3.1 Allgemeiner Überblick
Rz. 36
§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 1 UStG ordnet eine Steuersatzermäßigung für die Leistungen der nach §§ 51ff. AO steuerbegünstigten Körperschaften an. Diese gilt gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 2 UStG i. V. m. § 64 Abs. 1 AO für die Leistungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nur, wenn es sich bei diesem um einen Zweckbetrieb handelt. Unabhängig von den Bedingungen der allgemeinen Zweckbetriebsdefinition in § 65 AO gehören auch "Jugendherbergen" zu den Zweckbetrieben gem. § 68 Nr. 1 Buchst. b AO. Der Umfang der Leistungen, die unter die Steuerermäßigung fallen, ist durch die Vorschrift nicht weiter eingeschränkt. Damit gilt die Steuerermäßigung für alle Lieferungen und alle sonstigen Leistungen der begünstigten Körperschaften, insbesondere deshalb auch für sog. Hilfsgeschäfte, wie z. B. der Verkauf von Anlagegütern. Solche Hilfsgeschäfte sind allerdings nicht begünstigt, wenn sie im Rahmen eines – steuerschädlichen – wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs bewirkt werden.
Rz. 37
Eingeschränkt ist allerdings die persönliche Voraussetzung des Unternehmers, der die Leistungen erbringt. Denn bei dem Unternehmer muss es sich um eine Körperschaft (oder eine Vereinigung bzw. Gemeinschaft solcher Körperschaften) handeln, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt. Ob die Zwecke gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich sind, ergibt sich aus den §§ 52 – 68 AO.
Rz. 38
Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden, unterliegen nicht der Steuerermäßigung, sondern dem Normalsatz. Unter welchen Voraussetzungen ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt, ergibt sich aus § 14 AO.
Rz. 39
Handelt es sich bei dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb aber um einen Zweckbetrieb i. S.d. §§ 65 – 68 AO, kommt für die Leistungen, die im Rahmen eines solchen Zweckbetriebs erbracht werden, die Steuervergünstigung grundsätzlich in Betracht. Bei Zweckbetrieben ist allerdings nach drei verschiedenen Begünstigungsklassen zu unterscheiden:
- Leistungen im Rahmen eines Zweckbetriebs nach § 65 AO – uneingeschränkte Steuervergünstigung;
- mit den Leistungen der Zweckbetriebe nach den §§ 66–68 AO werden die steuerbegünstigten Zwecke der Körperschaft selbst verwirklicht – teilweise uneingeschränkte Steuervergünstigung;
- bei anderen Leistungen der Zweckbetriebe nach den §§ 66–68 AO: Der Zweckbetrieb dient nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden – eingeschränkte Steuervergünstigung.
Rz. 40
Die Steuerermäßigung gilt auch für Leistungen im Rahmen einer Vermögensverwaltung. Unter welchen Voraussetzungen eine Vermögensverwaltung vorliegt, ergibt sich aus § 14 S. 3 AO. Wenn bereits für andere Steuern (vgl. z. B. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) darüber entschieden ist, ob und ggf. in welchen Bereichen das Unternehmen steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, ist von dieser Entscheidung im Allgemeinen auch für Zwecke der USt auszugehen. Ist diese Frage für andere Steuern nicht entschieden worden, sind die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG besonders zu prüfen. So ist z. B. bei Spielgemeinschaften von Sportvereinen – unabhängig von der Qualifizierung der Einkünfte im Feststellungsbescheid für die Gemeinschaft – bei der Körperschaftsteuerveranlagung der beteiligten Sportvereine zu entscheiden, ob ein Zweckbetrieb oder ein (körperschaft-)steuerpflichtiger Geschäftsbetrieb gegeben ist. Dabei ist für die Beurteilung der Frage, ob die Zweckbetriebsgrenze des § 67a Abs. 1 S. 1 AO überschritten wird, die Höhe der anteiligen Einnahmen, nicht des anteiligen Gewinns, maßgeblich. Liegt danach ein Zweckbetrieb vor, gilt für dessen Umsätze der ermäßigte Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. b UStG.
3.2 Gemeinnützigkeit
Rz. 41
Nach § 52 Abs. 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugutekommt, fest abgeschlossen ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Personenkreis zu einer Familie oder zur Belegschaft eines Unternehmens gehört oder in Folge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann.
Rz. 42
Dem Begriff der Allgemeinheit ist immanent, dass die Förderung exklusiver Kreise oder die Bestrebungen von Außenseitern mit einseitigen oder extremen Sonderinteressen nicht als gemeinnützig anzuerkennen sind. Unter Allgemeinheit ist andererseits nicht notwendig die Gesamtheit der Bürger Deutschlands oder eine daraus kaum zu ermittelnde Mehrheit der Bevölkerung zu verstehen. Die Förderung der Allgemeinheit kann auch dann gegeben sein...