Rz. 15
Die S. 1 und 2 von § 14a Abs. 1 UStG sind erst mWv 30.6.2013 in diese Norm eingefügt worden. Der umfassend neu formulierte und zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretene § 14a Abs. 1 S. 1 UStG ist mit 82 Worten ungenießbar lang und schwer verständlich. Er beruht auf Art. 226 MwStSystRL. Dabei geht es nur um die eigentlich einfache Frage, wie die Rechnung auszusehen hat, wenn ein im Inland ansässiger Unternehmer im übrigen Gemeinschaftsgebiet einen Umsatz ausführt, bei dem sich die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger verlagert. Die von § 14 Abs. 1 S. 1 UStG dazu gegebene Antwort ist auch einfach. Die Rechnung muss gem. der Vorgabe in Art. 226 Nr. 11a MwStSystRL die wörtliche Angabe "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers" enthalten, s. auch Abschn. 14a.1. Abs. 2 UStAE.
Rz. 16
Voraussetzung für einen derartigen Hinweis in der Rechnung ist, dass
- der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte oder zwar keinen Sitz, aber den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und von dort den Umsatz ausführt.
- der Unternehmer in einem anderen EU-Mitgliedstaat, mithin im übrigen Gemeinschaftsgebiet i. S. v. § 1 Abs. 2a UStG, einen Umsatz ausführt, an dem eine eventuell dort bestehende Betriebsstätte nicht beteiligt sein darf;
- sich für diesen Umsatz die Steuerschuld vom leistenden Unternehmer auf den Leistungsempfänger verlagert. Das richtet sich nach dem Recht des EU-Mitgliedstaates, in dem der Ort der Leistung liegt.
- für diesen Umsatz keine Gutschrift gem. § 14 Abs. 2 S. 2 UStG vereinbart worden ist. Der Fall der Gutschrifterteilung ist gesondert in § 14a Abs. 1 S. 4 UStG geregelt (Rz. 22ff.).
Rz. 17
Die Vorgabe des Gesetzes zum Wortlaut des Hinweises auf die Steuerschuldverlagerung ist in Anführungszeichen gesetzt. Dies könnte darauf hindeuten, dass der im Gesetz formulierte Hinweis immer in deutscher Sprache in der Rechnung anzubringen ist. Diese Interpretation ist aber nicht nur völlig praxisfeindlich, sondern auch unionsrechtlich nicht zwingend. Es machte doch überhaupt keinen Sinn, z. B. auf einer erlaubterweise in englischer oder griechischer Sprache ausgestellten Rechnung über einen Umsatz, bei dem der Leistungsempfänger Steuerschuldner ist, ausgerechnet den Hinweis auf die Steuerschuldverlagerung nur in deutscher Sprache anzubringen. Weder das Unionsrecht noch das UStG schreiben eine bestimmte Sprache für Rechnungen vor, daher kann auch der Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft nicht ausschließlich in deutscher Sprache verlangt werden. Da die EU-Richtlinien in allen EU-Amtssprachen gleichermaßen verbindlich sind – es gibt also keine Übersetzungen eines Urtextes – kann auch nicht angenommen werden, dass der deutsche Text der Richtlinie v. 13.7.2010 die Verwendung allein der deutschen Formulierungen verbindlich vorschreibe. Die nationalen Anordnungen zur Amtssprache gelten nicht für Rechnungen als Dokumente des privaten Rechtsverkehrs.
Rz. 17a
Die Verwaltung hat die hier vertretene Auffassung in dem BMF v. 25.10.2013, auf das Abschn. 14a.1 Abs. 6 UStAE verweist, bestätigt. Danach sind statt der deutschen Formulierung auch andere Formulierungen aus den EU-Amtssprachen zulässig. Das BMF v. 25.10.2013 enthält in seiner Anlage die entsprechenden Wortlaute in den 21 anderen EU-Amtssprachen. Die auch in Deutschland gebräuchlichste ausländische Wortbildung ist der englische Begriff "Reverse Charge". Französisch spricht man von "Autoliquidation".
Rz. 17b
Wenn dieser Hinweis fehlt, geht die Steuerschuld bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 13b UStG gleichwohl auf den Leistungsempfänger über. Die Erteilung einer Rechnung ist kein Tatbestandsmerkmal von § 13b UStG, vgl. Abschn. 13b.14 Abs. 1 UStAE. Formale Mängel der Rechnung sind daher unbeachtlich. Die Rechnungserteilung spielt nur eine Rolle bei der Frage, wann die Steuer beim Leistungsempfänger entsteht, s. § 13b Abs. 2 UStG sowie Rz. 40.
Rz. 17c
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass bei Fehlen des Hinweises und zu Unrecht offen in der Rechnung ausgewiesener USt der Leistungsempfänger kein Recht zum Abzug dieser Steuer als Vorsteuer hat, denn es handelt sich dann um eine gem. § 14c UStG geschuldete Steuer. Damit trägt der Leistungsempfänger das Risiko, bei einer Insolvenz des leistenden Unternehmers die an diesen gezahlte USt nicht zurückgezahlt zu bekommen; er hat keinen Erstattungsanspruch gegen die Finanzverwaltung. Es bleibt dem Leistungsempfänger dann nur der wegen der Insolvenz des leistenden Unternehmers regelmäßig aussichtslose Zivilrechtsweg.
Rz. 18
§ 14a Abs. 1 S. 2 UStG schreibt vor, dass Rechnungen über im übrigen Gemeinschaftsgebiet ausgeführte sonstige Leistungen i. S. v. § 3a Abs. 2 UStG – dann werden oftmals die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen, weil der Leistungsempfänger Unternehmer ist – bis zum 15. Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt wurde, auszustellen sind. Damit will der Unionsrichtliniengeber und ihm folgend der deutsche Gesetzg...