1.1 Entstehung der Vorschrift
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch das JStG 2020 in das UStG zeitgleich mit der umfassenden Neuregelung zum elektronischen Geschäftsverkehr im Rahmen des s.g. Mehrwertsteuer-Digitalpakets eingefügt. Sie betrifft jedoch nicht unmittelbar den elektronischen Geschäftsverkehr, sondern die Importe von geringwertigen Warensendungen aus dem Drittland. Es handelt sich um eine Sonderregelung für Fernverkäufe von aus Drittländern eingeführten Gegenständen, die direkt an einen Erwerber im Zollgebiet der Union versendet werden.
Rz. 2
Nach § 27 Abs. 34 UStG sind die Regelungen von § 21a UStG erstmals auf Einfuhren anzuwenden, die nach dem 30.6.2021 ausgeführt werden.
Rz. 3
Zeitgleich mit dem Inkrafttreten von § 21a UStG ist die bis dahin bestehende EUSt-Befreiung für Kleinsendungen im Gesamtwert von bis zu 22 EUR pro Sendung seit dem 1.7.2021 durch Aufhebung von § 1a Zollbefreiungsverordnung entfallen. Deshalb unterliegen seitdem alle Einfuhren unabhängig von ihrem Sachwert der EUSt.
Rz. 4
Sendungen mit einem Gesamtwert bis 150 EUR bleiben jedoch nach Art. 23 und 24 Zollbefreiungsverordnung zollfrei und lösen deshalb nur die EUSt aus, für deren Erhebung neben § 21a UStG mehrere Verfahren in Betracht kommen (dazu Rz. 20).
Rz. 5
Die Regelungen von § 21a UStG basieren auf den Sonderregelungen für die Erklärung und Entrichtung der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr nach den Art. 369a ff. MwStSystRL. Wird für die Einfuhr von Gegenständen – mit Ausnahme verbrauchsteuerpflichtiger Waren – in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR die Sonderregelung gemäß Kap. 6 Abschn. 4 MwStSystRL nicht in Anspruch genommen, so gestattet der Mitgliedstaat der Einfuhr der Person, die die Gegenstände im Namen der Person, für die die Gegenstände bestimmt sind, im Gebiet der Gemeinschaft dem Zoll vorführt, Sonderregelungen für die Erklärung und Entrichtung der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr von Gegenständen in Anspruch zu nehmen, deren Versendung oder Beförderung in diesem Mitgliedstaat endet (Art. 369a MwStSystRL).
Rz. 6
Durch § 21a UStG wird Art. 2 Nr. 31 der Richtlinie (EU) 2017/2455 des Rates vom 5.12.2017 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG und der Richtlinie 2009/132/EG in Bezug auf bestimmte mehrwertsteuerliche Pflichten für die Erbringung von Dienstleistungen und für Fernverkäufe von Gegenständen (ABl. L 348 vom 29.12.2017, 7) in der Fassung der Berichtigungen vom 27.7.2018 (ABl. L 190 vom 27.7.2018, 21) und der Richtlinie (EU) Art. 1 Nr. 14 der Richtlinie (EU) 2019/1995, mit dem Titel XII Kapitel 7 der Richtlinie 2006/112/EG neu eingefügt wurde, umgesetzt.
Rz. 7
Die Sonderregelungen von § 21a UStG sollen die Erhebung der EUSt bei der Einfuhr von Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR aus dem Drittlandsgebiet in Fällen vereinfachen, in denen das besondere Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG (s.g. IOSS – Import One Stop Shop) nicht genutzt wird und die Gegenstände im Mitgliedstaat des Verbrauchs eingeführt werden. Die Regelung gilt nicht für Sendungen, die verbrauchsteuerpflichtige Waren enthalten (dazu Rz. 28). Davon unberührt bleibt die Möglichkeit der Nutzung der allgemeinen zollrechtlichen Verfahren (dazu Rz. 20).
1.2 Regelungsinhalt und Systematik
Rz. 8
Gesetzessystematisch beinhaltet § 21a UStG ein besonderes Erhebungsverfahren der EUSt sowie teilweise Ausnahmen von den in § 21 UStG enthaltenen allgemeinen Vorschriften für die EUSt. Auch für die Regelung des besonderen Besteuerungsverfahrens nach § 21a UStG sind wegen § 21 Abs. 2 UStG die Vorschriften für Zölle sinngemäß anzuwenden, soweit § 21a UStG nicht hiervon abweichende Regelungen enthält.
Rz. 9
Steuerschuldner der EUSt ist in den Fällen des § 21a UStG der Sendungsempfänger im Inland. Die gestellende Person (z. B. Post- oder Kurierdienstleister) ist Zahlungspflichtiger der vom Sendungsempfänger entrichteten EUSt. Im Interesse einer vereinfachten Erhebung der EUSt bedarf es unter den Voraussetzungen von § 21a Abs. 1 UStG deshalb keiner Mitwirkung des im Drittland ansässigen Lieferers. Für diesen besteht die Vereinfachung in der nicht erforderlichen Anmeldung und Zahlung der EUSt im Inland. Stattdessen werden die Anmeldung und Zahlung der EUSt auf die gestellende Person verlagert.
Rz. 10
Unter bestimmten Voraussetzungen haftet die gestellende Person für die EUSt (Rz. 14), weshalb das vereinfachte Besteuerungsverfahren nach § 21a UStG erhebliche Risiken für die betroffenen Post- und Kurierdienstleister beinhaltet. Zudem werden sonst auf den im Drittland ansässigen Lieferer entfallende Mitwirkungspflichten (insbesondere Anmelde- und Zahlungspflichten sowie Nachweispflichten) auf die gestellende Person verlagert.
Rz. 11
Die Fälligkeit der unter § 21a UStG fallenden EUSt ist durch § 21 Abs. 3a UStG geregelt. Danach ist die EUSt, für die ein Zahlungsaufschub gem. Art. 110 Buchst. b oder c UZK bewilligt ist (dazu Rz....