1 Entstehung und Bedeutung der Vorschrift
1.1 Entstehung der Vorschrift
Rz. 1
§ 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG regelt, dass auf Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen in der Zeit vom 1.7.2020 bis 31.12.2023 der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist. Hintergrund für diese zunächst auf insgesamt ein Jahr befristete Steuerermäßigung war die schwierige Lage der Gastronomie, die auf die wegen der Corona-Krise (COVID-19-Pandemie) ab März 2020 behördlich verfügten etwa zweimonatigen Komplettschließungen von Restaurants und Gaststätten sowie der anschließenden Sitzplatzbeschränkungen und Hygienemaßnahmen zurückging. Hierdurch waren die Gästezahlen und damit auch die Umsätze in der Gastronomie dramatisch eingebrochen. Einige Gastronomen erzielten in dieser Zeit überhaupt keine Umsätze. Als steuerliche Entlastungsmaßnahme für die Branche hat der Gesetzgeber zunächst durch das (Erste) Corona-Steuerhilfegesetz eine zeitlich befristete Steuerermäßigung für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen eingeführt. Die ursprüngliche Befristung der Maßnahme bis 30.6.2021 wurde zunächst durch das Dritte Corona-Steuerhilfegesetz bis zum 31.12.2022 verlängert. Da sich viele Gastronomiebetriebe auch im Jahr 2022 noch nicht von den Betriebsschließungen und Einschränkungen aufgrund der Corona-Krise erholt hatten, folgte eine weitere Verlängerung der Maßnahme um ein Jahr bis zum 31.12.2023. Obwohl sich sowohl die betroffenen Verbände als auch Oppositionsparteien im Deutschen Bundestag sowie die der Regierung angehörige FDP vehement für eine weitere Verlängerung der Steuerermäßigung eingesetzt hatten (Rz. 3i ff.), lief die Maßnahme zum 31.12.2023 aus.
Die zeitlich befristete Begünstigung der Gastronomieumsätze geschah technisch durch Anfügung einer neuen Nr. 15 an § 12 Abs. 2 UStG. Begünstigt wurde durch die 3 Gesetzgebungsmaßnahmen allerdings nur die Speisenabgabe. Auf die Abgabe von alkoholischen und nicht-alkoholischen Getränken war auch im Zeitraum vom 1.7.2020 bis 31.12.2023 weiterhin der allgemeine Steuersatz anzuwenden.
Rz. 2
Für alle Beteiligten überraschend hatte die bis Dezember 2021 amtierende Regierungskoalition von CDU, CSU und SPD am 3.6.2020 beschlossen, im Rahmen ihres Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets zur Stärkung der Binnennachfrage – befristet auf das zweite Halbjahr 2020 – den allgemeinen Steuersatz von 19 % auf 16 % und den ermäßigten Steuersatz von 7 % auf 5 % abzusenken. Diese Maßnahme wurde in kürzester Zeit durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz umgesetzt. Die Absenkung des ermäßigten Steuersatzes von 7 % auf 5 % im zweiten Halbjahr 2020 galt für alle in § 12 Abs. 2 UStG aufgeführten Umsätze, also auch für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen. Somit gelten für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, soweit es sich um die Abgabe von Speisen handelt, folgende Steuersätze:
- bis 30.6.2020: allgemeiner Steuersatz von 19 %
- vom 1.7.2020 bis 31.12.2020: ermäßigter Steuersatz von 5 %
- vom 1.1.2021 bis 31.12.2023: ermäßigter Steuersatz von 7 %
- ab 1.1.2024: allgemeiner Steuersatz von 19 %.
Soweit es sich bei den Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen um die Abgabe von alkoholischen oder alkoholfreien Getränken handelt oder wenn es sich um Getränkelieferungen (z. B. im Außer-Haus-Verkauf) handelt, gelten folgende Steuersätze:
- bis 30.6.2020: allgemeiner Steuersatz von 19 %
- vom 1.7.2020 bis 31.12.2020: allgemeiner Steuersatz von 16 %
- ab 1.1.2021: allgemeiner Steuersatz von 19 %.
1.2 Gesetzgebungsverfahren
1.2.1 Ursprünglich vorgesehene Steuersatzsenkung vom 1.7.2020 bis 30.6.2021
Rz. 3
Die Gastronomie- und Hotellerieverbände (insbesondere der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA) forderten bereits seit vielen Jahren, auf Gastronomieumsätze den ermäßigten Umsatzsteuersatz anzuwenden (§ 12 Abs. 2 UStG Rz. 23). Diese Forderung, die in der Corona-Krise nochmals mit Nachdruck vorgetragen wurde, fand schließlich in der Politik Gehör. Der Koalitionsausschuss von CDU, CSU und SPD hatte am 23.4.2020 insbesondere auf Fürsprache der CSU beschlossen, die Umsatzsteuer für die Speisenabgabe in der Gastronomie – ab 1.7.2020 zunächst befristet auf ein Jahr – abzusenken.
Um das Gesetzgebungsverfahren für die Umsetzung dieser Maßnahme zu beschleunigen, hatte das BMF am 30.4.2020 eine sog. Formulierungshilfe des Entwurfs eines Corona-Steuerhilfegesetzes für die Koalitionsfraktionen CDU, CSU und SPD gefertigt. Darin war auch die befristete Absenkung der Umsatzsteuer auf Gastronomieumsätze enthalten. Die Bundesregierung legte am 6.5.2020 einen wortgleichen Gesetzentwurf vor, damit die Beratungen im Bundesrat früher beginnen konnten. Die Beratungen im feder...