1.1 Vorabdarstellung
Rz. 1
In § 18 Abs. 4 S. 1 und 2 UStG wurden jeweils ausdrückliche Entrichtungsgebote aufgenommen, um dem Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 103 Abs. 2 GG, § 3 des OWiG), nach dem für die Sanktionierung einer Zahlungsverpflichtung ein verwaltungsrechtliches Gebot Voraussetzung ist, zu entsprechen. Durch den Zusatz, dass die fällige Umsatzsteuer vom Unternehmer zu entrichten ist, erfolgt eine sprachliche Anpassung an Art. 206 MwStSystRL. Die Möglichkeit der Entrichtung der fälligen Umsatzsteuer durch einen Dritten bleibt davon unberührt. Darüber hinaus wurde § 18 Abs. 4 S. 2 UStG um die Bestimmung der Fälligkeit des Unterschiedsbetrags zugunsten des FA bei einer von der Steueranmeldung für den Voranmeldungszeitraum abweichenden Festsetzung ergänzt. Außerdem wurde die Regelung in § 18 Abs. 4 S. 2 UStG um Fälle der unterbliebenen Abgabe einer Steueranmeldung erweitert, um i. V. m. § 26a Abs. 1 UStG neu – auch Schätzungsfälle aufgrund der Nichtentrichtung von Umsatzsteuer sanktionieren zu können. Bei einem Schätzungsbescheid handelt es sich nicht um eine Steueranmeldung, sondern um eine Steuerfestsetzung. Die Fälligkeit einer Steuerfestsetzung richtet sich grundsätzlich nach § 220 Abs. 2 AO und nicht nach § 220 Abs. 1 AO i. V. m. § 18 Abs. 1 S. 4 UStG. Daher würde eine auf einer Schätzung beruhende Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung bzw. der Umsatzsteuer für das Kalenderjahr ohne die entsprechende Ergänzung in dem neuen § 18 Abs. 4 S. 2 UStG nicht unter den Wortlaut des § 26a Abs. 1 UStG neu – fallen. Mit der vorgenommenen Ergänzung in § 18 Abs. 4 S. 2 UStG werden diese Fälle nun auch erfasst. Auf Grundlage der Entrichtungspflicht nach § 18 Abs. 4 S. 1 und 2 UStG sieht der Bußgeldtatbestand des neuen § 26a Abs. 1 UStG eine Sanktionierung der Nicht- oder nicht vollständigen Entrichtung der Umsatzsteuer zum Fälligkeitszeitpunkt vor.
Zu den Rechtsfolgen und weiteren Änderungen in diesem Zusammenhang siehe § 26a UStG i. d. F. ab 1.7.2021.
1.2 Bedeutung der Vorschrift im sog. Mehrwertsteuersystem
Rz. 1a
Die USt ist eine Anmeldesteuer i. S. v. § 150 Abs. 1 S. 3 AO. Die Besonderheit der Anmeldesteuern besteht darin, dass der Steuerpflichtige die Steuer selbst berechnet.
Der Steuerpflichtige hat demnach über die Steuerbarkeit, ggf. die Steuerfreiheit, die Steuerpflicht, die Einordnung nach Steuersätzen, die Fragen der Bemessungsgrundlagen, der Entstehung der Steuer sowie des Vorsteuerabzugs und der Zuordnung zu einem Besteuerungszeitraum zu entscheiden. § 18 UStG enthält die gesetzlichen Grundlagen zur Schnittstelle zwischen dem Steuerpflichtigen und dem FA. Der Überschrift des § 18 UStG folgend, enthält die Vorschrift die Regelungen des Besteuerungsverfahrens. Dabei beinhalten die Abs. 1 bis 4 die Grundsätze des Besteuerungsverfahrens insoweit, wie es für die Mehrzahl der Unternehmer von Bedeutung ist.
- Die Abs. 1 bis 2a regeln die Grundsätze des Voranmeldungsverfahrens.
- Die Abs. 3 und 4 regeln die Grundsätze zur Übermittlung einer Jahressteuererklärung.
Wegen der Besonderheit der USt als Anmeldesteuer steht § 18 Abs. 1–4 UStG in einem unmittelbaren Zusammenhang mit § 16 UStG (Steuerberechnung, Besteuerungszeitraum) und in engem Zusammenhang mit § 13 UStG (Entstehung der Steuer) sowie den §§ 10 (Bemessungsgrundlage) und 17 UStG (Änderung der Bemessungsgrundlage). Bezüglich der Frage, wer das Besteuerungsverfahren durchzuführen hat, greift § 18 UStG m. E. unmittelbar auf den Steuerschuldner gem. § 13a UStG zu (Rz. 14).
1.3 Entstehungsgeschichte der Vorschrift
Rz. 2
Das vorherrschende Verfahren bei der Umsatzbesteuerung ist seit jeher das Voranmeldungs- und Vorauszahlungsverfahren. Es wird als Abschnittsbesteuerung durchgeführt. Danach hat der Unternehmer grundsätzlich nach Ablauf eines jeden Voranmeldungszeitraums (= Kalendermonat oder -vierteljahr) eine Voranmeldung abzugeben und gleichzeitig die entsprechende Vorauszahlung zu entrichten. Die USt für das Kalenderjahr wurde bis Ende 1976 vom FA durch Veranlagung festgesetzt. Durch die Einführung des sog. Mehrwertsteuersystems ab 1.1.1968 hat sich an den Grundzügen des Voranmeldungs- und Vorauszahlungsverfahrens und an dem Verfahren zur Festsetzung der Jahresumsatzsteuer nichts geändert. Eine bedeutsame Änderung des Besteuerungsverfahrens ist jedoch mit dem Inkrafttreten der Abgabenordnung 1977 (AO) eingetreten. Die USt hat seit dem 1. Januar 1977 ihre Eigenschaft als Veranlagungsteuer verloren. Sie ist seither eine Anmeldungs- und Fälligkeitssteuer (Rz. 8). Durch Art. 17 Nr. 7 Buchst. b des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung ist § 18 Abs. 1 S. 1 UStG 1973 geändert worden. Die Vorschrift besagt nicht mehr, dass der Unternehmer zur USt veranlagt wird. Die Festsetzung der Jahresumsatzsteuer erfolgt vielmehr aufgrund der vom Unternehmer selbst berechneten Steuer durch Abgabe der USt-Jahreserklärung. Näheres über die Wirkung der USt-Jahreserklärung als Steueranmeldung vgl. Rz. 8.
Rz. 3
Das UStG 1980 hat das Voranmeldungs- und Vorauszahlungsverfahren und das Verf...