Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 1
§ 26 UStG ermächtigt den Gesetzgeber und das BMF in bestimmten, gesetzlich umrissenen Fällen, Regelungen zur Ergänzung des UStG vorzunehmen. Die Ermächtigungen sind dabei teilweise redaktioneller Art, wenn das BMF ermächtigt wird, das Gesetz in der jeweils gültigen Fassung mit neuem Datum und neuer Überschrift im BGBl neu zu veröffentlichen (§ 26 Abs. 6 UStG) oder den Wortlaut des Gesetzes an den Stellen, an denen auf den Zolltarif verwiesen wird, an die jeweils gültige Fassung des Zolltarifs anzupassen (§ 26 Abs. 2 UStG). Teilweise handelt sich aber auch um Regelungen, die erheblichen Einfluss materieller Art haben, wenn das BMF anordnen kann, dass bei der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen im Luftverkehr die Steuer ganz oder teilweise erlassen werden kann (§ 26 Abs. 3 UStG).
Rz. 2
Rechtsverordnungen müssen die Voraussetzungen des Art. 80 GG erfüllen. Danach können durch Gesetz die Bundesregierung, ein Bundesminister oder eine Landesregierung ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden (Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG). Die Rechtsverordnungen werden von der Stelle, die sie erlässt, ausgefertigt und vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung im Bundesgesetzblatt verkündet (Art. 82 Abs. 1 S. 2 GG).
Rz. 3
§ 26 UStG enthält Ermächtigungsvorschriften, die für verschiedene Rechtsnormen von Bedeutung sind. Darüber hinaus enthält das UStG diverse weitere Ermächtigungsvorschriften in den einzelnen Rechtsnormen, die nur für diese anzuwenden sind. Aus diesem Grund ist die Bedeutung des § 26 UStG – soweit es sich um die Möglichkeit des Erlasses von Rechtsverordnungen handelt – sehr eingeschränkt. Regelmäßig wird vom BMF von den Ermächtigungsvorschriften zu den Einzelnormen Gebrauch gemacht.
Rz. 4
Die Ermächtigungsvorschriften des § 26 UStG haben unterschiedliche Adressaten. Die Bundesregierung wird in § 26 Abs. 1 UStG ermächtigt, zur Wahrung der Gleichmäßigkeit bei der Besteuerung, zur Beseitigung von Unbilligkeiten in Härtefällen oder zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens bestimmte Gesetzesvorgaben näher zu bestimmen; eine Ermächtigung, neue Vorschriften zu erlassen, ist damit nicht verbunden. Darüber hinaus können bestimmte zeitliche Bindungen verkürzt werden.
Rz. 5
Für das BMF ergeben sich verschiedene Möglichkeiten, durch Rechtsverordnungen Regelungen zu treffen:
- Das BMF kann (mit Zustimmung des Bundesrats) Anpassungen des Wortlauts des Gesetzes und von Rechtsverordnungen an einen geänderten Wortlaut des Zolltarifs vornehmen (§ 26 Abs. 2 UStG).
- Das BMF kann (ohne Zustimmung des Bundesrats) die Steuer für die grenzüberschreitende Beförderung von Personen im Luftverkehr ganz oder teilweise erlassen. Für ausländische Unternehmer kann dies davon abhängig gemacht werden, dass für deutsche Unternehmer in dem jeweiligen Staat auch keine USt oder vergleichbare Steuer erhoben wird (sog. Gegenseitigkeitsverfahren, § 26 Abs. 3 UStG).
- Das BMF kann (mit Zustimmung des Bundesrats) näher bestimmen, wie der Nachweis der Steuerbefreiungen nach dem Offshore-Steuerabkommen, dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut und dem NATO-Hauptquartier-Ergänzungsabkommen zu führen ist (§ 26 Abs. 5 UStG).
- Das BMF kann (ohne Zustimmung des Bundesrats) das UStG sowie die dazu ergangenen Rechtsverordnungen in der jeweils geltenden Fassung mit neuem Datum und neuer Überschrift im Bundesgesetzblatt bekannt machen (§ 26 Abs. 6 UStG).
Rz. 6
Mit Inkrafttreten des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz ist der Anwendungsbereich des § 26 UStG erweitert worden. Neben der Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen wird auch eine – nicht als Wahlmöglichkeit ausgestaltete – Erstattungsregelung für entrichtete USt eingeführt. Um den geänderten Charakter der Rechtsnorm zu verdeutlichen, ist gleichzeitig die Überschrift des § 26 UStG erweitert worden und lautet nicht mehr nur "Durchführung", sondern "Durchführung, Erstattung in Sonderfällen". Geregelt ist eine Erstattung gezahlter Umsatzsteuerbeträge sowie nach § 13b UStG im Reverse-Charge-Verfahren geschuldeter Steuerbeträge an europäische Forschungsinfrastruktur Konsortien, die von der Kommission gegründet wurden. Damit ist die unionsrechtlich gebotene Steuerfreistellung dieser Konsortien umgesetzt worden.
1.1 Entwicklung der Vorschrift
1.1.1 Allgemeine Rechtsentwicklung
Rz. 7
Die Regelungen des § 26 Abs. 1 bis Abs. 3 UStG waren – inhaltlich kaum verändert – auch schon in der ersten Fassung des UStG enthalten, das die Allphasenumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug regelte (UStG 1967). Aber auch im UStG 1951 waren schon Vorläufer der heutigen Ermächtigungsvorschriften in § 18 UStG 1951 und später in § 28 UStG 1951 enthalten.
Rz. 8
Inhaltlich sind die Rechtsvorschriften des § 26 Abs. 1 bis Abs. 3 UStG seit 1967 fast unverändert geblieben. Eine formale Veränderung ergab sich 1993 bei den Ermächtigungen,...