Rz. 8
§ 1c Abs. 1 UStG beruht auf Art. 3 Abs. 1 Buchst. a i. V. m. Art. 2 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL. Danach unterliegt der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen durch einen Steuerpflichtigen (Unternehmer) oder eine nicht steuerpflichtige juristische Person (juristische Person des öffentlichen oder des privaten Rechts als Nichtunternehmer) nicht der USt, wenn die Lieferung im Gebiet des Mitgliedstaats (im Inland) nach den Art. 148 und 151 MwStSystRL steuerfrei wäre. Wegen des Verweises in Art. 3 Abs. 1 MwStSystRL auf Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziffer i MwStSystRL gilt dies jedoch nur für den Erwerb anderer Gegenstände als neuer Fahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtiger Waren. Für den innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtiger Waren gelten zur Steuerbarkeit die gesonderten Regelungen in Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziffern ii und iii MwStSystRL. Mit dem Wegfall der Erwerbsbesteuerung bei den nach Art. 151 MwStSystRL begünstigten Einrichtungen im Bestimmungsmitgliedstaat entfällt beim Lieferer im Liefermitgliedstaat die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen. An die Stelle dieser Steuerbefreiung tritt die Steuerbefreiung nach Art. 151 MwStSystRL.
Rz. 9
Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii MwStSystRL unterliegt auch der innergemeinschaftliche Erwerb verbrauchsteuerpflichtiger Waren (Energieerzeugnisse, Alkohol und alkoholische Getränke, Tabakwaren) durch Abnehmer i. S. d. Art. 151 MwStSystRL (diplomatische Missionen, internationale Einrichtungen, NATO-Streitkräfte) nicht der Besteuerung. Diese juristischen Personen fallen zwar unter die Ausnahmeregelungen nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL; dennoch ist der innergemeinschaftliche Erwerb verbrauchsteuerpflichtiger Waren nicht steuerbar, weil in diesen Fällen ein Verbrauchsteueranspruch nach der (in Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziffer III MwStSystRL noch genannten) RL 92/12/EWG nicht im Inland entsteht. Nach Art. 7 Abs. 1 der RL 92/12/EWG (ab 1.4.2010 Art. 33 Abs. 1 RL 2008/118/EG; ab 13.2.2023 Art. 33 Abs. 1 der RL (EU) 2020/262) ist der Bezug verbrauchsteuerpflichtiger Waren durch die hier betroffenen Einrichtungen nur dann im Bestimmungsland verbrauchsteuerbar, wenn die Waren zu gewerblichen Zwecken verwendet werden. Da diese Voraussetzung bei dem Abnehmerkreis des Art. 151 MwStSystRL nicht erfüllt ist, unterliegt die Lieferung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren an solche Einrichtungen grundsätzlich nicht im Bestimmungsland (Inland), sondern im Ursprungsland der Verbrauchsbesteuerung. Die Abgabe der Ware ist dort aber unter den Voraussetzungen des Art. 23 der RL 92/12/EWG (ab 1.4.2010 Art. 12 Abs. 1 RL 2008/118/EG; ab 13.2.2023 Art. 11 Abs. 1 RL (EU) 2020/262) von der Verbrauchsteuer befreit.
Rz. 10
Hinsichtlich der Steuerbarkeit des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Fahrzeuge gilt: die Erwerbsbesteuerung beim innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge gilt für jedermann, also z. B. auch für die diplomatischen Missionen, internationalen Einrichtungen und NATO-Streitkräfte. Der Erwerb unterliegt im Bestimmungsmitgliedstaat der Mehrwertsteuer, ist allerdings steuerfrei, wenn auch die Einfuhr in jedem Fall steuerfrei wäre. Im Ursprungsmitgliedstaat bleibt es bei der Steuerbefreiung für die entsprechende innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs, weil sich innergemeinschaftliche Lieferungen und innergemeinschaftlicher Erwerb spiegelbildlich gegenüberstehen und die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen nach Art. 138 MwStSystRL als Spezialvorschrift, die während der befristeten Übergangszeit nach Art. 402 MwStSystRL anzuwenden ist, der Steuerbefreiung nach Art. 151 MwStSystRL vorgeht.