Rz. 43
Das Jugendschutzkriterium der Kennzeichnung bzw. der Erstaufführung gilt zwar für alle begünstigten Umsätze, sowohl für die Überlassung von Filmen – zur Auswertung oder Vorführung – als auch für die Filmvorführungen. Da die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung – durch Produzent und Filmverleih – gleichzeitig nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG steuerermäßigt ist, hat das Jugendschutzkriterium im Ergebnis nur Bedeutung für die Filmvorführungen. Filme, die nach § 6 Abs. 3 Nrn. 1 bis 5 JÖSchG gekennzeichnet sind, sind nicht vergleichbar mit Filmen, bei denen dies nicht der Fall ist, weil sie einen pornografischen oder gewaltverherrlichenden Inhalt haben.
Rz. 44
Die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Vorführung von Filmen i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b UStG sind immer steuerermäßigt, soweit die Filme die Kennzeichnung nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 JÖSchG oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 JuSchG tragen.
Rz. 45
Fraglich könnte sein, ob die Vorführungen von Filmen mit sog. alternativem Content (z. B. Aufzeichnungen von Live-Veranstaltungen wie Opernaufführungen und Konzerten), die über keine FSK-Kennzeichnung verfügen, der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b UStG unterliegen. Die Frage könnte in Abschn. 12.6. Abs. 1 S. 2 UStAE bereits negativ beantwortet sein. Hiernach kommt die Steuerermäßigung nur in Betracht, wenn nach dem 31.12.1969 erstaufgeführte Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 JÖSchG oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 JuSchG v. 23.7.2002 in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind. Die Vorführungen nicht gekennzeichneter Filme könnte danach unabhängig vom Inhalt dem allgemeinen Umsatzsteuersatz unterliegen. Diese Verwaltungsauffassung dürfte auch dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, der mit einem Ausschluss der Vorführung von nicht gekennzeichneten Filme von der Steuerermäßigung sicherstellen wollte, dass es sich bei diesen nicht gekennzeichneten Filmen zumindest nicht um solche handelt, bei denen eine schwere Jugendgefährdung vorliegt. Denn da die Kennzeichnung "FSK ab 18" zwar die (beschränkte) öffentliche Vorführung erlaubt, aber zugleich voraussetzt und mithin sicherstellt, dass die Filme weder pornographische noch gewaltverherrlichende (d. h. keine schwer jugendgefährdenden) Inhalte haben, dient die Kennzeichnung neben dem Jugend- auch dem Erwachsenenschutz, sodass der Gesetzgeber die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für diese Filme für gerechtfertigt erachtet hat. Davon zu unterscheiden sind die Filme, die keine FSK-Kennzeichnung erhalten. Denn auch bei einer Kennzeichnung "FSK ab 18" muss das Werk auf eine "schwere Jugendgefährdung" hin geprüft werden. Mit einem Ausschluss der Vorführung von nicht gekennzeichneten Filme von der Steuerermäßigung wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass es sich bei diesen nicht gekennzeichneten Filmen zumindest nicht um solche handelt, bei denen eine schwere Jugendgefährdung vorliegt. Gleichwohl dürfte es grundsätzlich auch für Filme mit alternativen Inhalten möglich sein, bei der FSK einen entsprechenden Prüfantrag zu stellen, sodass auch in diesen Fällen eine Begünstigung durch die Beantragung eines entsprechenden Prüfverfahrens und einer damit einhergehenden Freigabekennzeichnung erreicht werden könnte.