Rz. 56
Selbst bei Beachtung aller Sorgfaltsanordnungen ist ein Problem der Wirkung von positiven Bestätigungsmitteilungen in der Praxis allerdings unvermeidbar: Falls die Gültigkeit einer ausländischen USt-IdNr. vom BZSt bestätigt worden ist, die Finanzbehörde des anderen EU-Staates aber diese USt-IdNr. nachträglich löscht oder gar rückwirkend für ungültig erklärt, dann ist der Unternehmer nun im Besitz einer Bestätigungserklärung nach § 18e UStG, die inhaltlich ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr richtig ist. Im konkreten Fall kann das dann eine oder mehrere Leistungen betreffen. Da eine regelmäßige "Auffrischung" der Bestätigung jedenfalls nach dem Gesetz nicht erforderlich ist, könnte dieser Unternehmer(jedenfalls nach der Rechtslage bis zum 31.12.2019) u. U. über Monate oder Jahre hinweg steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen an den betroffenen ausländischen Unternehmer ausführen und sich mit Blick auf den guten Glauben auf die vorliegende positive Bestätigungsanfrage berufen, sofern sein guter Glaube nicht aus anderen Gründen anzuzweifeln ist. Dazu ist ergänzend anzumerken, dass andere Mitgliedstaaten in der Praxis USt-IdNrn. auch nachträglich (rückwirkend) für unwirksam erklärt haben; das BZSt hat darauf bei einer Bestätigungsmitteilung keinen Einfluss, weil über die Wirksamkeit von USt-IdNrn. nur die nationalen Finanzbehörden entscheiden und das BZSt nur den Sachstand zum jeweiligen Zeitpunkt der Anfrage mitteilen kann.
Rz. 57
Zur Lösung des vorgenannten Problems ist zunächst -unabhängig vom Zeitpunkt der Anfrage an das BZSt- danach zu unterscheiden, ob die Leistung vor oder nach dem Löschungstermin der USt-IdNr. erfolgte. Für alle vorher getätigten Leistungen ist die Rechtslage bei einem gleichfalls vorher durchgeführten Bestätigungsverfahren m. E. eindeutig; die nachträgliche Löschung ist unbeachtlich, sofern der Unternehmer im Zeitpunkt der Leistung nicht bösgläubig war. Diese Wirkung muss m. E. aus Gründen der Rechtssicherheit auch für Leistungen nach dem Löschungstermin gelten, sofern der Unternehmer nicht auf anderem Weg von der Unwirksamkeit dieser Nummer erfahren hat oder sonst bösgläubig war. Wenn schon das BZSt nichts von der Löschung der ausländischen USt-IdNr. weiß, dann kann der inländische Unternehmer dies erst recht nicht wissen. Derartig nachträglich eingetretene Umstände gehen deshalb zulasten der Finanzbehörde. Für den Fall der Löschung einer USt-IdNr. mit Rückwirkung durch die Finanzbehörden anderer Mitgliedstaaten gilt, dass jede nachträglich mit Rückwirkung vorgenommene "Ungültigkeitserklärung" einer USt-IdNr. in sich widersprüchlich ist; solche Maßnahmen ausländischer Finanzbehörden können daher in Deutschland m. E. – jedenfalls im Hinblick auf die bestätigte USt-IdNr. – keinen Einfluss auf bereits abgewickelte Leistungen haben. Abgesehen davon spricht gegen die Möglichkeit der Berücksichtigung solch rückwirkender Aberkennungen wohl auch der unionsrechtliche Grundsatz, dass es einem Unternehmer zum Zeitpunkt der Ausführung einer Leistung bekannt sein muss, welche steuerlichen Folgen im konkreten Fall greifen. Erhält er also eine "positive" Bestätigungsmitteilung, dann muss er sich darauf aus Gründen der Rechtssicherheit auch verlassen dürfen.
Rz. 58
Ein Blick auf die Praxis verdeutlicht, dass gerade die für deutsche Unternehmer problematischen Betrugsfälle im Zusammenhang mit innergemeinschaftlichen Lieferungen in das EU-Ausland überwiegend bei neu gegründeten Unternehmen aufgetreten sind; insoweit dürfte die erste Anfrage immer die wichtigste sein. Der klassische "missing-trader" zeichnet sich u. a. dadurch aus, dass er nur kurzfristig am Markt tätig wird, wie sein Name schon vermuten lässt. Dies ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass eine solche natürliche oder juristische Person immer dann für den Steuerhinterzieher "nutzlos" wird, wenn sie einmal von der jeweiligen inländischen Finanzbehörde entdeckt wurde.