Rz. 272
Die EUSt kann nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG abgezogen werden, wenn Gegenstände für das Unternehmen eingeführt worden sind. Ob ein Gegenstand für das Unternehmen des Abzugsberechtigten eingeführt worden ist, ist im Wesentlichen nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen wie beim Abzug der USt nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Der eingeführte Gegenstand muss im Unternehmen des Abzugsberechtigten entweder zum Gebrauch, zum Verbrauch oder zum Verkauf bestimmt sein. Eine Einfuhr für das Unternehmen liegt mit anderen Worten vor, wenn der eingeführte Gegenstand in den inländischen Unternehmensbereich des Unternehmers eingeht. Bei der Besteuerung der Einfuhr soll der Letztverbrauch (Einfuhr durch private, nicht unternehmerisch tätige Institutionen wie bspw. j.P.ö.R. im Hoheitsbereich usw.) und die Verwendung des eingeführten Gegenstands im steuerbefreiten Bereich eines Unternehmens zwecks gleichmäßiger Belastung aller auf dem Inlandsmarkt konkurrierender Waren einschließlich der importierten Waren zutreffend erfasst und die dabei eintretende Belastung durch den Ausschluss vom Vorsteuerabzug endgültig erhalten bleiben. Im abzugsberechtigten Unternehmerbereich hingegen soll die endgültige Belastung dem System entsprechend erst eintreten, wenn eine Ware oder Leistung diesen Bereich verlässt. Die im Zuge der Einfuhr angefallene EUSt kann und muss deshalb hier zum Vorsteuerabzug zugelassen werden.
Rz. 273
Die Frage, für wessen Unternehmen ein Gegenstand eingeführt worden ist und wer deshalb zum Abzug berechtigt ist, lässt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht ohne Weiteres beantworten. Schwierigkeiten ergeben sich vor allem deshalb, weil der Abgabenschuldner und der Abzugsberechtigte nicht immer identisch sind.
Einfach liegt der Fall, wenn der Unternehmer in einer Person abzugsberechtigter Einführer und Abgabenschuldner nach den zollrechtlichen Vorschriften ist und wenn der eingeführte Gegenstand für Unternehmenszwecke verwendet wird.
Der Importeur A erwirbt eine Ware von einem Lieferanten aus dem Drittland mit der Preisvereinbarung "frei deutsche Grenze, unverzollt und unversteuert". A nimmt die Ware an der Grenze selbst in Empfang und befördert sie auf sein Lager zum späteren Verkauf im Inland. A kann die anlässlich der Einfuhr bei der Grenzabfertigung zum freien Verkehr entrichtete EUSt abziehen.
Rz. 274
Der Importeur (A) ist im Beispielsfall auch zum Abzug berechtigt, wenn er die Grenzabfertigung und die Beförderung zu seinem Lager durch einen Beauftragten (z. B. Spediteur, Frachtführer, Handelsvertreter) besorgen lässt. Das gilt auch für den Fall, dass der Beauftragte mangels Vertretungsvollmacht als Zollschuldner gilt. Unternehmer, die lediglich an der Einfuhr mitgewirkt haben, ohne über den Gegenstand im umsatzsteuerlichen Sinne verfügen zu können, sind auch dann nicht abzugsberechtigt, wenn sie bspw. eine speditionsübliche Behandlung der Ware vorgenommen haben (z. B. Erhaltungsmaßnahme während des Transports) oder den eingeführten Gegenstand vorübergehend auf Lager genommen haben. Das Risiko der Spediteure, die verauslagte EUSt vom Importeur nicht wiederzubekommen, kann weitgehend vermieden werden, wenn der ausländische Lieferer von der Regelung des § 3 Abs. 8 UStG Gebrauch macht, weil dann der Spediteur die verauslagte EUSt mit dem Lieferer verrechnen kann, der ihm im Zweifelsfall bekannter ist als der Importeur. Abschn. 15.8 Abs. 6 UStAE geht davon aus, dass dem Abnehmer die Verfügungsmacht an dem eingeführten Gegenstand erst im Inland verschafft wird, sodass der ausländische Lieferer zum Abzug der EUSt berechtigt ist.
Rz. 275
Geht Zollgut beim Beauftragten während der Zollgutverwahrung oder des Zollgutversands verloren, kann der Beauftragte, wenn er für die Entrichtung der EUSt haftbar gemacht wird, ebenfalls keinen Abzug vornehmen. Die verlorengegangene Ware ist auch in diesem Fall nicht für sein Unternehmen eingeführt worden.
Rz. 276
In Abschn. 15.8 Abs. 11 UStAE vertritt die Verwaltung zur Behandlung der EUSt bei der Nichtannahme eingeführter Gegenstände durch den Empfänger folgende Auffassung:
a) Abfertigung des Gegenstands zum freien Verkehr auf Antrag des Empfängers oder seines Beauftragten
Bei Annahmeverweigerung durch den Empfänger (z. B. wegen Mängel, wegen verspäteter Lieferung, weil diese Ware nicht bestellt wurde oder weil überhaupt keine Bestellung vorlag), liegt keine Einfuhr für das Unternehmen des Empfängers vor. Die Waren bleiben wegen der rückwirkenden Beseitigung oder wegen des Fehlens eines Liefergeschäfts in der Verfügungsmacht des ausländischen Lieferers. Der Abzug der EUSt scheidet aber aus, wenn die Waren unter zollamtlicher Überwachung wieder ausgeführt oder zerstört oder vernichtet werden, denn auch dann fehlt es an einer Einfuhr für das Unternehmen des ausländischen Lieferers. Liefert der ausländische Lieferer aber die Waren im Inland dann an einen anderen als den ursprünglich vorgesehenen Empfänger, sind die Waren für das Unternehmen des Lieferers eingeführt, soda...