Rz. 432
Der zum 1.1.1993 neu in § 15 UStG eingefügte Abs. 4a ermöglicht den nichtunternehmerischen Fahrzeuglieferern, deren Lieferungen von Neufahrzeugen unter § 2a UStG fallen, einen nachträglichen Vorsteuerabzug zur Vermeidung einer doppelten Belastung des gelieferten Fahrzeugs mit deutscher Steuer aus der Lieferung an den Fahrzeuglieferer und mit ausländischer Erwerbssteuer beim Erwerber im übrigen Gemeinschaftsgebiet.
Rz. 433
Diese Entlastung von der deutschen Steuer wird technisch wie ein Vorsteuerabzug behandelt, obwohl die Fahrzeuglieferer als Nichtunternehmer systemgerecht keinen Zugang zum Vorsteuerabzug haben können, denn das Neufahrzeug wird vom Fahrzeuglieferer mangels Unternehmereigenschaft nicht für unternehmerische Zwecke angeschafft.
Rz. 434
§ 15 Abs. 4a Nr. 1 UStG beschränkt den Vorsteuerabzug auf die Steuer, die bei der Einfuhr oder bei der Lieferung des Neufahrzeugs an den Fahrzeuglieferer gem. § 2a UStG angefallen ist. Es gibt also z. B. nicht die Möglichkeit, Vorsteuern aus zwischen dieser Anschaffung und der späteren Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet angefallenen Reparaturen nachträglich abzuziehen.
Rz. 435
Nach § 15 Abs. 4a Nr. 2 UStG kann diese Steuer höchstens bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des Neufahrzeugs geschuldet würde, wenn diese Lieferung steuerpflichtig wäre. Auf diese hypothetische Steuerpflicht muss abgestellt werden, weil gem. § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG die innergemeinschaftliche Lieferung von Neufahrzeugen stets, d. h. auch bei der Lieferung durch Fahrzeuglieferer gem. § 2a UStG, steuerfrei ist.
Rz. 436
Schließlich legt § 15 Abs. 4a Nr. 3 UStG fest, dass diese Steuer erst zu dem Zeitpunkt abgezogen werden kann, in dem der Fahrzeuglieferer die Lieferung des Neufahrzeugs ausführt.
Privatmann P kauft in Köln im Januar 01 ein neues Motorboot mit einer Länge von 8m für 100.000 EUR zzgl. 19.000 EUR deutsche USt. Im Februar 02 verkauft er das Boot an den Privatmann N aus Amsterdam, der das Boot in die Niederlande transportiert, für 105.000 EUR.
Diese Fahrzeuglieferung des P ist gem. § 2a UStG steuerbar und gem. § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG steuerfrei. N unterliegt mit dem Erwerb des Boots der niederländischen Erwerbsbesteuerung entsprechend § 1b UStG. Bemessungsgrundlage hierfür ist in den Niederlanden das deutsche Entgelt.
P kann in der USt-Erklärung, die er gem. § 18 Abs. 4a UStG für Februar 02 abgeben muss, einen Vorsteuerabzug i. H. v. 19.000 EUR geltend machen, obwohl die Steuer bei Steuerpflicht 19 % von 105.000 EUR = 19.950 EUR betragen würde, denn sein Vorsteuerabzug ist begrenzt auf die 19. 000 EUR, die ihm bei der Lieferung des Boots im Jahr 01 vom Lieferer in Rechnung gestellt worden sind.
Betrüge der Verkaufspreis des Boots nur 90.000 EUR, dann könnte P nur 19 % von 90.000 EUR = 17.100 EUR als Vorsteuerabzug geltend machen.
Rz. 437
Durch diese Beschränkung des Vorsteuerabzugs auf den Steuerbetrag, der sich bei fiktiver Steuerpflicht des Entgelts ergäbe, wird erreicht, dass der zwischenzeitliche Wertverzehr, der im nichtunternehmerischen Bereich angefallen ist, nicht als unentgeltliche Wertabgabe gem. § 3 Abs. 9a UStG umsatzsteuerlich erfasst werden muss. Eine Wertsteigerung kommt dem Verkäufer nur bis zur Höhe der historischen Vorsteuerbelastung zugute. Im Bestimmungsland wird die Wertsteigerung aber durch die nach dem Entgelt zu bemessende Erwerbsbesteuerung belastet.
Der Gesetzeswortlaut ist zwar nicht eindeutig hinsichtlich der Frage, ob bei der Vorsteuerberechnung der Verkaufspreis des Fahrzeuglieferers gem. § 2a UStG als Brutto- oder als Nettopreis zu verstehen ist, d. h. ob in der Gegenleistung die Steuer enthalten ist oder nicht. Weil aber die Lieferung des Fahrzeuglieferers gem. § 6a UStG steuerfrei ist, spricht vieles dafür, das steuerfreie Entgelt auch als Entgelt i. S. d. Vorsteuerberechnung anzusehen. So ist das Beispiel in Rz. 390 gelöst.