Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 34
§ 26 Abs. 3 UStG enthält eine Ermächtigungsvorschrift für das BMF, die USt einzelnen Unternehmern für grenzüberschreitende Beförderungen von Personen im Luftverkehr ganz oder teilweise zu erlassen oder die USt niedriger festzusetzen. Die Regelung ist für inländische wie ausländische Unternehmer daran gebunden, dass in Rechnungen keine USt gesondert ausgewiesen ist. Bei ausländischen Unternehmern ist weiterhin Voraussetzung, dass die sog. "Gegenseitigkeit" gegeben ist. Dies bedeutet, dass bei einem deutschen Unternehmer in dem Land, aus dem der ausländische Unternehmer stammt, eine USt oder vergleichbare Steuer ebenfalls nicht erhoben wird. Der Begriff der grenzüberschreitenden Personenbeförderung in § 26 Abs. 3 UStG ist – wie grundsätzlich bei Ausnahmeregelungen – eng auszulegen. Eine niedrigere Festsetzung oder der Erlass der Umsatzsteuer kommt deshalb für Helikopterflüge vom deutschen Festland auf Offshore-Windparks außerhalb der 12-Seemeilen-Zone nicht in Betracht.
Rz. 35
Bei einer grenzüberschreitenden Beförderung von Personen ist grundsätzlich der Teil der Beförderungsstrecke steuerbar, der im deutschen Luftraum ausgeführt wird (§ 3b Abs. 1 S. 1 und S. 2 UStG). Eine Steuerbefreiung kommt für diese auf das Inland entfallenden Streckenanteile nicht in Betracht. Damit müsste ohne die Sonderregelung nicht nur für grenzüberschreitende Flugleistungen, die in Deutschland beginnen oder enden, eine USt anteilig für die über Deutschland ausgeführte Beförderungsleistung berechnet werden, auch Überflüge mit Start und Ziel im Ausland würden zu einer anteiligen Entstehung von USt in Deutschland führen. § 26 Abs. 3 UStG dient damit vorrangig der Vereinfachung der Besteuerung, um komplizierte Aufteilungen der Bemessungsgrundlage einer grenzüberschreitenden Beförderung zu vermeiden; zur Kritik an der Regelung vgl. Rz. 63.
Beispiel: Grenzüberschreitende Beförderung von Personen im Luftverkehr
Die dänische Fluggesellschaft DK-Air führt einen Flug (Personenbeförderung) von Kopenhagen (DK) nach Zürich (CH) durch. Der Flug wird überwiegend im deutschen Luftraum ausgeführt.
Obwohl Start und Landung nicht im Inland ausgeführt werden, ist der Anteil der Beförderungsleistung, der im deutschen Luftraum (= Inland nach § 1 Abs. 2 UStG) ausgeführt wird, in Deutschland steuerbar (§ 3b Abs. 1 S. 1 und S. 2 UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Eine Steuerbefreiung nach § 4 UStG ergibt sich für Personenbeförderungen grundsätzlich nicht – insbesondere nicht nach § 4 Nr. 2 UStG i. V. m. § 8 UStG. Ohne eine Regelung zum Erlass der USt müsste sich die DK-Air in Deutschland umsatzsteuerrechtlich erfassen lassen und würde USt für den Überflug schulden.
Rz. 36
§ 26 Abs. 3 UStG begünstigt nur die grenzüberschreitende Beförderung von Personen, keine Begünstigung ergibt sich für die Beförderung von Sachen und Tieren – eine Ausnahme besteht nur dann, wenn es sich um Nebenleistungen zu einer Hauptleistung handelt (Rz. 47). Bis zum 31.12.1992 erstreckte sich die Ermächtigungsvorschrift allgemein auf die grenzüberschreitende Beförderung im Luftverkehr, wurde dann zum 1.1.1993 auf die Personenbeförderung beschränkt. Für Güterbeförderungen besteht – anders als bei den Personenbeförderungen – nach der allgemeinen Begründung für § 26 Abs. 3 UStG keine Notwendigkeit für eine Sonderregelung, da es hier nicht zu Aufteilungsproblemen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage kommen kann. Grundsätzlich ergeben sich bei Güterbeförderungen im Luftverkehr die folgenden Möglichkeiten:
- Die Beförderung der Gegenstände im Luftverkehr erfolgt ausschließlich über deutsches Hoheitsgebiet (z. B. Transport Hamburg – München): Wird die Leistung gegenüber einem Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt, ist die Leistung insgesamt dort ausgeführt, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 2 UStG). Wird die Beförderung gegenüber einem Nichtunternehmer ausgeführt, ist die Beförderung insgesamt in Deutschland ausgeführt (§ 3b Abs. 1 S. 1 UStG). Ein Problem der Aufteilung der Bemessungsgrundlage auf einen steuerbaren und nicht steuerbaren Teil kann sich nicht ergeben.
- Die Beförderung der Gegenstände im Luftverkehr erfolgt teilweise über deutsches Hoheitsgebiet und teilweise über das Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union (z. B. Transport Berlin – Amsterdam): Wird die Leistung gegenüber einem Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt, ist die Leistung insgesamt dort ausgeführt, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 2 UStG). Wird die Beförderung gegenüber einem Nichtunternehmer ausgeführt, ist die Beförderung insgesamt dort ausgeführt, wo die Beförderung beginnt (§ 3b Abs. 3 UStG). Ein Problem der Aufteilung der Bemessungsgrundlage auf einen steuerbaren und nicht steuerbaren Teil kann sich nicht ergeben.
- Die Beförderung der Gegenstände im Luftverkehr erfolgt teilweise über deutsches Hoheitsgebiet (oder andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und teilweise über das Hoheitsgebiet des Drittlandsgebiets ...