Rz. 156a

Der BFH[1] hat mit der Begründung der Rolle des Steuereinnehmers in den Fällen der Sollversteuerung eine Uneinbringlichkeit i. S. d. § 17 Abs. 2 S. 1 UStG auch dann angenommen, wenn ein der Sollversteuerung unterliegender Unternehmer seinen Entgeltanspruch wegen eines vertraglich vereinbarten Sicherungseinbehalts zur Absicherung von Gewährleistungsansprüchen für einen Zeitraum von 2 bis 6 Jahren nicht verwirklichen kann. Der BFH begründet die Uneinbringlichkeit damit, dass der Unternehmer als Sollversteuerer die Umsatzversteuerung mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Vollendung seiner Leistung schuldet, einen Teil der Gegenleistung aber erst lange danach vom Leistungsempfänger erhalte. Bei verfassungsrechtlich zulässiger Handhabung sei der als Steuereinnehmer für den Fiskus eingesetzte leistende Unternehmer im Fall der Sollversteuerung zwar für längere Zeit zu Vorleistungen an den Fiskus verpflichtet, müsse aber dadurch die Annahme einer vorläufigen Uneinbringlichkeit entlastet werden.

Die neue Rechtsprechung durch diese Entscheidung ist im Schrifttum positiv aufgenommen worden.[2] Sie soll unabhängig davon gelten, ob der Gewährleistungseinbehalt aufgrund einer Vereinbarung unter den Vertragsparteien oder ohne eine solche in Anspruch genommen wird.[3] Die Verwaltung hat die Rechtsprechung des BFH übernommen, allerdings nur für die Fälle des vereinbarten Sicherungseinbehalts.[4] Für einen kürzeren Zeitraum als für zwei Jahre hat der BFH die Uneinbringlichkeit bisher nicht zugelassen. Weiter hat der BFH für den Fall der Ablösung des Garantierückbehalts durch eine Bankbürgschaft oder eine ähnliche Sicherheit eine Uneinbringlichkeit abgelehnt. Diese Einschränkung wird von der Verwaltung geteilt.[5] Auch hat der BFH die Frage nicht beantwortet, ob eine vorläufige Uneinbringlichkeit auch in anderen vergleichbaren Fallgruppen, wie z. B. bei Leasing- und langfristigen Abzahlungsfällen entsprechend anwendbar ist. Es sind noch weitere Fallgruppen denkbar, etwa bei Stundungen und Darlehnsverträgen, für die eine Anwendung in Betracht kommt.

 

Rz. 156b

Zu dem Fall der Zahlung des Leistungsentgeltes über eine Reihe von Raten, die sich über mehrere Jahre erstrecken, s. Rz. 28 und Rz. 147.

[2] Hummel, D., UR 2015, 2.
[3] Siehe Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG (01.2021), § 17 UStG Rz. 411.

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