Rz. 200
Der Begriff "Reihengeschäft" findet sich sowohl wieder im UStG i. d. F. des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften in dem neuen § 3 Abs. 6a S. 1 UStG als auch in der RL 2018/2010 (Erwägungsgründe Abs. 6), mit der Art. 36a MwStSystRL eingefügt wurde. Reihengeschäfte sind in dem neuen § 3 Abs. 6a UStG erfasst, der § 3 Abs. 6 S. 5 und 6 UStG a. F. ersetzt. Nach § 3 Abs. 6a S. 1 UStG liegt ein Reihengeschäft vor, wenn aufeinanderfolgende Lieferungen von Gegenständen eine einzige Beförderung bewirken. Das ist der Fall, wenn dieselben Gegenstände nacheinander geliefert und aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat unmittelbar vom ersten Lieferer bis zum letzten Abnehmer in der Reihe befördert oder versandt werden. Diese Regelung gilt also nicht nur, wenn der erste Lieferer in der Kette dem letzten Abnehmer die Verfügungsmacht verschafft, sondern auch, wenn ein anderer Abnehmer in der Kette oder ein beauftragter Dritter den tatsächlichen Transport durchführt oder veranlasst. Voraussetzung für einen innergemeinschaftlichen Erwerb ist der Umstand, zu welchem Zeitpunkt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, zugunsten des Endabnehmers stattgefunden hat; hat diese vor der innergemeinschaftlichen Beförderung stattgefunden, kann dies dazu führen, dass der erfolgte Erwerb als innergemeinschaftlicher Erwerb einzustufen ist.
Bezeichnend für ein Reihengeschäft ist weiterhin, dass mehrere Umsatzgeschäfte durch eine einzige Warenbewegung ausgeführt werden.
Rz. 201
Bei den Reihengeschäften kann es sich um sog. Dreiecksgeschäfte, bei denen drei Unternehmer aus jeweils drei unterschiedlichen Mitgliedstaaten beteiligt sind (s. Rz 214ff.) beteiligt sind, oder um sog. Kettengeschäfte handeln, denen mehr als drei Umsatzgeschäfte zugrunde liegen. Letztere werden auch vermehrt als Vieleckgeschäfte bezeichnet, obwohl es sich in ihrer Konstruktion um mehrere aufeinander folgende Umsätze handelt.
Rz. 202
§ 3 Abs. 6a S. 1 bis 4 UStG erfasst sämtliche Reihengeschäfte und unterscheiden nicht zwischen innergemeinschaftlichen und sonstigen Reihengeschäften. Danach ist die Warenbewegung nur einer der Lieferungen in der Reihe zuzuordnen, die dann zu einem innergemeinschaftlichen Erwerb führt. Diese Zuordnung richtet sich danach, welcher Unternehmer in der Reihe den Transport der Gegenstände veranlasst hat.
Rz. 203
Wird die Beförderung oder Versendung von dem ersten Unternehmer in der Reihe veranlasst, ist die Beförderung oder Versendung ihm zuzuordnen. Die Regelung stellt damit auf die Transportveranlassung ab und gibt dem Steuerpflichtigen ein einfach zu bestimmendes Kriterium an die Hand. Transportveranlasser ist in diesem Fall der erste Unternehmer in der Reihe, der die Gegenstände selbst befördert oder auf seine Rechnung durch einen Dritten versenden oder befördern lässt. Das Gleiche gilt, wenn der Gegenstand der Lieferung durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet wird. In diesem Fall ist ihm die Lieferung zuzuordnen.
Rz. 204
In § 3 Abs. 6a S. 4 UStG wird der neue Begriff des "Zwischenhändlers" eingeführt, entsprechend der Vorschrift des Art. 36 Abs. 3 MwStSystRL. Zwischenhändler ist ein Abnehmer in der Reihe, der zugleich Lieferer ist und der die Beförderung oder Versendung veranlasst. Im innergemeinschaftlichen Reihengeschäft ist er der Unternehmer, der eine Lieferung mit einem Abnehmer im übrigen Gemeinschaftsgebiet ausführt. Ihm wird die Lieferung seines liefernden Unternehmers zugeordnet, wenn er die Beförderung oder Versendung auf seine Kosten vornimmt. Die gesetzliche Vermutung gilt nicht, wenn der Zwischenhändler nachweist, dass er den Gegenstand nicht als Abnehmer, sondern als Lieferer befördert oder versendet hat. Das ist der Fall, wenn der Zwischenhändler gegenüber seinem Lieferer nicht die einem anderen Mitgliedstaat ausgestellte USt-IdNr., sondern die des Abgangsmitgliedstaats verwendet. Dies hat zur Folge, dass er eine innergemeinschaftliche Lieferung ausführt, die bei seinem Abnehmer zu einem innergemeinschaftlichen Erwerb führt. Jeder andere Beförderer oder Versender ist an zwei Umsatzgeschäften beteiligt, nämlich einmal als Abnehmer und anschließend als Lieferer; in diesem Fall erfolgt die Zuordnung grundsätzlich zu der rechnungsmäßig früheren Lieferung, also zu der, bei der der Beförderer oder Versender Abnehmer ist; von diesem Grundsatz kann nur abgewichen werden, wenn der Beförderer oder Versender nachweist, dass er den Gegenstand als Lieferer transportiert hat.
Rz. 205
Sind mehrere Personen an dem Transport beteiligt (z. B. mehrere Frachtführer), liegt eine unmittelbare Beförderung vom ersten Lieferer bis zum letzten Abnehmer nur vor, wenn die Personen von ein und demselben Unternehmer in der Reihe beauftragt worden sind. Sind dagegen mehrere Unternehmer in der Reihe für den Transport verantwortlich, liegt eine gebrochene Beförderung oder Versendung vor, die...