3.1 Entstehungsgeschichte und Zweck der Regelung
Rz. 30
Der Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 26a Abs. 1 UStG war ursprünglich bis zum 30.6.2021 (Rz. 16) mit abweichendem Wortlaut in § 26b UStG a. F. zu finden. Diese Regelung wurde zusammen mit dem Straftatbestand des § 26c UStG durch das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz (StVBG) v. 19.12.2001 in das UStG mit Wirkung zum 1.1.2002 eingefügt. Hervorzuheben ist dazu, dass § 26b UStG a. F. eine Ausnahmeerscheinung im deutschen Steuerstraf- und Ordnungswidrigkeitenrecht darstellte, weil hier die Nichtentrichtung einer eigenen Steuerschuld sanktioniert wurde, diese besondere Sanktion bei der Umsatzsteuer bleibt nun in § 26a Abs. 1 UStG fortbestehen. Zur weiteren Entstehungsgeschichte des § 26a UStG wird auf die Ausführungen in Rz. 1ff. verwiesen.
Rz. 31
§ 26a Abs. 1 UStG beinhaltet ein Unterlassungsdelikt als Ordnungswidrigkeit. Durch die Schaffung der Vorschrift als früherer § 26b UStG sollte eine Regelungslücke für den Fall (eines tatsächlich eingetretenen Umsatzsteuerausfalls) geschlossen werden, dass eine Bestrafung nach § 370 AO deshalb ausscheidet, weil die Tatbestandsmerkmale der "normalen" Steuerhinterziehung nicht vorliegen. Gerade bei den sog. Umsatzsteuerkarussellen wurden von einzelnen Tätern den Formerfordernissen entsprechende richtige Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgegeben, ohne jedoch die daraus geschuldeten Steuerschulden zu bezahlen, was hier von vornherein beabsichtigt war. Jedenfalls stellte und stellt diese bloße "Nichtabführung der Umsatzsteuer" – selbst bei vorsätzlichem Handeln – auch keinen Betrug i. S. d. Unionsrechts dar.
Rz. 32
In einigen derartigen Fällen wurde von den (kriminellen) Unternehmern dann darauf geachtet, dass sämtliche umsatzsteuerlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug aus den von ihnen gestellten Rechnungen vorlagen. Die geschuldete USt wurde ordnungsgemäß gegenüber der Finanzbehörde in einer Voranmeldung erklärt, bezahlt wurde die Steuerschuld allerdings – wie von vornherein geplant – nicht. Die ursprüngliche Regelung des § 26b UStG sollte diese "Lücke" schließen. Hinzuweisen ist aber darauf, dass die umsatzsteuerlichen Auswirkungen von einer solchen Sanktionsnorm nicht berührt werden. Ob die korrekte Voranmeldung bei der Finanzbehörde ohne Bezahlung der Steuerschuld abgegeben wird oder gar keine Steueranmeldung oder -erklärung eingeht, bleibt auf das Steueraufkommen ohne Einfluss. In beiden Fällen führt die Nichtzahlung i. d. R. zu einem endgültigen Steuerausfall, weil der Leistungsempfänger (zumeist) den Vorsteueranspruch aus den Rechnungen geltend machen kann.
Rz. 33
Die praktische Bedeutung der Vorgängerregelung des § 26a Abs. 1 UStG in § 26b UStG war nie besonders groß. Bereits nach der Strafsachenstatistik des BMF aus dem Jahr 2003 gab es in Deutschland nur 167 rechtskräftig gewordene Bußgeldbescheide nach § 26b UStG wegen der Schädigung des Umsatzsteueraufkommens. Im Jahr 2012 sind dann immerhin 596 Fälle von Ordnungswidrigkeiten abgeschlossen worden. Auch die aktuelleren Zahlen aus dem Jahr 2018 weisen keine signifikanten Steigerungen aus, hier ist von 1.075 Verfahren nach § 26b UStG die Rede. Deshalb ist wohl festzuhalten, dass die Vorschrift für den Bereich des Umsatzsteuerbetrugs eher einen "Auffangtatbestand" für solche Fälle beinhaltet, in denen die Beteiligung an einer Steuerhinterziehung in einem Umsatzsteuerkarussell für einzelne Beteiligte nicht nachweisbar ist; hier bleibt dann eventuell der Vorwurf nach § 26b UStG "hängen". Leider ist den vorgenannten Fällen auch nicht anzusehen, was für Sachverhalte ihnen zugrunde liegen. M.E. ist es aber eher zweifelhaft, ob sie überwiegend auf nicht nachweisbaren Betrugssachverhalte beruhen, wahrscheinlich finden sich darunter auch Fälle zahlungsunwilliger und/oder unzuverlässiger Unternehmer.
Rz. 34 einstweilen frei