3.1 Die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse
Rz. 72
Nach § 15a Abs. 1 S. 1 UStG in der bis 31.12.2001 gültigen Fassung waren Ausgangspunkt der Berichtigung nach § 15a UStG die Verhältnisse, die im Kj. der erstmaligen Verwendung (sog. Erstjahr) für den Vorsteuerabzug maßgebend waren. Mit diesen waren die Verhältnisse in den jeweiligen Folgejahren zu vergleichen. Kj. der erstmaligen Verwendung war das Jahr, in dem mit der Verwendung des Wirtschaftsguts zur Ausführung von Umsätzen begonnen wurde. Das musste nicht das Jahr der Anschaffung oder Herstellung sein (Rz. 160). Nach § 15a Abs. 1 S. 1 UStG in der ab 1.1.2002 gültigen Fassung und § 15a Abs. 2 S. 1 UStG in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung sind hingegen die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse Ausgangspunkt der Berichtigung. Das sind die zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs vorhandenen oder beabsichtigten Verwendungsverhältnisse, im Falle der Anzahlung oder Vorauszahlung die im Zeitpunkt der Anzahlung oder Vorauszahlung beabsichtigten Verwendungsverhältnisse. Diese werden mit den Verwendungsverhältnissen im Zeitpunkt der tatsächlichen Verwendung verglichen. Das Jahr der Rechnungstellung spielt dabei keine Rolle.
Rz. 73
Die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse sind in erster Linie diejenigen, die für die Beurteilung des Umfangs des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 2 bis 4 UStG von Bedeutung waren. Dafür sprechen die Entstehungsgeschichte der Vorschrift und die Übernahme der identischen Begriffe aus § 15 Abs. 2 bis 4 UStG. Insofern sind die mWv 1.1.2011 eingeführten Berichtigungsregelungen des § 15a Abs. 6a und Abs. 8 S. 2 UStG bei Übergängen zwischen unternehmerischer und nichtunternehmerischer Verwendung ein Fremdkörper in § 15a UStG.
Rz. 74
Wird der Vorsteuerabzug vor dem Besteuerungszeitraum der erstmaligen Verwendung in Anspruch genommen, so ist für die Anwendung des § 15 Abs. 2ff. UStG die beabsichtigte Verwendung des Wirtschaftsguts zugrunde zu legen. Weichen die späteren tatsächlichen Verwendungsverhältnisse hiervon ab, greift § 15a UStG ein.
Rz. 75
Nach dem Wortlaut des § 15a Abs. 1 S. 1 UStG wäre eine Vorsteuerberichtigung nicht vorzunehmen, wenn sich die maßgebenden Verhältnisse nicht ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung, sondern bereits davor geändert haben. Eine richtlinienkonforme Auslegung führt jedoch dazu, dass die Vorsteuerberichtigung in allen Fällen geboten ist, in denen sich bei Investitionsgütern die für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse (Rz. 73) geändert haben. Insofern kann es nur darauf ankommen, dass der vor Ablauf des maßgeblichen Berichtigungszeitraums mit dem verwendungsfähigen Wirtschaftsgut getätigte Umsatz anders zu beurteilen ist als die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendungsabsicht. Es spielt also keine Rolle, ob die erstmalige Verwendung vor oder nach der Änderung der Verhältnisse erfolgt. Allerdings kommt eine Vorsteuerberichtigung erst ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung des Wirtschaftsguts in Betracht.
3.2 Spätere Änderungen
3.2.1 Allgemeines
Rz. 76
Da nach § 15a Abs. 1 S. 1 UStG in der ab 1.1.2002 gültigen Fassung und Abs. 2 S. 1 in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung Vergleichsmaßstab für eine Vorsteuerberichtigung allein die beim Leistungsbezug vorhandenen oder beabsichtigten Verwendungsverhältnisse sind (Rz. 9), kann nunmehr auch im Kj. der erstmaligen tatsächlichen Verwendung eine Vorsteuerberichtigung möglich sein. Kommt es allerdings bereits im Besteuerungszeitraum des Leistungsbezugs zur Verwendung der bezogenen Leistung, so muss sich der Umfang des Vorsteuerabzugs m. E. nach der tatsächlichen und nicht nach der beabsichtigten Verwendung richten. Für § 15a UStG ist in einem solchen Fall kein Raum.
Rz. 77
Eine Änderung der Verhältnisse i. S. d. § 15a UStG liegt in erster Linie vor, wenn sich in der Folgezeit ein höherer oder niedrigerer Vorsteuerabzug ergeben würde, als er nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs zulässig war. Bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ist jeweils für jedes Kj. der Änderung fiktiv zu prüfen, in welchem Umfang der Vorsteuerabzug gegeben wäre, wenn die zeitlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erst in dem jeweiligen Kj. der Änderung gegeben wären. Hierfür sind jeweils die Verwendungsverhältnisse des Wirtschaftsguts in den einzelnen Kalenderjahren der Änderung zu bestimmen. Maßgebend sind auch hier die Verhältnisse im gesamten Kalenderjahr. Differieren die Verhältnisse im Laufe des Jahres, so sind die jeweiligen Verhältnisse für die einzelnen Zeitabschnitte zu ermitteln und nach entsprechender Gewichtung zu einem einheitlichen Jahresverwendungsverhältnis zusammenzufassen.
Erstmalige Verwendung des Wirtschaftsguts im Juli 01
Verwendungsverhältnisse im Jahr 01:
Verwendung zur Ausführung |
steuerpfl. |
steuerfreie Umsätze (§ 4 Nr. 8ff.) |
Juli 01 |
100 % |
0 |
August-Oktober 01 |
80 % |
20... |