Rz. 50
Gem. § 25a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG ist die Differenzbesteuerung auf die Lieferung eines Gebrauchtgegenstands auch dann anzuwenden, wenn die Lieferung, welche zum Erwerb des Gebrauchtgegenstands durch den Wiederverkäufer führte, ihrerseits der Differenzbesteuerung unterlag. Damit werden also auch Geschäfte zwischen Wiederverkäufern von der Vorschrift umfasst.
Rz. 51
Das folgende Beispiel zeigt die Wirkungsweise dieser Regelung:
Geschäfte zwischen Wiederverkäufern
Händler 1 erwirbt von einer Privatperson einen Gebrauchtwagen zum Einkaufspreis von 10.000 EUR. Er verkauft diesen Wagen für 12.000 EUR an Händler 2. Dieser verkauft den Wagen für 14.000 EUR an eine andere Privatperson.
Die Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG für diese Umsätze ergibt folgendes Ergebnis:
Händler 1 hat die Steuer aus 12.000 EUR an sein FA abzuführen; Vorsteuer kann er nicht abziehen, weil er das Fahrzeug aus der Hand eines Privatmanns angekauft hat (§ 15 Abs. 1 UStG). Bei offenem Ausweis der USt in einer Rechnung des Händlers 1 an Händler 2 kann dieser den ausgewiesenen Betrag als Vorsteuer geltend machen, sodass sich für ihn beim Weiterverkauf des Pkw eine Zahllast von 319,32 EUR ergibt. Der Fiskus erhält somit im Wege der fraktionierten Zahllast von Händler 1 1.915,96 EUR und von Händler 2 319,32 EUR, zusammen also 2.235,28 EUR. Das ist genau die in 14.000 EUR enthaltene USt beim Steuersatz von 19 %.
Wenden Händler 1 auf die Lieferung an Händler 2 und dieser später bei der Weiterlieferung an den Privatmann jeweils § 25a UStG an, so ergibt sich folgende Rechnung:
Steuer bei Händler 1:
Verkaufspreis 12.000 EUR ./. Einkaufspreis 10.000 EUR = 2.000 EUR; die darin enthaltene Steuer beim Steuersatz von 19 % i. H. v. 319,32 EUR ist an das FA abzuführen.
Händler 2 hat kein Recht zum Vorsteuerabzug hinsichtlich dieser 319,32 EUR – selbst wenn sie entgegen dem Verbot gem. § 14a Abs. 6 UStG offen ausgewiesen wird. Auch er hat eine Differenz zwischen Verkaufspreis und Einkaufspreis i. H. von 2.000 EUR und muss also auch 319,32 EUR an das FA abführen. Beim Fiskus kommen somit insgesamt 638,64 EUR aus diesen beiden Umsätzen an. Das entspricht der Steuer, die in den 4.000 EUR enthalten ist, um die das Fahrzeug gegenüber dem erstmaligen Ankauf bis zum Verkauf an den letzten Erwerber teurer wurde.
Rz. 52
Das Beispiel macht deutlich, dass die Händler bei der Anwendung der allgemeinen Vorschriften anders kalkulieren müssen als bei der Anwendung des § 25a UStG, wenn sie die gleiche Gewinnspanne erzielen wollen. Die Gewinnspanne bei Händler 1 beträgt im Fall der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften 84,04 EUR nach Abzug der USt. Bei Händler 2 beträgt die Gewinnspanne nach Abzug der USt dagegen 11.764,72 EUR ./. 10.084,04 EUR = 1.680,68 EUR, weil Händler 2 für den Wagen wegen des ihm möglichen Vorsteuerabzugs aus der Rechnung des Händlers 1 nur den Nettobetrag von 10.084,04 EUR aufwenden musste.
Um auch die Gewinnspanne von 1.680,68 EUR zu erreichen, müsste Händler 1 den Wagen also für 11.680,86 EUR zzgl. 19 % USt an Händler 2 verkaufen. Schlägt dieser dann auf diesen Betrag seine Spanne auf, beträgt der Preis für den nächsten Erwerber 11.680,68 EUR + 1.680,68 EUR = 13.361,36 EUR zzgl. 19 % USt = 2.538,66 EUR. Der Bruttopreis beträgt dann 15.900 EUR.
Der Pkw ist hier also für den nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Endkäufer mithin um 1.900 EUR teurer als bei Anwendung des § 25a UStG. Diese 1.900 EUR entsprechen der sog. Nachholwirkung im System der Mehrwertsteuer genau der Steuer auf die 10.000 EUR, die für den Wagen von Händler 1 aufgewandt wurden und die bei ihm Bemessungsgrundlage sind, wenn die allgemeinen Vorschriften des UStG angewandt werden. Indem § 25a UStG diese 1.900 EUR bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage ausblendet, erreicht man die bloße Belastung der Differenz.
Rz. 53
Den unionsrechtlichen Vorgaben und dem deutschen Gesetzeswortlaut ist nicht unmittelbar zu entnehmen, ob es darauf ankommt, dass die Differenzbesteuerung vom Vorunternehmer erlaubterweise angewandt wurde; das Wort "vorgenommen" könnte darauf hindeuten, dass es nur auf die Art der tatsächlichen umsatzsteuerlichen Behandlung des Umsatzes durch den Vorunternehmer ankommt. Das erscheint aber nicht richtig unter systematischen Gesichtspunkten: Wenn die Differenzbesteuerung eine Mehrfachbelastung vermeiden will, dann muss sie aber auch umgekehrt eine partielle Nichtbesteuerung verhindern.
Rz. 54
Diese träte z. B. im folgenden Fall ein:
Fall der Nichtbesteuerung
Händler 2 in Deutschland kauft von Händler 1 in Luxemburg für 11.000 EUR einen gebrauchten Pkw und überführt ihn nach Deutschland; Händler 1 stellt keine USt in Rechnung wegen Anwendung der Differenzbesteuerung. Tatsächlich lagen die Voraussetzungen dafür in Luxemburg nicht vor, denn Händler 1 hatte den Wagen von einem Unternehmer für 10.000 EUR angekauft, der den Vorsteuerabzug für die Anschaffung geltend gemacht hatte. Das Fahrzeug war also bisher ...