Rz. 7
Nach Art. 393 Abs. 2 MwStSystRL soll im Rahmen der endgültigen Regelung die Personenbeförderung für innerhalb der Gemeinschaft zurückgelegte Strecken im Ausgangsland besteuert werden. Die EU-Kommission hatte am 5.11.1992 hierfür einen entsprechenden Richtlinienvorschlag vorgelegt und diesen am 7.9.1994 geändert. Die Beratungen führten jedoch zu keinem Ergebnis. Der Richtlinienvorschlag war zusammen mit anderen Vorschlägen von der Kommission wieder zurückgenommen worden.
Rz. 8
Nach der MwStSystRL sind grundsätzlich alle Personenbeförderungen, soweit sie auf das Inland entfallen, zu besteuern. Dementsprechend werden in Deutschland alle inländischen Personenbeförderungen im Schienen-, Straßen- und Binnenschifffahrtsverkehr der USt unterworfen. Allerdings können die Mitgliedstaaten, die bei der Verabschiedung der 6. EG-Richtlinie eine Steuerbefreiung auf die entsprechenden Umsätze angewandt hatten, diese für eine Übergangszeit – die noch nicht abgelaufen ist – zunächst beibehalten. Hinsichtlich der Personenbeförderungen im grenzüberschreitenden Luftverkehr hat Deutschland von dieser Übergangsregelung – wie alle anderen Mitgliedstaaten auch – Gebrauch gemacht. Personenbeförderungen im grenzüberschreitenden Luftverkehr werden daher nicht der Besteuerung unterworfen. Die anderen EU-Mitgliedstaaten nehmen zum großen Teil auch bei anderen Verkehrssektoren diese Übergangsregelung (Steuerbefreiung) in Anspruch. Reine Inlandsflüge sind umsatzsteuerpflichtig. Der Erlass der USt für den inländischen Streckenanteil (nur insoweit steht Deutschland das Besteuerungsrecht zu) wird bei folgenden grenzüberschreitenden Beförderungen im Luftverkehr angewandt:
- von einem ausländischen Flughafen zu einem Flughafen im Inland,
- von einem Flughafen im Inland zu einem ausländischen Flughafen,
- von einem ausländischen Flughafen zu einem ausländischen Flughafen über das Inland.
Die Befreiung des grenzüberschreitenden Luftverkehrs beruht auf einem System der faktischen Gegenseitigkeit. Art. 371 und Anhang X Teil B Nr. 10 MwStSystRL erlaubt Deutschland die Fortführung der Befreiung. Auch alle anderen EU-Mitgliedstaaten wenden vergleichbare Maßnahmen an. Eine Besteuerung des inländischen Streckenanteils grenzüberschreitender Beförderungsleistungen im Luftverkehr wäre mit erheblichen technischen und verwaltungsmäßigen Schwierigkeiten für die Betroffenen verbunden, die eine einseitige Aufhebung der weltweit angewandten Begünstigung bislang nicht möglich gemacht haben. Zu Bedenken ist auch, dass eine Wiedereinführung der Befreiung aus EU-rechtlichen Gründen nicht möglich wäre.
Rz. 9
Nach Art. 98 Abs. 1 i. V. m. Anhang III Kategorie 5 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten die "Beförderungen von Personen und des mitgeführten Gepäcks" einem ermäßigten Steuersatz unterwerfen. Von dieser Regelung hat der deutsche Gesetzgeber durch § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG Gebrauch gemacht. Die Steuerermäßigung für die Güterbeförderungen im Fährverkehr dürfte allerdings über die EU-rechtlich gebotenen Möglichkeiten hinausgehen. Da die nationale Regelung für den Steuerpflichtigen günstiger ist als das Unionsrecht, soll die Problematik an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden.
Rz. 10
Der EuGH hat entschieden, dass der Neutralitätsgrundsatz die Anwendung unterschiedlicher Steuersätze auf Personenbeförderungen im Nahverkehr zum einen per Taxi und zum anderen per Mietwagen mit Fahrergestellung nicht grundsätzlich verbietet. Hierfür müssen aber zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
- Aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen, denen diese beiden Beförderungsarten unterliegen, muss die Beförderung per Taxi einen konkreten und spezifischen Aspekt der fraglichen Dienstleistungskategorie (Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks) darstellen. Ob die Beförderung von Personen im Nahverkehr per Taxi einen konkreten und spezifischen Aspekt der Personenbeförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks darstellt, hängt davon ab, ob es sich um eine Dienstleistung handelt, die getrennt von den übrigen Leistungen der Kategorie III Nr. 5 MwStSystRL (danach können die EU-Mitgliedstaaten "Dienstleistungen der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks" ermäßigt besteuern) als solche bestimmbar ist.
- Diese Unterschiede müssen einen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung des durchschnittlichen Nutzers für eine dieser Beförderungsarten haben.
Die von den Taxiunternehmen erbrachten Leistungen können als gesonderte Leistungen qualifiziert werden, wenn die Unternehmen, im Unterschied zu Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung, eine Betriebspflicht übernehmen müssen, die es ihnen verbietet, eine Beförderung in Erwartung insbesondere einer profitableren Fahrt abzulehnen oder Situationen gewinnbringend zu nutzen, in denen sie ein vom offiziellen Tarif abweichendes Beförderungsentgelt verlangen könnten. Unter solchen Umständen könnte die Tätigkeit der Beförderung von Personen im Nahverkehr per Taxi als Dienstleistung eingestuft werde...