Rz. 46
"Theater" bezeichnet alle Formen szenischer Darstellung sowie die künstlerische Kommunikation zwischen Darstellern und Zuschauern. Hierzu zu zählen ist als eine Form der "Kleinkunst" auch die "Rezitation", unter der der künstlerische Vortrag verstanden wird. Deren Ziel ist es, literarische Werke mithilfe von Sprache hörbar zu machen, wobei Interpretationstechniken wie Atemtechnik, Stimmtechnik sowie Sprechtechnik von Bedeutung sind; der Vortragende transportiert mithilfe der Stimme, Sprache, Körperhaltung und Bewegung Emotionen und Gedanken zum Zuhörer. Diesem wird der Stoff in einer Form und auf einer Ebene näher gebracht, die eine Auseinandersetzung mit ihm erlaubt, zum Nachdenken anregt und unterhält. Der Begriff des Theaters kann nicht anders ausgelegt werden als der in § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG verwendete Theaterbegriff. Zwar setzt § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG die Führung eines Theaters voraus, d. h. das Vorhandensein von so viel künstlerischem und technischem Personal und so viel für Theatervorstellungen notwendigen technischen Einrichtungen, dass die Durchführung eines, wenn auch kleineren, Spielplans möglich ist. M. E. gehören diese Voraussetzungen aber begrifflich zu den Merkmalen eines Theaters überhaupt. Deshalb setzt auch § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG das Vorhandensein eines nicht unbeträchtlichen personellen und technischen Apparats voraus, der die Durchführung eines Spielplans gewährleistet. Das Vorhandensein eines Theaters im technischen Sinn (Theatergebäude, Theatereinrichtungen, Bedienungspersonal) reicht somit alleine nicht aus. Es muss vielmehr die Institution eines Theaters, also insbesondere ein auf bestimmte Zeit verpflichteter Stamm von Schauspielern (Ensemble), vorhanden sein.
Rz. 47
Dabei genügt es, wenn die Bühnenwerke überwiegend mit eigenem, mindestens auf Stückdauer verpflichteten Ensemble aufgeführt werden. Ein eigenes oder gemietetes Theatergebäude braucht nicht vorhanden zu sein. Als begünstigte Theatervorführungen gelten deshalb auch die Vorführungen in einem Fernsehstudio, und zwar unabhängig davon, ob die Theatervorführung unmittelbar übertragen oder aufgezeichnet wird. Die Steuerpflicht der Rundfunk- und Fernsehanstalten bleibt hiervon unberührt. Ob der Theaterbegriff des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG mit dem Begriff des geführten Theaters identisch ist, kann aber letztlich dahingestellt bleiben, da die Veranstaltungen von Theatervorführungen durch andere Unternehmer (d. h. durch Unternehmer, die kein Theater betreiben) ebenfalls steuerbegünstigt sind, soweit die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 20 UStG nicht eingreift.
Rz. 48
Es genügt, dass ein Theater die künstlerischen und technischen Kräfte nur für die Spielzeit eines Stücks verpflichtet. Ein eigenes oder gemietetes Theatergebäude braucht nicht vorhanden zu sein. Auch Theater, die in der Form eines eingetragenen Vereins betrieben werden, deren Mitglieder ausschließlich Gemeinden sind, erfüllen den Theaterbegriff.
Rz. 49
Zu den Theatern gehören auch Freilichtbühnen, Wanderbühnen, Zimmertheater, Heimatbühnen (z. B. Theateraufführungen durch Laienspielgruppen in gemeindeeigenen Räumlichkeiten), Puppen-, Marionetten- und Schattenspieltheater sowie literarische Kabaretts, wenn sie die übrigen Abgrenzungskriterien erfüllen. Filmvorführungen, Varietéaufführungen und sonstige Veranstaltungen der Kleinkunst fallen nicht unter den Theaterbegriff als solchen, können aber unter der Voraussetzung der 2. Alt. von § 12 Abs. 2 Buchst. a UStG steuerbegünstigt sein. Dennoch fällt nicht jede Form einer Aufführung vor Publikum unter den Theaterbegriff. Bei Karnevalsveranstaltungen handelt es sich um gesellige Veranstaltungen, bei denen der gesellige Zweck prägend ist.
Rz. 50
Nach der Rechtsprechung wendet sich ein "Theater" i. d. R. an eine unbestimmte Zahl von Zuschauern. Das jeweilige Geschlecht des Publikums ist dabei unmaßgeblich. Das Wesensmerkmal eines Theaterumsatzes muss auch für den Umsatz einer Einrichtung, die einem Theater einer Gebietskörperschaft gleichartig ist, erfüllt sein.