Rz. 106
Für alle in § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG genannten Verkehrsarten gilt die Steuerermäßigung unter der Bedingung, dass die Beförderung
- innerhalb einer Gemeinde erfolgt oder
- die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km beträgt.
Ab dem 1.1.2020 gilt diese Bedingung nicht mehr für den Schienenbahnverkehr, der damit (soweit inländische Strecken zurückgelegt werden) uneingeschränkt steuerermäßigt ist.
3.1 Innerhalb einer Gemeinde
Rz. 107
Im Gegensatz zu der 50-km-Beschränkung unterliegen Beförderungen im Rahmen der begünstigten Verkehrsarten (ab 1.1.2020 mit Ausnahme des Schienenbahn-Verkehrs) innerhalb einer Gemeinde ohne Rücksicht auf die Länge der Beförderungsstrecke dem ermäßigten Steuersatz. Unter Gemeinde i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG ist die politische Gemeinde zu verstehen. Eine politische Gemeinde ist die jeweils unterste kommunale Körperschaft mit entsprechender Gebietshoheit, z. B. eine Verbandsgemeinde oder eine Stadt.
Rz. 108
Eine Beförderung liegt innerhalb einer Gemeinde, wenn Anfangs- und Endpunkt der Beförderung in der Gemeinde liegen und das Gebiet einer anderen Gemeinde auch nicht im Wege einer Durchfahrt berührt wird. Bei Beförderungen im grenzüberschreitenden Verkehr genügt es insoweit, wenn der inländische Streckenanteil durch das Gebiet nur einer Gemeinde verläuft. Während der Beförderung darf also das Gemeindegebiet nicht verlassen werden, es sei denn, mit Verlassen ergibt sich eine grenzüberschreitende, d. h. internationale bzw. das Inland verlassende Beförderung.
Befördert ein Unternehmen zur Personenbeförderung jeweils auf einer Tour Schüler von ihren Wohnorten zu ihren in verschiedenen Gemeinden liegenden Schulen und zurück und ist weder dem Beförderungsvertrag noch den Abrechnungsunterlagen zu entnehmen, dass "auftragsgemäß mehrere definierte Gruppen nacheinander zu jeweils eigenen Zielorten" befördert werden sollen, so liegt eine einheitliche, dem Regelsteuersatz unterliegende Beförderungsleistung vor. Die für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes maßgebliche "Beförderungsstrecke" von "nicht mehr als 50 Kilometer" ist die Beförderung aller – vom ersten bis zum letzten – Schüler (in eine Richtung). Für eine Aufteilung in mehrere Beförderungsleistungen (von ggf. weniger als 50 km), welche jeweils nur die Beförderung einer Gruppe von Schülern zu jeweils ihrer Schule zum Gegenstand hat, ist hier kein Raum.
Rz. 109
Soweit nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG Taxifahrten unterschiedlich behandelt werden, als Fahrten innerhalb einer Gemeinde unabhängig von der konkreten Fahrtstrecke immer als Nahverkehrsfahrt ermäßigt zu besteuern sind, während dies für Taxifahrten außerhalb einer Gemeinde nur dann gilt, wenn die einzelne Fahrt 50 km nicht überschreitet, ist dies als gesetzgeberische Typisierung verfassungsgemäß.
3.2 Beförderungsstrecke beträgt nicht mehr als 50 Kilometer
Rz. 110
Erstreckt sich eine Beförderung über das Gebiet einer Gemeinde hinweg, unterliegt die jeweilige Verkehrsart (ab 1.1.2020 gilt dies nicht mehr für den Schienenbahn-Verkehr) nur dann dem ermäßigten Steuersatz, wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km beträgt.
Rz. 111
Beförderungsstrecke ist die Strecke, auf der der Beförderungsunternehmer einen Fahrgast oder eine Mehrzahl von Fahrgästen aufgrund eines Beförderungsvertrags oder mehrerer Beförderungsverträge befördert oder, z. B. durch einen Subunternehmer, befördern lässt. Werden mehrere Beförderungsverträge abgeschlossen, erbringt der Beförderungsunternehmer eine entsprechende Zahl von Beförderungsleistungen, von denen jede für sich zu beurteilen ist.
Rz. 112
Nur eine Beförderungsleistung liegt vor, wenn der Beförderungsunternehmer mit einer Mehrzahl von Personen bzw. zur Beförderung einer Mehrzahl von Personen einen Beförderungsvertrag abgeschlossen hat. Maßgebliche Beförderungsstrecke ist in diesem Fall die vom Beförderungsunternehmer aufgrund des Beförderungsvertrags zurückgelegte Strecke. Sie beginnt mit dem Einstieg der ersten und endet mit dem Ausstieg der letzten beförderten Person innerhalb einer Fahrtrichtung. Bei grenzüberschreitenden Beförderungen ist nur die Länge des auf das Inland entfallenden Teils der Beförderungsstrecke maßgebend. Bei der Bemessung dieses Streckenanteils müssen die §§ 2 bis 7 UStDV beachtet werden.
Rz. 113
Maßgebliche Beförderungsstrecke bei der Ausgabe von Fahrausweisen ist grundsätzlich die im Fahrausweis ausgewiesene Tarifentfernung, sofern die Beförderungsleistung nur auf Beförderungsstrecken im Inland durchgeführt wird. Bei Fahrausweisen für grenzüberschreitende Beförderungen ist die Tarifentfernung der auf das Inland entfallenden Beförderungsstrecke unter Berücksichtigung der §§ 2 bis 7 UStDV maßgebend. Dies gilt auch für die Fälle, in denen der Fahrgast die Fahrt unterbricht oder auf ein anderes Verkehrsmittel desselben Beförderers umsteigt. Wird eine Umwegkarte gelöst, ist der gefahrene Umweg bei Ermittlung der Länge der Beförderungsstrecke zu berücksichtige...