6.1 Allgemeines
Rz. 49
Der Grundtatbestand des § 17 Abs. 1 S. 1 UStG ist die Änderung der Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG durch Minderung oder Erhöhung. Es muss sich also
- um einen steuerpflichtigen Umsatz handeln, bei dem sich
- die Bemessungsgrundlage geändert hat, und zwar nach der Entstehung des Steueranspruchs und des Vorsteuerabzugs (Rz. 28).
Der betroffene Umsatz muss steuerpflichtig gewesen sein. Ohne Steuerpflicht käme weder eine Steuerschuld noch ein Vorsteuerabzug in Betracht. Auch der innergemeinschaftliche Erwerb ist regelmäßig steuerpflichtig. Allerdings fällt dieser Umsatz nicht unter den Grundtatbestand des § 17 Abs. 1 S. 1 UStG. Für den innergemeinschaftlichen Erwerb gilt die Regelung nach § 17 Abs. 1 S. 5 UStG jedoch sinngemäß.
§ 17 Abs. 1 S. 1 UStG ist nicht nur auf den Fall der Minderung, sondern auch auf eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage anwendbar, obwohl das Unionsrecht (Art. 90 Abs. 1 und 2 MwStSystRL) nur Minderungsfälle bezeichnet. Die Deutung, dass auch nachträgliche Erhöhungen der Bemessungsgrundlage zu besteuern sind, folgt aus der Grundregel des Art. 73 MwStSystRL, wonach die Bemessungsgrundlage "alles" umfasst, was letztlich den Wert für die Gegenleistung bildet. Dann wirken aber sowohl nachträgliche Minderungen als auch Erhöhungen der Bemessungsgrundlage auf die Höhe des Steuerbetrags ein. Danach ist nicht davon auszugehen, dass eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage nur deshalb nicht zu erfassen wäre, weil der Richtliniengeber für diesen Fall keine klarstellende Vorschrift erlassen hat.
6.2 Entgeltlicher und unentgeltlicher Umsatz
Rz. 50
Die Berichtigungsregelung des § 17 Abs. 1 UStG gilt nicht nur für entgeltliche, sondern auch für unentgeltliche Umsätze. Bereits aus der Gleichstellung der wesentlichen unentgeltlichen Fälle mit entgeltlichen Lieferungen (§ 3 Abs. 1b Nr. 1–3 UStG) bzw. entgeltlichen sonstigen Leistungen (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 u. 2 UStG) werden diese Lieferungen bzw. sonstigen Leistungen wie diejenigen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG behandelt, die in § 17 Abs. 1 S. 1 UStG genannt werden. Sie gilt auch sinngemäß für die innergemeinschaftlichen Erwerbe i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG, die im Fall des Verbringens über die Fiktion des § 1a Abs. 2 UStG steuerbar sind. Zwischen beiden Gruppen gibt es hinsichtlich der Bemessungsgrundlage insoweit Unterschiede, als diese sich bei den entgeltlichen Umsätzen aus der Gegenleistung ergibt, also aus dem Entgelt bzw. beim Tausch oder den tauschähnlichen Umsätzen aus dem Wert der anderen Lieferung oder sonstigen Leistung. Demgegenüber bemisst sich der unentgeltliche Umsatz gem. § 10 Abs. 4 Nr. 1–3 UStG nach Hilfswerten, dem fiktiven Einkaufspreis zuzüglich Nebenkosten oder den Selbstkosten (Nr. 1), den bei der Ausführung des Umsatzes entstandenen Ausgaben, bei Nr. 2 einschließlich der Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts, bei allen aber abzüglich der in ihnen enthaltenen USt.
Rz. 51
Die Fälle der Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG sind entgeltliche Umsätze, die allerdings hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und ihrer Änderung gleich den unentgeltlichen Umsätzen zu behandeln sind. Das ergibt sich aus dem Vorrang der Bemessungsgrundlage des § 10 Abs. 4 UStG vor derjenigen des Entgelts nach § 10 Abs. 1 UStG, wenn der Vergleich nach § 10 Abs. 5 UStG, nämlich der zwischen § 10 Abs. 1 UStG und § 10 Abs. 4 UStG Letzterem den Vorzug geben muss.
6.2.1 Änderungen bei entgeltlichen Umsätzen
6.2.1.1 Änderung des Entgelts
6.2.1.1.1 Entgelt
Rz. 52
Entgelt ist nach § 10 Abs. 1 S. 2 UStG alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der leistende Unternehmer vom Leistungsempfänger oder von einem anderen als dem Leistungsempfänger für die Leistung erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen, jedoch abzüglich der für diese Leistung gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer. Nicht zum Entgelt gehört somit die USt. Zur Bemessungsgrundlage kann ausnahmsweise das gehören, was der Leistungsempfänger an einen Dritten leistet. Voraussetzung für die Behandlung als Entgelt ist aber, dass die Leistung an den Dritten wirtschaftlich als Leistung an den Leistungsempfänger anzusehen ist. Der BFH nimmt h. E. zutreffend keine Änderung des Entgelts in dem Fall an, in dem ein Käufer vom Verkäufer zusätzlich zur Ware einen Chip erhält, der zum Erlangen von Leistungen eines Dritten (z. B. Parkplatz) berechtigt, und zwar unabhängig davon, ob der Käufer den Chip annimmt oder verwendet. Keine Änderung des Entgelts ist auch anzunehmen, wenn ein in einem anderen EU-Mitgliedsland ansässiger Unternehmer in einer Lieferkette, der eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung an einen im Inland a...