4.1 Grundsätze zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes und Nichtbeanstandungsregelungen
Rz. 17
Allgemein sind Gesetzesänderungen – soweit nichts anderes bestimmt ist – auf Umsätze anzuwenden, die ab dem Inkrafttreten der maßgeblichen Änderungsvorschriften ausgeführt werden (§ 27 Abs. 1 S. 1 UStG). Das Corona-Steuerhilfegesetz v. 19.6.2020 ist zwar am Tag nach der Verkündung im BGBl I 2020, 1385, somit am 30.6.2020 in Kraft getreten (Rz. 3). Im neuen § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG wird jedoch ausdrücklich etwas anderes bestimmt, nämlich dass lediglich die nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Damit ist der im zweiten Halbjahr 2020 geltende ermäßigte Steuersatz von 5 % erstmals auf Umsätze in Form von Speisenabgaben ab dem 1.7.2020 anzuwenden, der ermäßigte Steuersatz von 7 % auf derartige Umsätze in der Zeit vom 1.1.2021 bis 31.12.2023.
Rz. 18
Eine Restaurantdienstleistung ist grundsätzlich mit dem Servieren der Speisen am Tisch erbracht. Dies bedeutet eigentlich, dass am 30.6.2020 bis 24 Uhr servierte Speisen noch dem bis 30.6.2020 geltenden allgemeinen Steuersatz von 19 % unterliegen müssten. Im begleitenden BMF-Einführungsschreiben zur allgemeinen Absenkung der Steuersätze in der zweiten Jahreshälfte 2020 hatte die Verwaltung jedoch eine Vereinfachungsregelung für Umsätze in der Nacht vom 30.6. zum 1.7.2020 getroffen. Danach wurde es zur Vermeidung von Übergangsschwierigkeiten zugelassen, dass auf Bewirtungsleistungen (z. B. die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle, Tabakwarenlieferungen usw.) in der Nacht vom 30.6. auf den 1.7.2020 in Gaststätten, Hotels, Clubhäusern, Würstchenständen und ähnlichen Betrieben die ab dem 1.7.2020 geltenden Steuersätze von 5 % (ermäßigter Steuersatz) bzw. 16 % (allgemeiner Steuersatz) angewandt werden. Diese Vereinfachungsregelung galt jedoch nicht für Beherbergungen (Übernachtungen) und damit zusammenhängende Leistungen.
Eine weitere Vereinfachungsregelung hatte die Verwaltung für den Jahreswechsel 2020/2021 getroffen. Danach konnten auf die Restaurantdienstleistungen in der Silvesternacht 2020 bis zur Schließung der Lokale in der Neujahrsnacht am 1.1.2021 noch die Steuersätze von 16 % (Getränke) und 5 % (Speisen) angewendet werden. Auch beim Auslaufen der ermäßigten Besteuerung von Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen zum 31.12.2023 hat die Verwaltung für den Jahreswechsel 2023/2024 eine Nichtbeanstandungsregelung getroffen. Danach wurde es zur Vermeidung von Übergangsschwierigkeiten zugelassen, dass auf Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken, die in der Nacht vom 31.12.2023 zum 1.1.2024 ausgeführt wurden, der bis zum 31.12.2023 geltende ermäßigte Steuersatz von 7 % angewandt wird.
4.2 Steuerliche Behandlung von An- und Vorauszahlungen
Rz. 19
Gastwirte usw., die ihre Umsätze nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG) besteuern (sog. Ist-Besteuerung) müssen An- und Vorauszahlungen für spätere Umsätze im Zeitpunkt des Geldeingangs versteuern. Aber auch Gastwirte, die ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten besteuern (sog. Soll-Besteuerung), müssen An- oder Vorauszahlungen für spätere Restaurantdienstleistungen bereits im USt-Voranmeldungszeitraum der Vereinnahmung des Geldes der Umsatzsteuer unterwerfen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4 UStG). Auch wenn Kunden (Gäste) An- und Vorauszahlungen geleistet haben, müssen Restaurantdienstleistungen nach den Verhältnissen besteuert werden, die zum Zeitpunkt der Erbringung der tatsächlichen Leistung maßgebend sind (§ 27 Abs. 1 S. 2 UStG). Die USt für die An- und Vorauszahlungen ist für den USt-Voranmeldungszeitraum zu berichtigen, in dem die sonstige Leistung tatsächlich ausgeführt wird (§ 27 Abs. 1 S. 3 UStG). Somit kann ein Gastwirt, der eine An- oder Vorauszahlung für eine Restaurantdienstleistung vor dem 1.7.2020 bei deren Vereinnahmung dem allgemeinen Steuersatz von 19 % unterworfen hat, eine Berichtigung vornehmen, wenn seine Leistung in der Zeit vom 1.7.2020 bis 31.12.2023 tatsächlich erbracht wird.
Für eine im Oktober 2020 geplante Hochzeitsfeier hatte ein Gastwirt im April 2020 eine Anzahlung von 2.000 EUR erhalten. Weil zum Zeitpunkt der Vereinnahmung der Anzahlung davon auszugehen war, dass bei der Hochzeitsfeier ausschließlich Umsätze zum allgemeinen Steuersatz von seinerzeit 19 % erbracht würden, meldete der Gastwirt in der USt-Voranmeldung für April 2020 den Nettoumsatz von 1.680,67 EUR und die darauf entfallende USt zum allgemeinen Steuersatz von 19 % mit 319,33 EUR an. Bei der Hochzeitsfeier im Oktober 2020 erzielte er tatsächlich Umsätze aus der Abgabe von Getränken von netto 2.000 EUR und aus der Abgabe von Speisen von netto 4.000 EUR.
Da bei der Hochzeitsfeier im Oktober 2020 sowohl Umsätze zum ermäßigten...