Rz. 157
Lehnt in der Insolvenz des Vorbehaltskäufers der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrags ab, so ist der Vorbehaltsverkäufer zur Aussonderung berechtigt. Die Aussonderung führt zur Rückgängigmachung der Lieferung und damit zum Anspruch des FA auf Rückforderung der vom Vorbehaltskäufer geltend gemachten Vorsteuer. Dieser Vorsteuer-Rückforderungsanspruch des FA gegen den Insolvenzschuldner ist eine Insolvenzforderung gem. § 38 InsO, da er bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet war.
Rz. 158
Hat der Insolvenzschuldner den Vorsteuerabzug aus Rechnungen, die er noch nicht bezahlt hat, in Anspruch genommen und wird das Entgelt bei ihm uneinbringlich (was spätestens mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Fall ist), so ergibt sich für ihn eine Pflicht zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs gem. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG mit der ein entsprechender Rückforderungsanspruch des FA korrespondiert. Dieser Vorsteuer-Rückforderungsanspruch des FA entsteht zwar erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Eröffnung des Insolvenzverfahrens; er ist aber im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits begründet, weil die Uneinbringlichkeit der Forderungen der Gläubiger spätestens zu diesem Zeitpunkt vorlag. Somit handelt es sich bei dem Vorsteuer-Rückzahlungsanspruch des FA um eine Insolvenzforderung.
Rz. 159
Wählt der Insolvenzverwalter bei beiderseitig noch nicht oder nicht vollständig erfüllten gegenseitigen Verträgen (z. B. bei Lieferungen unter Eigentumsvorbehalt) die Vertragserfüllung, kann hingegen von einer Uneinbringlichkeit der Forderung im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nicht die Rede sein. Eine Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu diesem Zeitpunkt entfällt daher. Entsprechend kommt es bei späterer Zahlung durch den Insolvenzverwalter auch nicht mehr zu einer Rückberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 UStG.
Rz. 160
Der Vorsteuerberichtigungsanspruch des FA nach § 15a UStG, der durch die Verwertung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens des Insolvenzschuldners durch den Insolvenzverwalter ausgelöst wird, gehört nach Auffassung des BFH zu den Masseverbindlichkeiten i. S. v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO und ist vorweg aus der Insolvenzmasse zu befriedigen. Nach Ansicht des BFH ist der Vorsteuerberichtigungsanspruch keine Insolvenzforderung; denn er war nicht i. S. d. § 38 InsO im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet. Zu diesem Zeitpunkt waren nämlich die für den Berichtigungsanspruch maßgebenden Tatbestandsmerkmale noch nicht erfüllt. Der Tatbestand der Vorsteuerberichtigung ist vielmehr nach Ansicht des BFH erst dann erfüllt, wenn eine Änderung der Verwendungsverhältnisse eingetreten ist.