4.1 Allgemeines
Rz. 37
Nach § 16 Abs. 5 UStG werden Personenbeförderungsleistungen im Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen, die nicht im Inland zugelassen sind, im Wege der Einzelbesteuerung (sog. Beförderungseinzelbesteuerung) an der Grenze zum Drittlandsgebiet (z. B. Schweiz) durch die Zolldienststelle erfasst. Dies gilt für Fahrten im Gelegenheitsverkehr, bei denen eine Drittlandsgrenze auf dem Weg von Deutschland in das Drittland oder umgekehrt überschritten wird (z. B. Schweiz). Das Wesen der Einzelbesteuerung besteht darin, dass die Steuer – ähnlich der EUSt – von der zuständigen Steuerbehörde für jeden einzelnen stpfl. Umsatz berechnet und festgesetzt wird. Die Einzelbesteuerung entspricht den Interessen aller Beteiligten: Der Beförderer, der seine inländischen Transportleistungen nur gelegentlich ausführt, wird davon verschont, sich einem fremden Besteuerungsverfahren mit permanenten Pflichten zu unterwerfen. Für die inländischen Steuerbehörden ist das Verfahren einfacher und effektiver. Das eigentliche Verfahren der Beförderungseinzelbesteuerung ist in § 18 Abs. 5 UStG geregelt.
Rz. 37a
Mit dem Jahressteuergesetz 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) ist die Umsetzung der zweiten Stufe des sog. Mehrwertsteuer-Digitalpakets zum 1.7.2021 erfolgt. Seit dem 1.7.2021 können sowohl nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmen als auch im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmen, die grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit Kraftfahrzeugen an Nichtunternehmer erbringen, auch von den besonderen Besteuerungsverfahren – im Inland nach §§ 18i oder 18j UStG (One-Stop-Shop-Verfahren) – Gebrauch machen. Hierzu wird auf das aktuelle BMF-Schreiben und insbesondere dessen Anlage das "Merkblatt zur Besteuerung von Umsätzen bei grenzüberschreitenden Personenbeförderungen mit Kraftomnibussen, die nicht in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen sind – Stand: 1.4.2024" verwiesen.
Zudem hat das BMF den UStAE an die Neuregelung angepasst.
Die bislang nur über das vorgenannte BMF-Schreiben v. 5.3.2024 umgesetzte und seit dem 1.7.2021 geltende Regelung soll auch gesetzgeberisch nachvollzogen werden. Dazu wird im Rahmen des laufenden Gesetzgebungsverfahrens zum Jahressteuergesetz 2024 ein § 15 Abs. 5c UStG eingefügt.
Rz. 37b
Die Regelungen in §§ 16 Abs. 5 und 18 Abs. 5 UStG sind angemeldete und zulässige Vereinfachungsregelungen i. S. v. Art. 250ff. der MwStSystRL. Dass die grenzüberschreitende Personenbeförderung mit Bussen im Gegensatz zur grenzüberschreitenden Personenbeförderung mit Luftfahrzeugen nicht steuerbefreit ist, verstößt nicht gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung.
Rz. 38
Durch § 18 Abs. 11 UStG wurde mWv 21.10.1995 die gesetzliche Grundlage geschaffen, um die betr. Beförderer zwecks Einhaltung ihrer umsatzsteuerlichen Pflichten überwachen zu können.
Rz. 39
Zuständiges FA ist in diesen Fällen, falls das Beförderungsunternehmen von der Bundesrepublik Deutschland aus betrieben wird, das FA, von dessen Bezirk aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (§ 21 Abs. 1 S. 1 AO). Für Unternehmer aus bestimmten Staaten hat das BMF die Zuständigkeit eines bestimmten FA angeordnet § 18 Abs. 1-4 UStG Rz. 11.
Rz. 40
Das BMF hat in einem Merkblatt umfangreiche Anweisungen zum Verfahren bei der Einzelbesteuerung erteilt (ferner Abschn. 16.2 und 16.3 UStAE).
4.2 Voraussetzungen der Beförderungseinzelbesteuerung
Rz. 41
Bei der Beförderungseinzelbesteuerung ist nicht darauf abzustellen, ob der Unternehmer ein ausländischer Beförderer ist. Vielmehr ist maßgebend, dass der Kraftomnibus, mit dem die Personenbeförderungen im Gelegenheitsverkehr durchgeführt werden, nicht im Inland zugelassen ist. Ohne Bedeutung ist, ob der Unternehmer Eigentümer des Kraftomnibusses ist oder ob er ihn angemietet hat (Abschn. 16.2 Abs. 1 UStAE). Allerdings ist bei der Anmietung des Kraftomnibusses zu beachten, dass der Beförderungsleistung eine an den Unternehmer erbrachte Vermietungsleistung vorangeht. Diese Vermietung hat ihren Leistungsort seit 2010 nicht mehr am Sitz des leistenden Unternehmers (§ 3a Abs. 1 UStG i. d. F. bis 2009), sondern grundsätzlich am Sitz des Leistungsempfängers (§ 3a Abs. 2 UStG i. d. F. ab 2010). D. h. bezüglich der Vermietungsleistung an den den Kraftomnibus betreibenden Unternehmer ist sehr wohl darauf abzustellen, wo dieser seinen Unternehmenssitz bzw. seine Betriebsstätte unterhält. Dies gilt aber wiederum nur insoweit, als der den Kraftomnibus vermietende Unternehmer in der EU ansässig ist. Wird die Vermietung von einem Unternehmer erbracht, der bezüglich dieser Leistung sein Unternehmen ...