Rz. 57
Die Haftung wird durch Haftungsbescheid gem. § 191 Abs. 1 S. 1 AO geltend gemacht. Abs. 2 S. 2 schließt nur das Bestehen eines Ermessens "abweichend von § 191 der Abgabenordnung" aus, nicht dagegen die Anwendung der Vorschrift allgemein. Auf ein Verschulden des Abtretungsempfängers kommt es nicht an. In Betracht kommt auch das Ergehen mehrerer Haftungsbescheide nacheinander, wenn z. B. die Forderung durch den Abtretungsempfänger in Teilbeträgen vereinnahmt wird.
5.3.1 Zuständigkeit
Rz. 58
Da weder die AO noch das UStG eine Regelung der örtlichen Zuständigkeit für die Haftung vorsehen, gilt die Ersatzzuständigkeit nach § 24 AO. Für die Haftung des Abtretungsempfängers ist nach dieser Vorschrift das FA zuständig, in dessen Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervorgetreten ist. Das ist das für die USt des leistenden Unternehmers zuständige Finanzamt. Betreibt der leistende Unternehmer sein Unternehmen vom Geltungsbereich der AO aus, ist gem. § 21 Abs. 1 S. 1 AO das FA zuständig, in dessen Bezirk die Geschäftsleitung des Unternehmers liegt. Ist eine Geschäftsleitung im Geltungsbereich der AO nicht vorhanden, soll sich die örtliche Zuständigkeit des für den leistenden Unternehmer zuständigen Zentralfinanzamts nach der USt-Zuständigkeitsverordnung ergeben.
5.3.2 Ermittlung der Voraussetzungen für den Haftungsbescheid
Rz. 59
Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen und der Umfang der Haftung sind sehr vielfältig. Zu berücksichtigen sind zum einen Umstände, die beim leistenden Unternehmer liegen bis einschließlich der Nichtentrichtung oder teilweisen Nichtentrichtung der fälligen USt, aber auch die Tatsache der Abtretung oder Teilabtretung und die Person des (oder der) Abtretungsempfänger. Darüber hinaus hat regelmäßig nur der Abtretungsempfänger Kenntnisse über die Vereinnahmung der abgetretenen Forderungen.
Rz. 60
In erster Linie ist es Aufgabe des für den leistenden Unternehmer zuständigen FA, im Rahmen von Vollstreckungsverfahren, Außenprüfungen und einer Umsatzsteuernachschau (§ 27b UStG) die Haftungstatbestände in Erfahrung zu bringen. Das FA kann dazu den Steuerschuldner befragen. So hat der leistende Unternehmer die Fragen nach Abtretungen, Verpfändungen und Pfändungen einschließlich der in den abgetretenen Forderungen enthaltenen USt sowie zur Person der Abtretungsempfänger, Pfandgläubiger und Vollstreckungsgläubiger zu beantworten und vorhandene Belege vorzulegen. Die Mitwirkungspflichten nach §§ 90f. AO, die mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden können, gelten auch für die Abtretungsempfänger, Pfandgläubiger und Vollstreckungsgläubiger, wenn das für die Haftung zuständige FA Kenntnisse über mögliche Haftungstatbestände erwirbt und zu diesen Fragen stellt. Bei Nichtaufklärbarkeit trägt das FA die Feststellungslast.
5.3.3 Änderungen
Rz. 61
Für die Haftungsschuld ist ihre Akzessorietät zur Steuerschuld zu beachten. Für die Voraussetzungen der Haftung ist dabei von den Verhältnissen im Zeitpunkt des Ergehens des Haftungsbescheids (bzw. einer Einspruchsentscheidung) auszugehen. Für die Veränderungen danach ergeben sich unterschiedliche Fallgruppen.
Rz. 62
Aus der Gesamtschuldnerschaft folgt, dass Zahlungen des Steuerschuldners zum Erlöschen auch der Gesamtschuld des Haftenden führen. Dasselbe gilt gem. § 44 Abs. 2 S. 2 AO für die Aufrechnung. Durch das Erlöschen der Haftungsschuld wird allerdings der Haftungsbescheid selber nicht berührt.
Rz. 63
Wird der Steuerbescheid geändert, dessen Steuerfestsetzung der Haftung zugrunde liegt, ist im Fall der Minderung oder des Entfallens nach § 17 Abs. 1 oder 2 UStG der Haftungsbescheid zugunsten des Haftenden gem. § 131 Abs. 1 AO insoweit zu widerrufen, als die ihm zugrunde liegende Steuerschuld sich mindert oder entfällt.
5.3.4 Rechtsbehelfe
Rz. 64
Gegen den Haftungsbescheid ist gem. § 347 Abs. 1 AO der Einspruch gegeben. Die Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids kann nach § 361 Abs. 2 AO bzw. § 69 Abs. 2 und 3 FGO gewährt werden bzw. ist zu gewähren.