Rz. 136
Von der Fiktion, dass ein unternehmerisches Verbringen als Lieferung gegen Entgelt gilt, ist nach § 3 Abs. 1a UStG die "nur vorübergehende Verwendung" ausgenommen. Dementsprechend bestimmt § 1a Abs. 2 S. 1 UStG, dass das Verbringen von Gegenständen ins Inland zur nur vorübergehenden Verwendung kein unternehmensinternes steuerpflichtiges Verbringen ist. Das UStG enthält keine Begriffsbestimmung der nur vorübergehenden Verwendung, wohl aber der vorübergehenden Verwendung, die auf die entsprechenden Zollvorschriften Bezug nimmt. Im Rahmen der zollrechtlichen vorübergehenden Verwendung können Gegenstände für einen vorübergehenden Zeitraum im Inland zollfrei eingeführt werden, um anschließend wieder ausgeführt zu werden. Diese Begriffsbestimmung entspricht auch Sinn und Zweck der Binnenmarkt-Regelung, die in den inländischen Wirtschaftskreislauf dauernd überführten Gegenstände auch hier umsatzsteuerlich zu erfassen. Der Wortlaut des § 1a Abs. 2 UStG legt die Auslegung nahe, ein steuerpflichtiges innergemeinschaftliches Verbringen liege nur vor, wenn der Gegenstand der Lieferung auf Dauer ins Inland verbracht wird. Sollen Gegenstände im Inland dagegen nur vorübergehend verwendet werden, wäre die Warenbewegung über die innergemeinschaftlichen Grenzen nicht steuerbar. Zur Auslegung des Begriffes "nur vorübergehende Verwendung" ist in richtlinienkonformer Auslegung Art. 17 Abs. 2 MwStSystRL heranzuziehen, der eine abschließende Aufzählung der Umsätze enthält, die ein Verbringen ausschließen, wenn der Unternehmer deren Ausführung mit dem Gegenstand bezweckt. Der Aufzählung der Umsätze ist zu entnehmen, dass eine vorübergehende Verwendung nicht nur als eine zeitabhängige Verwendung zu verstehen, sondern dass in den in Art. 17 Abs. 2 Buchst. a bis g MwStSystRL aufgezählten Fällen auf die Art der Verwendung abgestellt ist. Das bedeutet, dass es in diesen Fällen auf die Absicht des Unternehmers ankommt, die Gegenstände zweckgerecht zu verwenden. Ändert sich die Zweckbestimmung, z. B. bei Veräußerung des Gegenstandes im Erwerbsland, endet die nur vorübergehende Verwendung und es ist die Erwerbsbesteuerung durchzuführen. Nur in den Fällen der befristeten Verwendung nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. h MwStSystRL wird auf die Dauer der Verwendung abgestellt, eine Regelung, die der zollrechtlichen Regelung des Zollverfahrens der vorübergehenden Verwendung entspricht.
4.3.1 Der Art nach vorübergehende Verwendung (Art. 17 Abs. 2 Buchst. a – g MwStSystRL)
Rz. 137
In Art. 17 Abs. 2 MwStSystRL sind die Ausnahmetatbestände abschließend aufgeführt, nach denen kein innergemeinschaftliches Verbringen vorliegt. Zu Lieferungen, die an Bord von Schiffen, Luftfahrzeugen und Eisenbahnen erfolgen, wird auf Rz. 78, und die Gas, Wärme, Kälte und Elektrizität betreffen, auf Rz. 79 verwiesen
4.3.2 Montage- und Installationslieferungen (Art. 17 Abs. 2 Buchst. b MwStSystRL)
Rz. 138
Art. 17 Abs. 2 Buchst. b MwStSystRL erfasst Lieferungen eines Gegenstands durch den Unternehmer zum Zwecke seiner Installation oder Montage durch den Lieferer oder für dessen Rechnung im Gebiet des Mitgliedstaats der Beendigung der Versendung oder Beförderung. Die Bezugnahme auf Art. 36 MwStSystRL betrifft Gegenstände, die mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Unternehmer oder für dessen Rechnung im Inland installiert oder montiert werden. Es handelt sich i. d. R. um Werklieferungen, die nach Art. 36 MwStSystRL am Ort der Verschaffung der Verfügungsmacht bewirkt werden. Die Gegenstände werden nach der Beförderung, oder Versendung, aber vor der Verschaffung der Verfügungsmacht noch Behandlungen unterzogen, die ihre Marktgängigkeit verändern. Ihr Lieferort liegt in diesen Fällen im Inland und nicht – wie bei sonstigen Lieferungen im Ausgangsstaat (Rz. 66ff.). Das Verbringen des Gegenstands ins Inland unterliegt nicht der Erwerbsbesteuerung.
Rz. 139
Bei Werklieferungen in der Gestalt von Montage- oder Installationsleistungen i. S. v. Art. 36 MwStSystRL bildet nicht die Lieferung der bei der Montage oder Installation verwendeten Gegenstände, sondern die Gesamtleistung der Montage bzw. Installation selbst die Hauptleistung. Das ist der Fall, wenn im Inland Einzelteile zu Maschinen oder Anlagen zusammengebaut werden, z. B. zu einer Abfüllanlage für einen Schaumweinhersteller. Es kann sich dabei um mit dem Grund und Boden fest verbundene Einrichtungen handeln. Keine Montagelieferungen i. d. S. ist der Zusammenbau von lediglich für den Transport auseinander genommener oder noch nicht zusammengesetzter Waren oder Leistungen, deren Inhalt sich im Wesentlichen in der Lieferung des bestellten Gegenstands erschöpft, z. B. Aufstellen von gelieferten Möbeln, einfaches Anschließen von elektrischen Geräten. In diesen Fällen stellt die Warenlieferung die Hauptleistung dar; die üblichen Serviceleistungen sind unselbstständige Nebenleistungen.
Rz....