Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 13
Von besonderer Bedeutung waren nach § 26 Abs. 4 UStG a. F. in den Zeiten der deutschen Teilung Sonderregelungen zur Begünstigung des innerdeutschen Waren- und Dienstleistungsverkehrs. Enthalten war eine Ermächtigung, durch Verwaltungsregelungen umsatzsteuerliche Billigkeitsmaßnahmen für den Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zu treffen. Durch das UStG 1967 wurde § 26 Abs. 4 UStG a. F. eingeführt und hatte folgenden Wortlaut:
Zitat
Der Bundesminister der Finanzen kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft unbeschadet des § 131 der Reichsabgabenordnung die Interessen des innerdeutschen Waren- und Dienstleistungsverkehrs zwischen den Währungsgebieten der DM-West und der DM-Ost durch vollen oder teilweisen Steuererlass berücksichtigen.
Rz. 14
Durch das UStG 1980 wurde § 26 Abs. 4 UStG a. F. neu gefasst und an die Vorgaben der 6. EG-Richtlinie angepasst. Die Ermächtigungsvorschrift lautete ab 1.1.1980:
Zitat
Die Bundesregierung kann durch allgemeine Verwaltungsvorschriften mit Zustimmung des Bundesrates unbeschadet der Vorschriften der §§ 163 und 227 der Abgabenordnung die Interessen des innerdeutschen Waren- und Dienstleistungsverkehrs zwischen den Währungsgebieten der Deutschen Mark und der Mark der Deutschen Demokratischen Republik durch vollen oder teilweisen Steuererlass berücksichtigen und dabei den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers ausschließen.
Rz. 15
Umgesetzt wurden die Ermächtigungsvorschriften durch allgemeine Verwaltungsvorschriften über die umsatzsteuerliche Behandlung des innerdeutschen Waren- und Dienstleistungsverkehrs zwischen den Währungsgebieten der Deutschen Mark und der Mark der Deutschen Demokratischen Republik, die detaillierte Vorschriften über die Begünstigungen des innerdeutschen Handels enthielten.
Rz. 16
Im Zuge der Wiedervereinigung entfiel die Notwendigkeit, eine Begünstigung für den innerdeutschen Handel zu treffen. Die zu der Regelung ergangene Verwaltungsvorschrift wurde zum 30.6.1990 aufgehoben. Allerdings wurde im Rahmen einer wirtschaftspolitischen Entscheidung in der Zeit v. 1.7.1990 bis 31.3.1991 ein Umsatzsteuerkürzungsanspruch geregelt, der als Übergangsregelung bis zur Einführung eines gemeinsamen Umsatzsteuerrechts den Absatz von Waren aus der (ehemaligen) Deutschen Demokratischen Republik und Berlin (Ost) begünstigen sollte. In der Zeit v. 1.7.1990 bis. 31.3.1991 hatte § 26 Abs. 4 UStG a. F. folgenden Wortlaut:
Zitat
Die Bundesregierung kann durch allgemeine Verwaltungsvorschrift mit Zustimmung des Bundesrates bis zum 31. März 1991 den Erwerb von Gegenständen mit Ursprung in der Deutschen Demokratischen Republik einschließlich Berlin (Ost) durch einen Umsatzsteuerkürzungsanspruch begünstigen. Der Kürzungsanspruch beträgt bis zum 31. Dezember 1990 11, bei den in der Anlage bezeichneten Gegenständen 5,5 v. H. des Entgelts. Bei Marktordnungswaren tritt an die Stelle des Kürzungssatzes von 11 der Satz von 5 und an die Stelle des Kürzungssatzes von 5,5 der Satz von 2,5 v. H. In der Zeit v. 1. Januar 1991 bis zum 31. März 1991 mindern sich die Kürzungssätze von 11 auf 6, von 5,5 auf 3, von 5 auf 2,7 und von 2,5 auf 1,4 v. H.
Rz. 17
Nachdem die Sonderregelung zum 31.3.1991 außer Kraft gesetzt und deshalb wegen Zeitablaufs bedeutungslos geworden war, wurde sie formal durch das Umsatzsteuer-Binnenmarktgesetz aufgehoben.
Rz. 18
Eine weitere teilungsbedingte Sonderregelung ergab sich – schon vor Inkrafttreten des UStG 1967 in § 28 Abs. 3 Nr. 2 UStG 1951 – nach § 26 Abs. 3 Nr. 2 UStG a. F. Die Regelung für die Festsetzung einer niedrigeren USt bei Beförderungen im Luftverkehr galt auch für Beförderungen im Luftverkehr mit Berlin (West), solange und soweit sich aus der Stellung Berlins (West) im Hinblick auf den Luftverkehr Besonderheiten ergaben. Begünstigt wurde dabei sowohl der Transport von Personen als auch von Gütern. Die ausdrückliche Aufnahme auch der Steuerbefreiung für die Güterbeförderungen war systematisch notwendig, da es bei der Güterbeförderung im Verkehr mit Berlin (West) nicht zu einer "grenzüberschreitenden Warenbewegung" kam und somit nicht die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 3 Buchst. a UStG angewandt werden konnte. Die Regelung wurde nach der Wiedervereinigung zum 1.1.1991 aufgehoben und § 26 Abs. 3 UStG in die derzeit gültige Fassung gebracht.