. unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen.[2] Somit ist in diesen Fällen zunächst zu prüfen, ob die unterschiedlichen Leistungselemente im Verhältnis von Hauptleistung und Nebenleistung stehen (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG Rz. 110ff.). Bejaht man diese Frage und würden z. B. die begünstigten Elemente die Hauptleistung darstellen, die nicht begünstigten Elemente dagegen die Nebenleistung, würde das Gesamtpaket dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG unterliegen. Umgekehrt würde das Gesamtpaket dem allgemeinen Steuersatz unterliegen, wenn die nicht begünstigten Elemente als Hauptleistung und die begünstigten Elemente als Nebenleistung anzusehen wären. Maßgebend ist die Sicht des Durchschnittsverbrauchers.

 

Rz. 26

Ergibt die Prüfung allerdings, dass die begünstigten und die nicht begünstigten Leistungselemente aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers gleichberechtigt nebeneinander stehen, muss das Gesamtpaket aufgeteilt werden. Auf den Teil des Entgelts, der auf die begünstigten Erzeugnisse entfällt (z. B. den Online-Zugriff auf Gesetzestexte, Bücher, Zeitschriften, Fachzeitschriften, Kommentare), ist ab 18.12.2019 der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG anzuwenden. Dagegen unterliegt der Teil des Entgelts, der auf die nicht begünstigten Elemente entfällt, dem allgemeinen Steuersatz. Zum Aufteilungsmaßstab in diesen Fällen vgl. Rz. 23.

 

Rz. 27

Bei sog. Office-Paketen, die von Verlagen auch speziell im Bereich des Steuerrechts angeboten werden, ist die Verwaltung allerdings zugunsten der Verlage recht großzügig. Sie geht wohl im Regelfall davon aus, dass bei derartigen elektronischen Erzeugnissen die begünstigten Elemente überwiegen. Abschn. 12.17 Abs. 2 UStAE enthält folgendes Beispiel 2:

 
Praxis-Beispiel

Im Rahmen eines digitalen Office-Pakets bietet ein Verlag neben Kommentaren, Gerichtsurteilen, Aufsätzen, Gesetzestexten und Verordnungen auch Formulare zum Ausfüllen oder Tools wie Steuer- oder auch Mindestlohnrechner sowie e-Trainings, Generatoren und Online-Live-Seminare an. Sowohl bei der Anzahl der in der Datenbank enthaltenen Dateien als auch bei den abgerufenen Inhalten überwiegen die begünstigten Elemente (Kommentare, Gerichtsurteile, Aufsätze, Gesetzestexte, Verordnungen und Formulare).

Der Zugang zur Datenbank unterliegt insgesamt dem ermäßigten Steuersatz.

 

Rz. 28

Auch im Schulunterrichtsbereich zeigt sich die Verwaltung zugunsten der Schulbuchverlage großzügig. Bei derartigen elektronischen Produkten geht die Verwaltung wohl im Regelfall ebenfalls davon aus, dass die begünstigten Elemente überwiegen. Abschn. 12.17 Abs. 2 UStAE enthält hierzu folgendes Beispiel 4:

 
Praxis-Beispiel

Im Rahmen einer Plattform zur Bereitstellung von Lehr- und Lernmedien bietet ein Verlag neben Schulbüchern, Wörterbüchern, Enzyklopädien, Handreichungen für den Unterricht, Test- und Prüfungsbögen in Textform auch kurze Erklärvideos und Hörbeispiele oder Tools für das kollaborative digitale Lernen, bspw. Zuweisfunktionen von Aufgaben sowie Lernstandsanzeigen und Planer zur Unterrichtsgestaltung an.

Bei qualitativer/quantitativer Betrachtungsweise überwiegen die begünstigten Elemente (Schulbücher, Wörterbücher, Enzyklopädien, Handreichungen für den Unterricht, Test- und Prüfbögen in Textform). Der Zugang zur Datenbank unterliegt insgesamt dem ermäßigten Steuersatz.

[1] Sterzinger, UR 2020, 1, 17.

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